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Prolog

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Ich liege hier an meinem einsamen, sonnigen Strand auf Sardinien und höre die Wellen schlagen. Ich halte eine wunderbare Frau in meinem Arm, sie räkelt sich wohlig und ich lasse meine Gedanken wandern, weit zurück in die Vergangenheit. Lange vergessen geglaubte Erinnerungen tauchen auf und ich hangele mich an den Ereignissen meines Lebens entlang, schöne, aber auch sehr schlimme Bilder tauchen auf und ich gehe weiter zurück, ganz weit zurück in meine Kindheit und mein Elternhaus.

Ich hatte unglaubliches Glück, gerade in diese Familie hinein geboren zu sein und sogleich auch fürchterliches Pech. Pech, weil ich zwar eine Mutter, aber keinen Vater hatte, dafür aber Großeltern, Tanten, Onkel, vier Cousinen und Cousins. Alleine im Haus der Großeltern lebten wir mit drei Generationen und drei Familien zusammen. Wobei meine Familie nur aus zwei Menschen bestand, meiner Mutter und mir. Was natürlich eine gewisse Minderheit darstellte, so hat man uns auch behandelt und das nicht nur in der Familie.

Da war zum Beispiel mein Onkel, der die Welpen meines Lieblingshundes ertränkte, weil er der Meinung war, es seien sonst zu viele Hunde im Haus. Ein Vorwand, mit dem er mir zeigen wollte, wer der Herr im Hause war, obwohl das natürlich Opa war, er wäre es aber gern gewesen. Aber mit seinem Verhalten zeigte er mir immer wieder, dass er in der Hierarchie gleich nach meinem Großvater kam.

Nie werde ich den schrecklichen Moment vergessen, als er mich zu sich rief, um mir mitzuteilen, dass er jetzt die Hunde in einen Sack stecke und in dem Brunnen im Garten ertränken wolle und ich dabei sein solle, damit ich auch ja mitbekäme, wie er es mache.

Dann hat er die sechs Welpen in einen Kartoffelsack gesteckt, Steine als Gewicht reingelegt, ihn mit einem Seil zugebunden und dann in den Brunnen hinabgelassen. In diesem Moment hätte ich ihn am liebsten ins Gesicht geschlagen oder noch Schlimmeres gemacht. Oft wurde ich zu den schmutzigen und unbeliebten Arbeiten herangezogen, obwohl wir, wie schon erwähnt, mit vier Kindern im Haus lebten. Aber der Uneheliche war eben für so etwas immer gut, er hatte ja keinen Vater, der ihn mal in Schutz nehmen konnte und meine Mutter, die ja den ganzen Tag arbeiten musste, bekam von den Schikanen nichts mit. Aber auch meine Mutter hat unter der Schande, ein uneheliches Kind zu haben, leiden müssen.

Der Pfarrer zum Beispiel hat, auf der einen Seite, von der Kanzel gegen meine Mutter geschimpft, dass sie mich, einen unehelichen Bastard, zur Welt gebracht hat, sich aber, auf der anderen Seite, nach dem Gottesdienst mit meinem Opa in der Kneipe zum Schafskopf spielen getroffen, einem typisch bayrischen Kartenspiel. Mich hat er, obwohl ich immer dabei war, wohlweislich übersehen, als wenn ich pure Luft gewesen wäre. Aber bis auf diese wenigen Ausnahmen, die mir noch in der Erinnerung sind, hatte ich eine unbeschwerte Kindheit und es war schön, hier aufzuwachsen. Die Begebenheit mit dem Pfarrer war auch der Grund, warum ich unbedingt Messdiener werden wollte, denn meine Devise war: Gehe in die Nähe deines Feindes, da hast du ihn immer im Auge.

Aufgrund der sonntäglichen Schafskopfrunden mit meinem Opa und einem vorher geführten, ernsten Gespräch zwischen meiner Mutter, Oma und Opa, hatte ich - oh gütiger Pfarrer - die Gelegenheit, Messdiener zu werden. Das alles ist natürlich eigentlich nicht erwähnenswert, wenn nicht gerade aufgrund dieser Gegebenheit ein Ereignis stattfand, das mein späteres Leben stark prägen sollte.

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Zu nah am Abgrund

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