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„Drei Kelche“ der Bildung – Die römische Schule im Überblick

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Kann man ein Weltreich ohne ein Mindestmaß an öffentlichem Schulangebot begründen und zusammenhalten? Für den Griechen Polybios (ca. 200–120 v. Chr.) war das kaum denkbar. Er war einer jener Intellektuellen, die den Aufstieg Roms zur unangefochtenen Weltmacht als Zeitzeugen erlebten und nach den Gründen für diesen sensationellen Erfolg suchten. Bei seiner Spurensuche wurde er durchaus fündig; das sechste Buch seiner „Weltgeschichte“ leistet eine kluge analytische Darstellung der römischen Verfassung, deren Ausgewogenheit er als wesentliches Erfolgsgeheimnis für den Aufstieg Roms erkannt hatte. Er betrachtete das römische „Modell“ mit großem Wohlwollen. In einem Punkte aber glaubte er auf ein erhebliches Defizit gestoßen zu sein: Bei der Erziehung der Jugend habe sich der römische Gesetzgeber eine erstaunliche neglegentia, „Nachlässigkeit“, zuschulden kommen lassen. Er habe nämlich keine einheitliche, gesetzlich festgelegte oder öffentlich dargelegte Regelung erlassen.3

Die Feststellung des griechischen Beobachters, der viele Jahre seines Lebens in Rom zugebracht und in höchsten Kreisen verkehrt hatte, traf zu: Bildung und Erziehung waren in Rom Privatsache. Das galt auch dann noch, als gewissermaßen freie Unternehmer auf dem Bildungsmarkt Schulen eröffnet hatten. Der Staat mischte sich in deren Curricula nicht ein, er gab keine Lehrziele oder Lehrpläne vor, er prüfte die Qualifikation der Lehrer nicht – und er besoldete sie konsequenterweise auch nicht. Bei dem bisschen „Schulförderung“, das im Rahmen kaiserlicher liberalitas („Freigebigkeit“) stattfand, ging es nie um „Schulpolitik“, sondern allenfalls um einen kulturellen ornatus für die geistig schon blühenden Zentren des Reiches – Finanzspritzen in die Spitze, aber nicht in die Breite. Das waren, wenn man ihnen damit nicht fast schon zu viel Gewicht gibt, kultur-, nicht schulpolitische Akzente.4

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