Читать книгу Zu nah am Abgrund - Karlheinz Seifried - Страница 11

Kapitel 7 1966

Оглавление

Nach unserem Treffen in Hamburg hat Wolfgang Verbindungen zu weiteren Gangs aufgenommen und so entstand nach und nach ein Ring, der über ganz Europa und später weltweit operierte. Mein Part war es, Ware, aber auch Informationen zu transportieren.

Als die zweite Australienfahrt für mich begann, war alles organisiert und ich hatte meinen ersten Auftrag, Ware und Informationen für Rotterdam, Marseille, Genua und Catania auf Sizilien. Dann auf der Rücktour die gleichen Orte in umgekehrter Reihenfolge. Zur Kontaktaufnahme dienten uns „tote Briefkästen”. Auf diese Briefkästen musste man schnell zugreifen können, ohne dass es irgendjemand bemerkte oder neugierig wurde. Es befanden sich immer ein Zettel und eine Banknote darin. Sollte irgendwann einmal der Geldschein weg sein, konnte man davon ausgehen, dass der Briefkasten entdeckt worden war. Dazu wurde zur Sicherheit in jeder Stadt ein zweiter Briefkasten eingerichtet.

Die Nachrichten mit den notwendigen Informationen zur Kontaktaufnahme wurden immer erst kurz vor der Abholung hinterlegt. Diese Information bestand aus einer Zeit- und Ortsangabe, an der man auf einen Telefonanruf warten musste. Das waren entweder Telefonzellen, die man anrufen konnte oder Lokale. Die Gespräche wurden immer mit einem Code und Gegencode eröffnet, erst danach bekam der Kurier, in dem Falle ich, mitgeteilt, wann und wo man sich zur Übergabe der Nachrichten oder Waren treffen wollte.

Diese Variante war den Geheimdiensten abgeschaut und wir fuhren die ganzen Jahre gut damit. Wolfgang machte mich überall bekannt als „Der Organisator“, er meinte, das passte gut zu mir. Für diesen Job hatte ich mir noch einen Mann aus der Hamburger Gang mit an Bord geholt, Horst.

Horst heuerte auch auf meinem Schiff an, er sollte mich unterstützen und mir Rückendeckung geben. Immerhin war das ja alles neu für uns und wir wussten nicht, was auf uns zukam.

In den ersten Häfen, Rotterdam, Marseille und Genua ging alles gut, die Übergaben und Übernahmen klappten. Alles lief reibungslos ab, bis wir in Catania auf Sizilien waren. Hier machten wir auch wieder alles wie immer, wir gingen zusammen in die Nähe des Briefkastens. Dann ging ich alleine weiter und Horst sicherte die Gegend von Weitem ab. Ich fand den Zettel und las die darauf befindliche Nachricht

‚Treffpunkt um zwanzig Uhr im „Al Limone”.‘

Hier auf Sizilien, wo die Mafia das Sagen hatte, brauchten wir die Polizei nicht zu fürchten und konnten uns ohne den Umweg über ein Telefonat gleich persönlich treffen.

Wir gingen in das Viertel, in dem das „Al Limone” lag, suchten die Kneipe und setzten uns an einen Tisch im Freien. Hier wurden wir auch gleich von zwei jungen süßen Mädels angesprochen, ich schätze, die beiden waren gerade mal sechzehn Jahre alt, wir lehnen ihr Angebot, zusammen auf ein Zimmer zu gehen, ab und sie gingen weiter ein Stück die Straße hinunter, wo sie dann an der Hauswand stehen blieben um auf Freier zu warten.

Beim zweiten Bier setzten sich plötzlich zwei Männer zu uns an den Tisch. Uns war überhaupt nicht wohl in der Haut, hier auf Sizilien konnte man verschwinden, ohne jemals wieder aufzutauchen. Sie sprachen uns auf Englisch an und sagten:

“Hi, you come from Hamburg from Wolfgang? What is your name?”

“Yes. I come from Hamburg. My name is the Cat. And you come from Germany?”

Unser Kontaktmann auf Sizilien war Giovanni. Aber von den beiden war es keiner.

Unsere Nerven waren zum Zerreißen angespannt, die beiden Männer machten einen sehr brutalen Eindruck und sahen so aus, als wenn sie uns, die beiden Jungs aus Hamburg, mit links verspeisen könnten.

„Yes! When you come back from Australia, you call this number, bye and good luck“, er gab mir einen Zettel, auf dem eine Telefonnummer stand.

