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Frauke

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Konrad Menthel nimmt den Telefonhörer in seinem Büro ab. „Herr Menthel, haben Sie Zeit, mit mir den Einsatz mit den Kollegen von der Sitte zu besprechen?“ Es ist Frauke Seifert. Konrad Menthel überblickt seinen Schreibtisch. Momentan liegt nichts Dringendes an. „Bei Ihnen oder bei mir?“, fragt er zurück. „Hier liegen alle Unterlagen. Kommen Sie bitte zu mir. Ich besorge Kaffee und ein paar Kekse.“ Frauke Seifert legt auf.

Konrad Menthel lächelt. Kaffee und Kekse, die Nervennahrung der Polizisten. Jedenfalls besser als Alkohol und Nikotin. Er findet es gut, dass Frau Seifert nicht raucht und sich auch bei Alkohol zurückhält. Da kennt er andere Kollegen, die immer einen Grund finden, ordentlich zu trinken.

Er meldet sich bei der Vermittlung und teilt mit, dass er die nächste Zeit bei Frau Seifert zu erreichen ist. Dann macht er sich auf den Weg.

Das Büro von Frau Seifert liegt auf dem gleichen Flur. Die Tür ist offen, also tritt er ein. Der Duft von Kaffee empfängt ihn.

Frauke Seifert zeigt auf einen Stuhl. Konrad Menthel nickt und setzt sich. Er sieht Frauke Seifert an. Braune Haare, in einem Pferdeschwanz zusammengebunden, braune, fast schwarze Augen, sportliche Figur, lange Finger, kaum Schmuck, rote, leicht eingefärbte Lippen, zwei kleine Kreolen in den Ohren, Gold mit Mondstein.

„Na, alles begutachtet, Herr Kollege“, kommt es locker von ihren Lippen. Dann winkt sie ab. „Ich weiß, einmal Polizist, immer Polizist. Alles im Blick. Ich hoffe, es hat Ihnen gefallen.“

Konrad Menthel fühlt sich ertappt. „Es tut mir leid, Frau Seifert. Ich konnte einfach nicht anders als sie ein wenig mustern. Ich finde Mondstein ganz toll, kenne ihn aber nur in Verbindung mit Silber. “ Ehrlichkeit ist immer gut. „Ich mag ihn mit Goldfassungen. Ihre Aufmachung heute gefällt mir auch“, erklärt Frauke Seifert. „Die hellen Farben machen sie jünger, weniger streng. Sie sollten öfter so auftreten.“

Frauke Seifert lacht hell auf. Es hat ihn immer wieder verblüfft, wie hell dieses Lachen ist. Als er sie zum ersten Mal gesehen hatte, war seine Erwartung eher auf ein dunkles Lachen eingestimmt. Aber dieses helle Glockenlachen passte zu ihr. „Nun, da sie ihre Neugier befriedigt haben, können wir zur Sache kommen.“ Frauke Seifert klopft auf einen Ordner. „Aber vorher Kaffee und die unvermeidlichen Kekse.“

Mit einem Schlage ist die Stimmung entspannt. Konrad Menthel sieht die Kollegin gespannt an. Sie hat alles gut vorbereitet, erklärt das Problem, das Gebiet, um das es sich handelt und entwickelt einen Plan, den sie wohl schon mit der Sitte abgesprochen hat. Sie haben die Sache schnell abgehandelt. Sozusagen war es eine Eine-Tasse-Kaffee-Angelegenheit. Eine ETKA, wie es in der Kurzformel hier heißt.

Konrad Menthel will sich erheben, als Frauke Seifert ihm zuvorkommt. Sie schließt die Tür.

„Darf ich Sie um eine kurze private Unterredung bitten?“, fragt sie den verblüfften Oberkommissar.

„Bitte. Ich hoffe, ich kann Ihnen helfen.“ Konrad Menthel erwartet eine Bitte.

„Es ist keine Bitte, sondern eine Information, Herr Menzel. Es gibt da ein Gerücht bei der Sitte. Sie sollen das letzte Mal eine Prostituierte übersehen haben, wie es hieß. Die festgesetzten Damen berichteten von einer, die nach der Razzia fehlte. Sie wissen, dass das immer Vorurteile der Kollegen von der Sitte stärkt, wenn solche Gerüchte aufkommen. Ich gebe nichts auf Gerüchte, aber wir müssen da vorsichtig sein, denn wir dürfen uns nicht erpressbar machen.“

Konrad Menthels Herz blieb fast stehen. Das haut ihn doch richtig um. Und er wusste nichts davon, was da als Gerücht herumlief.

