Читать книгу Zu nah am Abgrund - Karlheinz Seifried - Страница 10

Kapitel 6 Heute

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Ich war so in meine Erzählung vertieft, dass ich nicht bemerkte, wie die Sonne sich langsam dem Horizont näherte und unterging. Eva drehte sich zu mir:

„Weißt du was, mein Lieber? Wir packen jetzt alles zusammen, gehen hoch ins Haus, duschen uns den Sand und das Salz ab, setzen uns auf die Terrasse und du erzählst weiter, was meinst du dazu?“ Ich rappelte mich von der Decke hoch und antwortete:

„Ja, das ist eine gute Idee, mein Liebes. Nur das mit dem Duschen sollten wir noch etwas vertiefen. Wollen wir zusammen duschen?“, fragte ich sie schelmisch grinsend.

„Na, na. Nun mal nicht so stürmisch, Seemann. Wir sollten das doch lieber getrennt tun, wer weiß, was dabei sonst noch rauskommt“, sagte sie lachend und packte schon die Decke und die anderen Utensilien ein. Ich half ihr dabei und wir gingen die Dünen hinauf und dann über den Sandweg weiter zu unserem Haus.

Es lag auf einer kleinen Anhöhe über dem Strand und man konnte von der Terrasse aus direkt auf das Meer sehen, das Meeresrauschen hören und die Sonne untergehen sehen. Zur Terrasse hin lagen Wohnzimmer und das Schlafzimmer. Im hinteren Bereich des Hauses lagen Badezimmer, die Küche und das Büro. Über der Terrasse war eine Pergola angebracht, über die sich wilder Wein rankte und Schatten spendete. Links vom Haus, etwas zurückgesetzt, in zirka fünfzig Meter Entfernung, stand das Gästehaus. Rechts vom Haus befanden sich die Doppelgarage und der Geräteschuppen. Hinter dem Haus, am Berghang gelegen, stand unser Pferdestall mit seinen vier Boxen für unsere Pferde, auf beiden Seiten des Stalls schlossen sich gleich die weitläufigen Weiden an. Zwischen dem Gästehaus und der Stallung führte die Zufahrt über den Hang hinunter zur Straße.

Im Gästehaus war Platz für acht Personen, es gab vier Schlafräume mit Doppelbetten und Badezimmer. Nach vorne gelegen gab es noch ein Wohnzimmer mit Kochnische.

Es war ein abgelegenes Stück Erde, das nächste Dorf war fünfzehn Minuten entfernt, hierher verliefen sich ganz selten Menschen und noch weniger Touristen. Das war einer der Gründe, warum wir uns hier so sehr wohl fühlten.

Von dem hinteren Bereich des Hauses aus konnte man auf den Hügel sehen, der sich sanft ins Landesinnere erstreckte. Hier bei den Stallungen für die Pferde wachte unser Hund Blacky, ein wunderschöner deutscher Schäferhund, mit schwarz-braunem Fell. Er hielt sich gern hier oben auf und genoss den kühlen Seewind, der durch den zu drei Seiten offenen Stall wehte und für eine angenehme Temperatur sorgte. Am Abend kam er dann heraus und streunte, nachdem er was zu fressen bekommen hatte, auf dem Grundstück herum.

„Schatz, ich schau rasch noch mal in den Stall nach den Tieren, während du unter die Dusche gehst. Willst ja sowieso alleine duschen“, sagte ich und sah sie lächelnd an. Sie nickte und lächelte mich dabei an. Ich ging, als wir am Haus ankamen, weiter zu den Stallungen. Wir hatten einen Brunnen bohren lassen, um immer Wasser für die Tiere zu haben. Wasser war hier auf der Insel ein kostbares Gut.

Auf dem Weg zum Stall kam mir Blacky schon entgegen gelaufen und begleitete mich. Im Stall angekommen, ging ich von Box zu Box, redete mit den Pferden und streichelte sie über die Mähnen.

Da waren die Hengste, Milord von Eva und Mephisto von mir. Beide waren Friesen, lackschwarz mit einem Stockmaß von einen Meter fünfundsechzig, beide hatten eine üppige Fesselbeharrung und strahlten viel Kraft, Eleganz und Selbstbewusstsein aus. Diese beiden wussten genau, wie gut sie aussahen und drückten das auch stolz in ihrer Körperhaltung aus.