Sie standen auf und gingen davon. Beim Aufstehen klafften ihre Jacken etwas auseinander und wir konnten ihre Pistolen in den Schulterhalftern sehen. ‚Willkommen im harten Alltag des Verbrechens‘, dachte ich mir und blieb noch etwas sitzen, um die weichen Knie wieder unter Kontrolle zu bekommen. Horst sagte:

„Mein Gott, denen möchte ich auch nicht nachts im Dunkeln begegnen. Bist du cool geblieben!“

Wenn er gewusst hätte, wie mir zumute war und wie schnell sein Spruch Wirklichkeit werden sollte, hätte er wohl seinen Mund gehalten. Warum wir uns überhaupt getroffen haben, weiß ich bis heute noch nicht. Diese Information hätte man uns ebenso gut in den Briefkasten legen können. Vielleicht wollten sie ja auch nur zuerst ihre Verbindungsleute kennen lernen um zu sehen, mit wem sie es zu tun hatten. Wir überlegten, ob wir nicht doch mit den beiden Mädels losziehen sollten, kamen aber zu der Überzeugung, lieber noch ein Bier an Bord zu trinken. Der Weg zurück zum Schiff führte uns natürlich durch den Hafen, der zu dieser Zeit leer und dunkel war. Wir trotteten so vor uns hin, redeten nichts und waren mit unseren Gedanken beschäftigt. Gewohnheitsgemäß sicherten wir dabei unsere Umgebung ab und das war unser Glück.

Gerade wollten wir um die Ecke eines Schuppens biegen, als wir Geräusche hörten. Abrupt blieben wir stehen und lauschten.

Vorsichtig sahen wir um die Ecke und bemerkten im Lichtkegel des Eingangs zum angrenzenden Lagerschuppen drei Männer, die etwas in ihrer Mitte festhielten. Wir erkannten unsere beiden „Kumpel” von eben aus dem „Al Limone”, die einen Mann in ihrer Mitte festhielten, ein dritter Mann stach mit einem Messer auf ihn ein. Sie machten sich dabei keine Sorgen, erkannt oder erwischt zu werden. Der Dritte stach noch mehrere Male auf das Opfer ein und sagte dabei mit ruhiger Stimme etwas auf Italienisch, was wir nicht verstanden. Daraufhin ließen die beiden das Opfer einfach auf die Straße fallen und folgten dem dritten Mann in den Lagerschuppen und schlossen das Tor.

Wir waren geschockt, wie sie brutal und gezielt ihr Opfer regelrecht abstachen. Langsam zogen wir uns von der Ecke zurück und liefen um den Schuppen herum in die andere Richtung. Dieser Weg war zwar länger, aber auch sicherer. An diesem Abend hatten wir mit einem Bier nicht genug, wir betranken uns, um überhaupt schlafen zu können. Dieses Erlebnis verfolgte mich noch Jahre später. Aus unseren jugendlichen Spielereien war auf einmal blutiger Ernst geworden!

Während der weiteren Reise versuchten wir, das Erlebte zu verdrängen. Das klappte auch ganz gut, bis wir Catania wieder anliefen, dort holten uns die Erinnerungen ein. Egal was auch passiert war, wir mussten unseren Auftrag erfüllen. Am Abend gingen wir an Land, suchten uns eine Telefonzelle und wählten die uns mitgeteilte Telefonnummer.

„Pronto?“, meldete sich eine männliche Stimme.

„Hi, here is the organisator”, sprach ich ins Telefon. Die Antwort kam in Deutsch mit italienischem Einschlag:

„Gut, dass ihr euch endlich meldet. Wir treffen uns wieder in der gleichen Kneipe, im „Al Limone”. Ciao!“, gab er mir die Instruktion.

Die Stimme gehörte zu keinem der beiden Männer, die wir vor Wochen im „Al Limone“ getroffen hatten. Sie waren damals also zu dritt gewesen und der dritte Mann hat uns von Weitem beobachtet. Wahrscheinlich war er auch derjenige, der den Mann so kaltblütig abgestochen hatte. Wir hatten beide fürchterliche Angst, aber was soll’s, wir mussten uns dieser Aufgabe stellen, den starken Mann spielen, uns keine Schwäche anmerken lassen und immer cool bleiben.

Langsam gingen wir in Richtung des Rotlichtviertels. Ich hatte den Eindruck, dass wir immer langsamer wurden, je näher wir dem Ziel kamen. Wie beim letzten Mal setzten wir uns ins Freie an einen Tisch nahe am Eingang. Die Zeit verging und nichts passierte. Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Die wollen uns testen, die wollen uns mürbe machen.

Jetzt war ich froh, dass ich meine Nervosität nicht gezeigt habe. Ich überprüfte mich und meine Körperhaltung schnell und war mit dem Ergebnis zufrieden. Nach außen machte es den Eindruck, als wenn ich gleich einschlafen würde, nur meine Augen gingen in die Runde und beobachteten alles, was sich bewegte. Horst bewegte mir zu viel den Kopf hin und her und ich sagte leise zu ihm:

„Horst, bleib ruhig! Die beobachten uns. Ich gehe jetzt mal auf die Toilette, behalte du unauffällig die Gegend im Auge.“

„O.K. Beeile dich. Es macht mir keinen Spaß, hier alleine rumzusitzen“, sagte er.

Ich stand auf und ging durch den Schankraum auf die Toilette. Auf dem Weg dorthin schaute ich mir alle Gäste genau an und bemerke, dass mich ihre Blicke verfolgten.

‚Mein Gott du spinnst‘, dachte ich, ‚ so wichtig sind wir doch gar nicht.‘ Aber ich kam zu dem Resultat, dass es vier Personen waren, die allein im Schankraum verteilt saßen und uns im Auge behielten. Auf meinem Rückweg bemerkte ich schon von weiten, dass sich draußen was getan hatte.