„Das muss ich zurückweisen“, murmelt er und bemüht sich um Haltung. „Warum sollte ich so etwas tun?“

Kaum war die Frage gestellt, hätte er sie am liebsten wieder verschluckt. Das machte ihn ja richtig verdächtig. Er sieht Frauke Seifert an. „Schön, dass Sie mir trotzdem vertrauen. Und danke für die Ehrlichkeit.“

Frauke Seifert hebt beschwörend ihre Hände. „Wenn Sie mich nicht verraten, erzähle ich Ihnen, dass ich auch schon einmal einen Verdächtigen entkommen ließ. Es war der Sohn meiner Freundin. Es war genau das Richtige, was ich getan habe. Die Sache ist dem so in die Knochen gefahren, dass er niemals wieder Hasch angerührt hat. Wenn Sie überhaupt jemals etwas Ähnliches gemacht haben, dann werden Sie auch ihre Gründe haben. Das akzeptiere ich. Aber wir müssen vorsichtig sein.“

Konrad Menthel nickt. „Danke für Ihr vertrauen, Frau Seifert. Vielleicht,“ er legt eine kleine Verlegenheitspause ein, „werde ich auf dieses Gespräch noch einmal zurückkommen.“

„Frauke. Ich heiße Frauke, wenn Sie wollen.“

„Gerne. Ich bin Konrad. Ihr- äh- dein? Vertrauen ehrt mich.“

„Ganz deiner Meinung, Konrad. Machen wir das Beste daraus. Und für Gespräche, natürlich immer in gegenseitigem Vertrauen, stehe ich immer bereit.“

Konrad Menthel fasst sich ein Herz. „Es gibt da etwas, was mir querliegt, Frauke, da könntest du mir helfen.“

„Nur zu. Teste mich!“

Und so kommt es, dass Frauke Seifert es übernimmt, für Konrad Menthel beim NDR anzurufen.

„NDR, Vermittlung, guten Tag, Was kann ich für Sie tun?“

„Kommissarin Frauke Seifert, guten Tag. In einer Ermittlungssache hätte ich gerne mit dem Redakteur gesprochen, der für die Sendung über den Meteoriten zuständig ist. Sie können mich unter meiner Dienstnummer zurückrufen, wenn Sie Zweifel haben.“

„Ich sehe Ihre Rufnummer und weiß, dass es die Polizei ist, Frau Seifert. Kein Problem. Ich verbinde Sie mit Siegfried Murmel, dem Leiter für Aktuelles. Einen Moment bitte.“

Es geht sehr schnell.

„Murmel.“

„Guten Tag, Herr Murmel, Frauke Seifert von der Kripo Hamburg. Ich muss kurz mit Ihnen sprechen und bitte vorweg um strenge Vertraulichkeit.“

Siegfried Murmel bekommt einen Schreck. Sollte jemand aus dem Bordell in eine kriminelle Handlung verwickelt sein und ihn als Zeugen oder so etwas angegeben haben? Das wäre ihm, dem Leiter für Aktuelles doch sehr zuwider.

„Versteht sich von selbst, Frau Seifert. Was kann ich für Sie tun? Sie wissen, dass ich über Informanten nichts sagen kann und darf. Informantenschutz ist gesetzlich zugesagt, wenn es sich nicht um Schwerstkriminalität handelt.“

„Keine Sorge, Herr Murmel, diesmal geht es eher um Vorbeugung und vielleicht auch um Hilfe bei der Aufklärung eines Verbrechens.“

Siegbert Murmel atmet auf. Keine Probleme mit dem Puff. ER fühlt sich erleichtert.

„Worum geht es den, Frau Seifert?“

„Sie haben diese Sendung gemacht, in der sich Finder von Meteoritenstücken melden konnten, ist das richtig?“

„Ja, das waren sehr ausführliche Sendungen. Was daran ist für Sie interessant?“

„Was ich Ihnen jetzt sage, darf nicht nach außen dringen. Sie dürfen das auch nicht für eigene Recherchen benutzen, weil Sie sich sonst strafbar machen. Klar?“

„Klar. Ich werde mein Bestes tun, mich daran zu halten.“ Siegbert Murmel wird neugierig.

„Ein Kollege von mir verfolgt eine Diebstahlsserie, bei der es um den Raub spiritueller Objekte geht. Wir haben nun gehört, dass aus einem uns nicht bekannten Grund diese Fundtücke des Meteoriten nun auch in den Fokus der Bande geraten könnten. Sie alleine verfügen über die Rufnummern der Finder. Ich möchte Sie bitten, mir diese samt einem Bandschnitt der Sendung zur Verfügung zu stellen. Wie müssen versuchen, die Finder zu schützen und dabei eventuell auch die Diebesbande zu fassen. Kann ich mit Ihnen rechnen?“

„Ich denke, dass unser Justiziar Dr. Werner Willer keine Probleme damit hat, denn die Finder wollten ja unbedingt an die Öffentlichkeit. Aber ich werde ihn informieren müssen. Das verstehen Sie doch.“

„Kein Problem, Herr Murmel. Herr Konrad Menthel wird sich bei Ihnen melden und die Unterlagen dann persönlich abholen. So wird Ihnen der Weg zu uns erspart. Sagen wir morgen früh, so gegen 9 Uhr?“

„Das lässt sich machen, wenn es vom Justiziar keine Einwände gibt, Frau Seifert. Warum hat Herr Menthel nicht gleich selbst angerufen?“

„Er ist im Außendienst, und wir müssen diese neue Spur aufnehmen, solange sie noch warm ist, wie wir sagen. Ich kann Ihnen die Durchwahl des Kollegen geben, dann können Sie mit ihm selbst einen Termin ausmachen.“

„Gut, machen wir das so. Und falls eine neue Sendung zu diesem Thema hilfreich für Sie sein sollte, denn es melden sich vielleicht noch mehr Finder, so ist der NDR immer bereit, unserer Polizei zu helfen.“

„Das ist sehr löblich, Herr Murmel. In diesem Fall melden wir uns. Und nochmals der Hinweis, dass dieses Gespräch vertraulich behandelt werden muss.“

Nach ein paar höflichen Floskeln legt Frau Seifert auf und sieht Konrad Menthel an.

