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Sozialer Aufstieg dank Grammatik

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Die „Sprachlehre“, genauer das „Wissen darum, richtig zu sprechen“, war das grammatische Pendant zum Literaturunterricht. Wesentliches Anliegen war die Analyse von Sätzen, das Zerlegen in deren Bestandteile sowie die Bestimmung und Benennung der einzelnen Teile, daneben das richtige Deklinieren und Konjugieren, das Aufspüren von Sprachfehlern und Anomalien, die Kenntnis der Stilfiguren und der Metrik. Dieser „sezierende“ Unterricht lief meist schematisch-eintönig ab. Die grammatisch-stilistischen Betrachtungen konzentrierten sich auf die Oberfläche der Texte. Ergänzt wurde diese Sprachlehre durch Stilübungen, bei denen das über „richtiges“ Latein (bzw. Griechisch) erworbene Wissen in selbst verfassten Texten angewendet wurde.

Auf das „praktische“ Leben bereitete der Unterricht beim grammaticus nicht vor. Auch deshalb ist der Vergleich mit dem heutigen Gymnasium verfehlt, das zwar auch keine berufs-, sondern eine allgemeinbildende Schule ist, das aber doch mit vielen seiner Unterrichtsfächer beruflich verwertbares Wissen vermittelt. Das tat der grammaticus nicht und das verlangte auch keiner von ihm. Die von ihm vertretene Welt der litterae war Teil einer standesgemäßen Erziehung für Angehörige der Oberschicht, das Eintrittsbillett in die gehobene Welt der litterati, nicht der Schlüssel zur beruflichen Karriere und zum Geldverdienen (obwohl der Besuch der Grammatik-Schule für manche der Elite vorbehaltenen Positionen und Posten hilfreich und notwendig war).

Natürlich richtete sich auch der Ehrgeiz mancher Aufsteiger, zumal wenn sie zu Vermögen gekommen waren, darauf, dass ihre Söhne diese im wahrsten Sinne höhere Bildung erhielten. So wären sie, hofften diese Väter, eben nicht nur durch Geld, sondern auch durch Bildung gesellschaftlich „in“. Wenn diese Ambitionen indes am mangelnden Grips des Sprösslings zu scheitern drohten, wurde eben eine handfestere Berufskarriere für ihn geplant. Für den Feuerwehrausrüster Echion, einen Freigelassenen im Roman des Petron, kein Problem: „Wenn der Junge aber (von der Schule) abspringt, dann habe ich bestimmt, ihm ein Handwerk beibringen zu lassen, Friseur oder Auktionator oder wenigstens Rechtsanwalt; das kann ihm nur noch der Orkus wegnehmen.“32

Lernen und Leiden

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