Zu dritt saßen sie um Horst herum und redeten auf ihn ein, ich setzte mich zu ihnen.

„Gott sei Dank, dass du kommst, die reden und reden und ich verstehe kein Wort“, sagte er zu mir.

Ich schaute den mir noch unbekannten dritten Mann an und sagte zu Horst:

„Du kannst doch deutsch reden, er versteht bestimmt unsere Sprache.“ Der Mann verzog sein Gesicht zu einem Lachen:

„Entschuldigung, aber die beiden sprechen wirklich nur italienisch und etwas englisch.“

„Gut, wie geht es jetzt weiter mit uns? Habt ihr was zu transportieren oder war alles nur ein riesiger Spaß?“, fragte ich ihn mit Ungeduld in der Stimme. Er gab den beiden ein Zeichen, sie standen auf, gingen über die Straße und stellten sich gegenüber in zwei Hauseingänge, um die Gegend im Auge zu behalten. Das machten sie aber bestimmt nicht wegen der Polizei, aber vielleicht gab es ja konkurrierende Gruppierungen.

„O.K., natürlich haben wir etwas zu transportieren und zwar für Rotterdam und Bremen. Wir mussten euch doch erst einmal abchecken, ist doch für uns alle neu und wir kennen uns ja noch nicht“, sagte er unvermittelt zu uns.

„Wann und wo bekommen wir die Sachen?“, fragte ich zurück, ohne näher auf seine Erklärung einzugehen.

„Ihr bekommt sie morgen Abend hier ausgehändigt. Ihr lauft ja erst übermorgen früh aus, da reicht es noch. Es sind zwei Päckchen, wasserdicht verpackt.“

„Gut, dann sehen wir uns also morgen Abend wieder, oder wer übergibt uns die Päckchen?“

„Das machen die beiden dort drüben, die kennt ihr ja schon“, antwortete er mir auf meine Frage.

„Schön!“, sagte ich und stand auf, „ die Getränke übernimmst du doch bestimmt. Danke und ciao.“

Ich gab Horst ein Zeichen, dass er in die Hufe kommen sollte und ging. Ich sah, wie die beiden zu ihm zurückgingen und ich musste mich zusammenreißen, um nicht anzufangen zu laufen. Das fiel mir nicht leicht.

„Man Organisator. Jetzt hätte ich mir aber gleich in die Hosen gemacht“, sagte Horst zu mir. Ich nickte nur und konnte ihm nur zustimmen. Es ist nichts für kleine Jungs, sich mit solchen Typen einzulassen, nur es gab jetzt kein Zurück mehr. Aber warte, bis wir wieder in Hamburg sind, Wolfgang! Dann bekommst du was zu hören. Am nächsten Tag holten wir, ohne uns lange aufzuhalten, die beiden Päckchen ab. Damit die schwarze Gang, eine Spezialeinheit vom Zoll, sie nicht finden konnte, mussten wir sie jetzt an Bord gut verstecken. Denn egal was in den Päckchen war, es würde mit großer Sicherheit illegal sein.

Wir lieferten die Päckchen in Rotterdam und in Bremen ab, in beiden Fällen lief alles über die Briefkästen und ein Telefonat. Dann gab es ein Treffen in einer Kneipe und wir übergaben die Päckchen. In Hamburg angekommen, nahm ich mir Wolfgang zur Brust. Ich wurde etwas laut und blaffte ihn an:

„Du Idiot, konntest du mir nicht vorher sagen, dass wir es mit der Mafia zu tun haben werden? Lässt uns ins offene Messer laufen, du Arsch.“ Ich war so wütend, dass ich am liebsten zugeschlagen hätte.

„Was regst du dich denn so auf, Organisator, Giovanni hat angerufen und gesagt, dass die mit euch voll zufrieden waren. Du sollst ziemlich cool gewesen sein.” Ich funkelte ihn an, drehte mich um und ging. Im Weggehen sagte ich noch:

„Du bist und bleibst ein Idiot, Wolfgang.“

Nach dieser Reise hatte ich mir erst einmal Urlaub verdient, Horst und fuhren zu seiner Oma nach München und stürzten uns erst einmal ins Gesellschaftsleben, machten die Discos unsicher und lebten so richtig.

Durch unsere Kontakte hatten wir auch Zugang zur Promidisco, die in München ganz neu eröffnet hatte. Nebenbei haben wir mal hier, mal da etwas erledigt, haben Kurierfahrten gemacht und Events organisiert. Unser Urlaub stand kurz vor dem Ende, wir hatten schon eine neue Heuer auf einem Schiff nach Südamerika, als mich eine Nachricht von Wolfgang erreichte. Er bat uns nach Bremen zu fahren, um ein Großereignis zu planen und zu organisieren. Das ließen wir uns nicht zweimal sagen und fuhren hoch nach Bremen, um uns mit den Typen zu treffen, die er uns genannt hatte. Wir waren doch etwas überrascht, als man uns mitteilte, dass es sich um nichts Geringeres als einen geplanten Rockeraufstand in Bremen handelte, den ich organisieren sollte. Ich sagte mir:

‚Je größer das Projekt desto interessanter ist es, also los.‘

Es ging darum, alle Rockerbanden der Umgebung unter einen Hut zu bekommen und zum richtigen Zeitpunkt an den richtigen Ort auffahren zu lassen. Die Aufgabe sollte sein, Angst und Schrecken zu verbreiten. Sie wollten zeigen:

Hier sind wir, das können wir und Tschüss - weg sind wir wieder. Damit wollten sie demonstrieren, dass die Polizei ihnen gegenüber machtlos ist.