„Nun hast du sogar eine neue Spur für deinen unerledigten Fall, falls es überhaupt eine Spur ist. Aber eine gute Geschichte, um Kontakt aufzunehmen, ist es auf jeden Fall.“

„Wo hast du das gelernt?“, staunt Konrad Menthel. „Innerhalb einer Sekunde meinen Fall und meine Bitte zu verbinden, das ist eine reife Leistung. Da wäre ich nie draufgekommen, ehrlich.“

„Ja, manchmal funktioniert mein Verstand sehr schnell. Und der sagt mir, dass mehr dahintersteckt als nur die Neugierde einer Bekannten. Aber das ist deine Sache. Nun habe ich etwas gut bei dir.“

„Nur zu, was soll ich machen? Alle Machos im Kommissariat verhauen, die dir auf den Hintern schauen?“ Er lacht und verschluckt sich fast an dem Rest des kalten Kaffees, den er gerade getrunken hatte.

„Machos? Mir auf den Hintern schauen? So etwas gibt es doch hier nicht“, lacht Frauke Seifert mit. „Nein, es ist einfacher. Ich habe das Gefühl, dass unser Chef mir etwas näherkommen möchte. Geschieden und noch in vollem Saft, wie man sagt. Es wäre mir Recht, wenn du künftig mit mir in die Kantine zum Essen gehst, Dann muss er nicht so tun, als fände er nur Platz an meinem Tisch. Kapisko?“

Konrad Menthel nickt. „Wenn es sich einrichten lässt, gerne, Frauke. Sehr gerne. Auch ich esse nicht gerne allein, und manchmal geht mir das Gerede der Kollegen auf den Nerv, zumal wenn es sich um laufende Fälle handelt. Wir klingeln und einfach an, wenn es zum Essen geht.“

„So machen wir das. Und nun melde dich selbst noch heute bei diesem Murmel, damit du Morgen deine Infos kriegen kannst. Und wer weiß, ich habe das Gefühl, dass es auch zu deinem Fall passen wird.“

„Und wieso das?“

„Ganz einfach. Ich kenne eine Frau bei der Cyberabteilung, die auch das Darknet überwacht. Dort soll eine Anfrage laufen, die durchaus in diese Richtung zielt. Aber wie immer im Darknet, keiner weiß etwas Genaues.“

Konrad Menthel sieht sie bewundernd an. „Jetzt weiß ich, warum du noch solo ist, Frauke.“

Frau Seifert zieht die Augenbrauen hoch und spielt die Kokette. „Jetzt bin ich aber gespannt, Konrad.“

„Du bist nicht nur sehr attraktiv, wenn ich das so sagen darf, ohne dir zu nahe zu rücken, du bist zu intelligent. Das ist bei Männern oft ein echtes Hindernis, wenn es um Beziehungen zu einer Frau geht. Nimm das bitte als Kompliment, Frauke. Es ist nämlich so gemeint.“

Frauke Seifert gießt sich etwas Kaffee nach, dann überlegt sie einen kurzen Moment.

„Da wir gerade offen miteinander reden, Konrad. Bin ich für dich auch zu intelligent?“

Konrad Menthel muss schlucken. So hatte er sich den Fortgang des Gespräches nicht gedacht.

„Nein, Frauke“, flüstert er mit fast erstickter Stimme. „Nein, es ist die Intelligenz. Ich bewundere intelligente Frauen und fühle mich zu ihnen hingezogen. Mein Problem liegt etwas anders. Aber das kann ich dir nicht erörtern. Das geht zu tief in mich hinein.“

Frauke Seifert. „Wir alle haben unsere dunklen Geheimnisse, Konrad. Einige dieser Geheimnisse werden nie ans Tageslicht gefördert. Für alle anderen gibt es die richtige Zeit.“

Ihr Telefon klingelt. Sie hebt ab und meldet sich. „Ich komme“, beendet sie das Gespräch. „Die Sitte“, klärt sie Konrad Menthel kurz auf. „Ich muss los, wegen der Koordination. Vergiss das Gespräch mit dem NDR nicht. Und danke für deine Offenheit.“

„Ich danke dir, Frauke. Erinnerst du dich noch an Gersters Spruch aus der letzten Woche?“

„Klar, Konrad. Es ist ein guter Spruch: Weigere dich nicht, dem Bedürftigen Gutes zu tun, wenn deine Hand es vermag.“

„Gut, Frauke. Es war 3,27 aus den Weisheiten Salomos.“


Die Botschaft

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