Dann gab es noch Tessa, die Stute von Eva und Casanova, meinem zweiten Hengst. Beides waren Sardinier, sardische Pferde mit einem Stockmaß von einen Meter fünfundfünfzig. Diese Rasse ist robust und ausdauernd, sie besitzt ein hervorragendes Springvermögen und ist sehr mutig. Sie stammt von den in Sardinien ansässigen Wildpferden ab. Diese Pferde werden auch, nicht von ungefähr, von der sardischen Polizei geritten, es sind die idealen Pferde für das bergige Land. Unser Nachbar Alberto kümmerte sich um unsere Tiere, wenn wir nicht da waren und seine Kinder ritten sie, wenn wir nicht genug Zeit dazu hatten.

Ich streichelte Blacky noch über den Kopf und ging dann zum Haus zurück. Wir ritten immer am Morgen, wenn es noch frisch war, aus, dann lief Blacky immer nebenher und war ganz aus dem Häuschen vor Freude. Wir führten ein schönes Leben und ich war sehr froh, es noch nach all dem, was ich mitgemacht hatte, erleben und genießen zu können.

Auf dem Weg zum Haus hörte ich schon die Dusche laufen und wie Eva ein Lied vor sich hin summte. Da fiel mir auf einmal auf, mit welcher Unbekümmertheit wir hier lebten, keine Absicherung oder Überwachung auf dem Grundstück, außer Blacky, der natürlich als Wachhund abgerichtet war. Aber reichte das aus? Ich setzte mich auf die Terrasse in einen Korbsessel und begann zu grübeln:

‚Was ist, wenn man mich doch noch sucht? Wenn mich die Vergangenheit einholt? Aber warum sollte man das machen, hatte ich noch von Dingen Kenntnis, die für andere eine Gefahr bedeuteten?‘

Ein unbestimmtes Gefühl in meinem Inneren beunruhigte mich, anderseits wollte ich Eva aber auch keine Angst machen, mit irgendwelchen Aktivitäten die vom Normalen abweichen.

‚Was ich aber machen könnte, wäre, mehrere Überwachungs-kameras auf dem Gelände anbringen zu lassen. Aber das würde auch nur etwas für die Auswertung danach bringen.

Was könnte ich für die sofortige Absicherung und Abschreckung machen? Noch einen oder zwei Hunde dazu kaufen?‘

Ich war so in meine Gedanken vertieft, dass ich nicht bemerkte, wie Eva auf die Terrasse kam. Erst als sie mir die Arme von hinten um den Hals legte, schreckte ich hoch.

„Sehe ich so fürchterlich aus, dass du dich erschrecken musst?“, frage sie mich lachend. Ich drehte mich zu ihr um, zog sie zu mir und gab ihr einen Kuss.

„Nein! Ganz bestimmt nicht, ich war nur in Gedanken versunken. Jetzt gehe ich mich aber auch duschen.“ Ich stand schnell auf, bevor sie Gelegenheit hatte, sich nach meinen Gedanken zu erkundigen und ging ins Haus. Nachdem ich geduscht hatte, setzte ich mich auf die Terrasse zu Eva und wir sahen aufs Meer hinaus. Eva seufzte:

„Ach mein Lieber, was ist es doch schön hier.“ Ich sah sie an, beugte mich zu ihr hinüber und gab ihr einen zarten Kuss.

„Ja, wie im Paradies“, gab ich ihr Recht.

„Dazu fehlt mir ab jetzt noch etwas zum Trinken“, lachte sie mich an. Ich stand auf, ging in die Küche holte uns zwei Wassergläser, zwei Weingläser und die dazu gehörigen Flaschen. Brachte beides auf die Terrasse und goss uns ein. Nachdem unsere Gläser gefüllt waren, lehnte ich mich in den Doppelsessel, in dem wir gemeinsam saßen, zurück und nahm sie in den Arm. Sie kuschelte sich, wie schutzsuchend, in meinen Arm, bewegte ihren Körper hin und her, wie eine Katze die es sich auf einem Lager bequem machen will und sagte:

„So, jetzt kannst du weiter erzählen, mein Schatz.“

Zu nah am Abgrund

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