Alles sollte ganz schnell anlaufen, denn es war wichtig, dass niemand von der Polizei gefasst wurde. Also am besten hinterher von der Bildfläche verschwinden und untertauchen.

Da wir nicht ganz so viel Zeit hatten, um alles in die Wege zu leiten, legten wir gleich los. Hauptsitz wurde ein alter Bauernhof, der auch das Quartier einer der Gangs, besser gesagt der Gang des Big Bosses war. Big Boss war der Chef aller Gangs in Bremen und Umgebung.

In der alten Scheune baute ich mir eine große Holzwand auf, um Karten, Bilder und Pläne aufzuhängen und um die Wege der einzelnen Gruppen aufzuzeichnen, Kreutz-, und Treffpunkte festzulegen, Polizeistationen zu markieren.

Ich besorgte mir Landkarten, Stadtpläne, Generalstabskarten, habe mir Fotos von wichtigen Knotenpunkten machen lassen und war froh, so viel Platz zur Verfügung zu haben.

Wichtig war, schnell ins Zentrum zu kommen, Treffpunkt der Aktion sollte der Bahnhofsvorplatz in Bremen sein. Der war groß genug, um alle aufzunehmen und die Lage war gut, um schnell wieder in verschiedenen Richtungen zu verschwinden.

Der Big Boss wollte, wie sein Vorbild in Amerika den „Hells Angels“, zeigen, was er drauf hatte und sich einen Namen machen. Meinetwegen, ich würde bei dem Spektakel ohnehin nicht dabei sein. Wenn die Geschichte anlief, war ich wieder an Bord und im Ärmelkanal Richtung England unterwegs. Die Bremer Ereignisse würde ich nur über Radio und Zeitung verfolgen können. Horst half mir bei allen möglichen Arbeiten und ging mir zur Hand beim Aufstellen und Schreiben von Plänen.

Zuerst einmal musste die Gruppenstärke festgelegt werden und die Beteiligten mussten den jeweiligen Gruppen zugeordnet werden. Danach wurden die Gruppen und die einzelnen Teilnehmer durchnummeriert. Gruppe eins, zwanzig Mann stark, hatte die Nummer 0101 bis 0120. Ein einfaches System, selbst für den größten Döspaddel zu verstehen und zu behalten. So hatte jeder eine Nummer und konnte direkt angesprochen und geführt werden, am Ende hatten wir zehn Gruppen mit je zwanzig Mann zusammen. Das war schon beeindruckend, denn wenn zweihundert Motorräder durch Bremen knatterten und sternförmig auf den Bahnhofsvorplatz donnerten, konnte einem schon Angst und bange werden.

Gut, dass ich auf eine große Anzahl von Mitgliedern der Gangs zugreifen konnte, denn ich benötigte ja noch ungefähr vierzig weitere Personen für besondere Aufgaben, das so genannten Spezialteam.

Welches zum Sperren und Blockieren von Straßen, Polizeizufahrten, Einfahrten und für die Überlastung der Telefonleitungen der Polizeireviere zuständig war. Der erste Abschnitt enthielt Vorsichtsmaßnahmen und Tätigkeiten bei der An- und Abfahrt zum Ziel. Wir mussten alle Polizeistationen im Umkreis von zehn Kilometern um den Bahnhof auflisten und besonders präparieren, das heißt, es wurden in den Ein- und Ausfahrten von jeweils zwei unserer Leute kleine Metalldreiecke, so genannte Reifenschlitzer, verstreut.

Das ging schnell und die beiden konnten danach gleich ihre zweite Aufgabe ausführen, an bestimmten großen Kreuzungen ebenfalls unsere so wirksamen kleinen Freunde zu verstreuen. Dies konnte ganz locker bei der Überquerung von Kreuzungen vom Motorrad aus erfolgen. Beim Rückzug, so sah es mein Plan vor, sollten diese Männer hinter den abziehenden Motorrädern herfahren und den Rest der Reifenschlitzer verteilen. Das war sozusagen die Rückzugs-Sicherung und etwaige Verfolger bekamen platte Reifen. Damit war dieses Spezialteam voll eingespannt, sie mussten schnell und zuverlässig sein und sie mussten Ortskenntnis haben.

Ich ließ im Hafen einen Schuppen suchen, der zu diesem Zeitpunkt leer war. Er sollte für einen Teil der Gruppe zum Sammelpunkt werden und für den Rückzug eine Ausweichalternative sein, um sich schnell unsichtbar machen zu können. Sprechfunkgeräte, die jeder Gruppe und vor allem den Sondereinheiten zu Verfügung standen, machten es möglich, wenn die Situation es erforderte, blitzartig umzudisponieren.

Dann suchten wir uns in der Nähe vom Bahnhof ein Haus, das wir als Leitzentrale nutzen konnten, denn hier hatte man den idealen Überblick und war im Zentrum des Funkkreises. Ein Dach oder eine leere Wohnung würden es für diesen Zeitraum schon tun.

Für diese Leitzentrale wurden vier Mann eingeteilt, die das Kartenmaterial hatten, die Funksprechgeräte betätigten und -ganz wichtig, den Polizeifunk abhörten, das war unser Führungsteam.

Das größte Problem waren die Brücken, diese mussten wir so schnell wie möglich auf der Rücktour überqueren. Denn wenn die in der Hand der Polizei waren, hatte ein Drittel der Leute nicht die eingeplante Rückzugmöglichkeit. Deshalb legte ich besonderes Augenmerk auf die Zufahrten der Brücken, um diese so schnell wie möglich sperren zu können. Wir mussten hier die Kontrolle haben.

Gut, der Sternaufmarsch war schnell geplant und auch schnell durchgeführt. Schlimmer und minutiös zu planen war der Rückzug, hier bestand die große Gefahr, Verluste zu erleiden, was ich selbstverständlich durch meinen Plan auf jeden Fall verhindern wollte. Meine Überlegungen galten jetzt den Straßen, die wir befahren wollten. Würden uns vorhandene oder geplante Baustellen behindern? Wo konnten wir uns schnell verstecken oder über welche Wege schnell in die Wälder kommen? Im Nordosten und im Südwesten ging es ins Naturschutzgebiet, beide Strecken waren relativ kurz und sollten unsere Hauptwege werden.

Der im Westen von Bremen liegende Hafen, in dem auch unser Schuppen stand, war ebenfalls schnell erreichbar. Soweit war alles recht gut organisiert. Schwieriger wurde es mit der östlichen Richtung, sie war länger und wir hatten hier auch noch keine geeignete Möglichkeit zum Untertauchen gefunden. Hier war ich noch auf der Suche nach einem Hinterhof oder einem ähnlichen für unsere Zwecke geeigneten Versteck.

Wir holten die einzelnen Gruppen zu uns, wiesen sie in ihre Aufgaben ein, verteilten die Funkgeräte, gaben die Waffen aus und überprüften alles immer und immer wieder. Dann wurden Schießstunden abgehalten, um sie mit den Waffen vertraut zu machen.

Nach den ersten Ergebnissen sagte ich zu Big Boss:

„Lothar! Lass das mit den Waffen sein. Die schießen sich noch alle selbst tot oder bringen Unbeteiligte in Gefahr. Gebe denen ihre Messer, Ketten und Knüppel mit, damit können sie schon genug Schaden anrichten und Angst einflößend sieht das auch aus.“

Der erste Unfall mit den Waffen ließ auch nicht lange auf sich warten. Ein Gruppenmitglied schoss sich bei der Übung so schlimm in den Fuß, dass der kleine Zeh amputiert werden musste. Dieser Vorfall war der entscheidende Auslöser für den Meinungswechsel von Big Boss.

Die Zeit rückte immer näher und wir überprüften ein letztes Mal den gesamten Ablauf, die Aufgaben der Gruppen und die des Sonderteams. Alles war bereit!

Zufrieden mit meiner Arbeit übergab ich, zwei Tage bevor der Aufmarsch stattfinden sollte, alles weitere an den Big Boss. Horst und ich machten uns anschließend auf den Weg nach Hamburg, wo wir uns mit Wolfgang trafen und unsere Arbeit, die wir in Bremen geleistet hatten, noch einmal durchsprachen. Wir übernahmen Ware für England und freuten uns schon auf Südamerika, dem Ziel unserer Reise.

Endlich wieder auf einem Schiff, fühlten wir uns schon wieder wohler. Wir setzten uns am Abend noch auf ein Bier zusammen und gingen dabei noch einmal alles durch, was Bremen betraf, wir fanden keine Lücke und waren beruhigt. Am nächsten Abend liefen wir in Richtung London aus. Am Tag X befanden wir uns im Englischen Kanal kurz vor London, als wir die Nachrichten hörten:

Radio Bremen, Mittagsstunde:

„Meine Damen und Herren, wie wir soeben erfahren haben, ist eine Motorrad-Gang auf den Vorplatz des Bremer Hauptbahnhofes gefahren und hat dort fürchterlich randaliert, Schaufenster eingeworfen, Passagiere belästigt, Autos demoliert.

Die Anzahl der Beteiligten wird mit weit über zweihundert Mann angegeben. Die Polizei ist zurzeit dabei, den gesamten Vorplatz mit Hundertschaften zu sperren, um die Rocker festzunehmen. Es ist nicht bekannt, wie eine so große Anzahl Randalierer ungesehen ins Zentrum von Bremen gelangen konnte. Die Polizei hat aber schnell reagiert und das betreffende Gebiet sofort abgesperrt. Wir geben jetzt zurück an die Zentrale, bleiben aber vor Ort und halten sie über die weiteren Ereignisse auf dem Laufenden.“

Horst und ich sahen uns an, wir wurden kreidebleich. Zwei Mann und ein Gedanke, wir holten uns ein weiteres Bier und hopp und ex, weg war es. Langsam kehrte unsere Gesichtsfarbe zurück.

Was war in Bremen passiert? Was ist da abgegangen? Kein Wort von gesperrten Zufahrten oder defekten Einsatzwagen der Polizei. Wir klebten mit den Ohren am Lautsprecher, um ja keine Meldung zu verpassen.

„Meine Damen und Herren, wir schalten jetzt wieder um zu unserem Reporter in Bremen“, hörten wir aus dem Radio den Sprecher sagen.

„Hallo Zentrale! Ich stehe hier am Rand des Bahnhofsvorplatzes und sehe gerade, wie die Polizei den Kreis um die Rockergruppe immer dichter zieht. Die Rocker wehren sich mit Schlagstöcken und Ketten und die Polizei setzt Wasserwerfer ein. Immer mehr Demonstranten werden entwaffnet und zu den warteten Polizeifahrzeugen gebracht. Es sieht so aus, als wenn die Polizei jetzt alles im Griff hat. Ich gebe wieder zurück zur Zentrale.“

Wir hatten erst Mittagszeit, sonst wäre jetzt noch ein Bier fällig geworden. Eigentlich sollte um dreizehn Uhr der Spuk vorbei gewesen sein und jetzt wurden die Typen in Bremen nacheinander einkassiert.

Von London aus mussten wir unbedingt mit Wolfgang telefonieren, der wusste bestimmt mehr über den Ablauf in Bremen. Bis dahin mussten wir uns in Geduld fassen.

An Bord hatten wir einen Vorfall, der die weitere Reise stark beeinflussen sollte. Einer unserer Matrosen musste in London von Bord und ins Krankenhaus. Für Ersatz war schon gesorgt, aber was da an Ersatz an Bord kam, war eine einzige Katastrophe. Ein Albino! Weiße Haare, schneeweiße Haut und Augen wie aus Eiskristall, ohne jegliches Gefühl, einfach eiskalt. Dieser Typ machte uns das Leben an Bord zur Hölle. Er hatte zum Schluss die ganze Mannschaft, bis hin zum Kapitän, fest in seiner Hand. Ein Tyrann wie er im Buche stand. Ein Horrorfilm war im Vergleich zu dem, was wir in den folgenden Wochen erleben sollten, ein Kinderfilm.

Das Erste, was wir in London machten, war die Übergabe der Ware, die wir aus Hamburg mitgebracht hatten, zu organisieren. Also telefonieren, den Code angeben, Treffpunkt der Übergabe festlegen. Zwischendurch habe ich den Briefkasten aufgesucht, um zu sehen, ob Nachrichten da waren, was natürlich der Fall war. Also hatten wir diesmal zwei Aufträge auszuführen, was nicht selten der Fall war. Beim ersten haben wir die Ware aus Hamburg übergeben und beim zweiten Treffen mit einer ganz anderen Gruppierung haben wir Ware für Südamerika bekommen.

Es lief auch diesmal alles ohne Probleme, schnell und routiniert ab, so dass wir noch an diesem Abend mit Wolfgang telefonieren konnten. Von ihm erfuhren wir, was wirklich in Bremen abgelaufen war. Big Boss und das Führungsteam hatten sich an meinem Plan gehalten und alles so in die Wege geleitet, wie es abgesprochen war. Nur die einzelnen Gruppierungen selbst hielten sich nicht an die Abmachung.

Sie dachten, dass die schnelle Art besser sei, also in die Stadt fahren, draufhauen und alles kaputt machen und schnell wieder raus, als mein umständlich geplanter Ablauf, bei dem noch nicht einmal alle am Bahnhof hätten mitmachen können.

Auch die Sonderteams hielten sich nicht an die Absprachen, sie dachten wohl auch, diesen Spaß kann man sich nicht entgehen lassen und auch sie fuhren deshalb direkt zum Bahnhof. Dass so viel Eigenmächtigkeit das ganze Unternehmen zum Scheitern bringen könnte, das haben sie nicht bedacht. Das war mal wieder ein tolles Beispiel dafür, dass Muskelkraft allein nichts bringt. Nur die Kombination von Muskelkraft und Verstand ist gefährlich und führt zum Erfolg. Damit war das Thema Bremen abgehakt, das Gebiet Bremen war fürs erste von Rockergangs gesäubert. Die Polizei konnte mit ihrer Arbeit zufrieden sein.

Unser Schiff nahm unterdessen Kurs auf Panama und für uns begann das Drama an Bord. Mit dem Albino!

Nach und nach hatte er die ganze Crew unter seiner Kontrolle gebracht und terrorisiert. Wir, das waren Horst, die beiden Jungmänner (Auszubildende im zweiten Lehrjahr) und ich, bekam es schon am frühen, nächsten Morgen zu spüren. Es war erst vier Uhr am Morgen, als unsere Tür ausgerissen wurde, der Albino reingestürmt kam und uns anschrie, wir sollten aufstehen. Wie um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, hielt er uns sein Messer an die Kehle und drohte uns, diese auch durchzuschneiden, wenn es nicht schneller ginge.

Dazu muss man wissen, dass er kein normales Messer benutzte, dieses Exemplar hatte einen Griff aus Elfenbein und dafür mehrere passende Einsätze. Der Messergriff war so gearbeitet, dass die drei verschiedenen Zusätze darin Platz fanden und innerhalb von Sekunden ausgewechselt werden konnten.

Er hatte die Auswahl zwischen einem zweischneidigen Messer, einen Mahlspieker und einem Teil, an dem die eine Seite aus einer Säge bestand und die andere als Miniaxt einsetzbar war. Durch einen Knopf im Griff konnte er diese Teile schnell wechseln, ohne auch nur ein Teil in die Hand zu nehmen.

Die einzelnen Teile waren so in der Scheide eingelassen, dass er den Griff einfach nur über die Nut stecken und einrasten lassen musste. Die Teile hatten eine Länge von fünfzehn bis dreißig Zentimeter, mit dieser Waffe war nicht zu spaßen, schon gar nicht, wenn man erlebt hat, wie er damit umgehen konnte.

Auf diese Art und Weise wurden wir nun Tag für Tag geweckt. Nur die Zeit variierte, mal kam er schon um ein Uhr dann wieder erst um fünf Uhr. Gerade so, wie er es wollte. Mal kam er mit dem Messer, ein anderes Mal mit dem Beil und wenn er gerade Lust darauf hatte, dann floss auch mal etwas Blut. Aber das war nicht alles, auch während des Tages ließ er uns seine „Macht” spüren und schikanierte uns rund um die Uhr, wo er nur konnte, durch zusätzliche Arbeiten und hinterhältige Attacken.

Zu allen nur erdenklichen Zeiten ließ er uns aufstehen, um irgendwelche Arbeiten zu verrichten, dann konnten wir uns wieder in unsere Kojen legen, nur um kurze Zeit später wieder von ihm geweckt zu werden.

Ganz besonders viel Spaß hatte er an einem Messerspiel, dabei hielt er unsere Hand so auf dem Tisch fest, dass sie mit gespreizten Fingern wie angenagelt dalag, dann zog er sein Messer und stach ganz schnell zwischen den einzelnen Fingern hin und her. Manchmal ritzte er die Finger dabei auf, es hätte aber auch schlimmer kommen können. Bei diesem Spiel, das oft in den Hafenkneipen gespielt wurde, wird sonst immer gewettet, wie lange man das ohne Verletzung schafft und dabei sind schon so manche Finger auf der Strecke geblieben.

Man kann sich sicher vorstellen, dass wir dabei immer Blut und Wasser geschwitzt haben, vor allem dann, wenn er das im angetrunkenen Zustand machte. Das zog sich so bis Chile hin, unsere Nerven lagen blank und wir hatten die Nase voll. Wir berieten uns zu viert und kamen überein, dass der Albino von Bord musste.

Da er in der Zwischenzeit die ganze Crew unter Kontrolle hatte, vom Smutje bis zum Kapitän, war das gar nicht so leicht zu bewerkstelligen. Es gab niemanden an Bord, der uns hätte helfen können oder wollen. Es war also Eigeninitiative angesagt. Wir begannen einen Plan zu entwerfen, um ihn zu beseitigen. Es musste auf jeden Fall an Land geschehen, dadurch würde kein Verdacht auf uns fallen. In Chile verschwanden schon mehrere Seeleute.

Nur dieses Vorhaben war gar nicht so einfach zu bewerkstelligen. Wir hatten keinerlei Informationen über ihn, was er so an Land machte und wohin er immer ging. Wer sollte uns diese Informationen geben? Freunde, mit denen er über seine Vorlieben und Gewohnheiten redete, hatte er ja nicht. Uns blieb also nichts anderes übrig, als ihn zu beschatten, um dann spontan und schnell zu handeln. Wir erstellten einen Plan, in dem organisiert war, wer ihn wie lange beobachten und beschatten sollte. Das klappte, wie wir meinten, an Bord auch ganz gut und ohne großes Aufsehen. Nur als er an Land ging fing es an, schwierig zu werden. Wie sollten wir uns untereinander benachrichtigen, wenn es etwas Wichtiges zu berichten gab oder wenn sich kurzfristig eine Gelegenheit bot, ihn zu beseitigen? Wir vier teilten uns deshalb in zwei Gruppen ein. Aus dem Hinterhalt würden zwei von uns bestimmt eine Möglichkeit haben, ihn zu erledigen, dazu nahmen wir unsere Messer mit an Land.

Während die anderen zwei damit beschäftigt waren, den Albino zu beschatten, erledigten Horst und ich unsere Briefkasten- und Botengänge.

So langsam wurden sie uns zur Routine, deshalb mussten wir uns immer wieder zur Sorgfalt und Vorsicht ermahnen, uns war klar, dass bei diesen immer wieder gleichen Abläufen die Gefahr bestand, nachlässig zu werden und wir uns zu sehr in Sicherheit wiegten.

Also machten wir es uns zur unumstößlichen Gewohnheit, Augen und Ohren immer offen zu halten, egal was wir auch machten. Wieder an Bord erfuhren wir, dass die beiden Jungs, die den Albino beschattet hatten, zwar eine Gelegenheit gehabt hätten, ihn zu erledigen, es aber leider nicht getan haben. Na ja, auch verständlich, was erwartete ich denn von Sechzehnjährigen. Zumindest konnten sie uns erzählen, was er alles gemacht hatte. Unsere Hoffnung war, dass er am nächsten Tag das Gleiche tun würde, dann hätten wir vielleicht eine Chance, unseren Plan in die Tat umzusetzen.

Am nächsten Morgen wurden wir wieder auf „Albinoart” geweckt und das bestärkte uns nur noch mehr in der Absicht, ihn zu beseitigen. Wir waren durch den monatelangen Psychoterror so ausgelaugt, dass uns alles egal war, wir wollten nur noch ein schnelles Ende dieser nervenaufreibenden Zustände. Wir gingen früh von Bord und warteten hinter einem Schuppen darauf, dass auch der Albino an Land ging. Es dauerte sehr lange bis es so weit war, doch dann kam er endlich die Gangway herunter und ging in Richtung Stadt. Unauffällig schlichen wir hinterher.

Wir mussten eine ruhige, dunkle Stelle finden, um ihn zu schnappen und es musste schnell gehen. Wir durften es nicht auf eine offene Konfrontation ankommen lassen, da wir keine Chance gegen ihn hatten. Wir mussten aus dem Hinterhalt agieren, ihn überraschen. Aber genau so ein Hinterhalt bedurfte eigentlich einer genaueren Planung, aber dafür hatten wir nicht genügend Zeit. Also war die Devise, so weitermachen wie bisher.

Er mied dunkle Ecken, ging immer in der Straßenmitte und bewegte sich schnell und geschmeidig. Punkte, die einen Zugriff unmöglich machten. Er hatte auch die Erfahrung, sich durch ständiges Wechseln der Richtungen und durch die Beobachtung seiner Umgebung zu schützen.

An diesem Abend fanden wir keine Möglichkeit mehr, ihn verschwinden zu lassen und auch in den nächsten Häfen sollte das nicht anders sein. In unserer Verzweiflung dachten wir auf der Rückfahrt schon daran, einen Killer anzuheuern, der ihn an Land einfach ausschalten sollte. Solche Personen gab es hier in Südamerika wie Sand am Meer, für Geld bekam man eben alles. Selbst mir hatte man schon einmal so einen Job angeboten und deshalb kannte ich auch die Risiken derjenigen, die solche Leute suchen. Das war auch der Grund, warum wir zögerten. Den Killer mussten wir vorher bezahlen oder wenigstens anzahlen und wir hatten keine Möglichkeit zu verhindern, dass er mit dem Geld einfach verschwinden würde, ohne seinen Auftrag auszuführen. So hatte der Albino das Glück, bis Hamburg zu überleben.

Der Kapitän hatte wohl auch die Nase von ihm voll und deshalb der Reederei Bescheid gesagt, dass sie eine Ablösung für ihn schicken sollten. Denn kaum hatten wir in Hamburg festgemacht, stand auch schon seine Ablösung an der Pier.

Als wenn er es gerochen hat, dass ich hier in Hamburg am längeren Hebel sitze, war er so schnell von Bord verschwunden, dass es niemand sofort bemerkte. Ich hatte Wolfgang schon angerufen und informiert, dass wir ein paar Jungs gebrauchen könnten, die uns auf ihre spezielle Art und Weise von diesem Ungeheuer befreien sollten und er hatte uns seine Hilfe zugesagt. Auch eine sofortige Suche nach ihm verlief ergebnislos. Er verschwand auf nimmer Wiedersehen aus meinem Leben, so schnell und endgültig, wie er aufgetaucht war.

Eine Zeitlang danach habe ich noch einige Erkundigungen eingezogen um herauszubekommen, wo er sich herumtreibt und habe in Erfahrung bringen können, dass er auf einem ausländischen Schiff angeheuert hatte und nach Asien gefahren war.

Meine weitere Suche verlief hier endgültig im Sand und ich hatte auch keine Lust mehr, mir für diesen Typ noch mehr Arbeit zu machen. Als ich später meiner Mutter von ihm erzählte und den Namen erwähnte, sagte sie ganz erstaunt, dass sie ihn kenne. Er war immer ein sehr freundliches Kind, hat sie mir erzählt und konnte es nicht glauben, als ich meine Geschichte erzählte. Sie war damals Kindergärtnerin gewesen und hatte ihn dort in ihrer Gruppe gehabt. Dieser Teufel musste gewusst haben, wer ich bin!

Zu nah am Abgrund

Подняться наверх