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Gesellschaft für Volkstümliche Astronomie e.V. Außenstelle Handeloh
ОглавлениеDr. Petersen gilt als sehr umgänglich. Seine Geduld mit den Besuchern in der Außenstelle Handeloh ist schon fast sprichwörtlich. Dabei sorgt seine hohe, magere Statur eher dafür, dass die Besucher den Eindruck haben, er schaue von oben auf sie herab. Mit seinen knapp 2 m Größe sieht er wegen der schlanken Figur eher wie ein wandelnder Pfahl aus, der sich unten in zwei lange Beine spaltet, aus dem oben zwei Seitenäste heraussprießen und auf dem als Krönung ein lockiger Kopf sitzt, der ständig den Eindruck erweckt, er könne nach hinten oder vorne kippen. Dr. Peters trägt nie Anzüge, immer das, was er lockere Freizeitbekleidung nennt. Seine braunen, warmen Augen strahlen viel Lebensfreude aus, obwohl er selbst sagt, dass sein Beruf als Physiklehrer alles andere als ein Zuckerschlecken sei. Aber das behauptet er gerne, bevor er hinzufügt, dass er für genau diesen Beruf lebt. Die Aufgabe als ehrenamtlicher Leiter der Nebenstelle in Handeloh hat er sofort angenommen, als die Bitte an ihn herangetragen wurde. Er wohnt schließlich in Handeloh und kann die Außenstelle über den Planetenweg jederzeit zu Fuß erreichen. Werner, das ist sein Vorname, und wenn er nicht gerade in amtlicher Funktion unterwegs ist, lässt er sich gerne so nennen, hat seinen Beruf zu seinem Hobby gemacht. Die Astronomie ist seine große Leidenschaft.
Direkt dahinter, wenn nicht sogar gleichzeitig, kommt Henning, sein Lebenspartner. Gemeinsam haben sie in Handeloh ein Haus und ein Grundstück gekauft, und es dauerte eine ganze Zeit lang, bis die doch eher konservative Gesellschaft in Handeloh die Lebensgemeinschaft der beiden Männer akzeptiert hatte. Man hat sich schnell darauf geeinigt, dass sie bei den Dorffesten nicht unbedingt als leibendes Paar in Erscheinung treten, aber das war sowieso nicht im Sinne von Dr. Class Petersen.
Schwieriger war es in der Schule. Neben den üblichen Witzen und verstreckten Andeutungen kam es durchaus auch zu direkten Anfeindungen aus dem Kollegium, aber die Souveränität, über die Dr. Petersen verfügte, ließ die ewig Gestrigen schnell verstummen.
Seine beiden Mitarbeiterinnen in der Außenstelle, Monika Stolz und Sabine Keller, haben keinerlei Vorurteile, ja, sie finden es sogar prima, nicht unter Machogehabe zu leiden. Die Rollen in der Außenstelle sind klar verteilt, und im Prinzip kann jeder jeden vertreten.
Normalerweise sind die Besuchermassen übersichtlich, aber das Ereignis des Meteoriten über Hamburg hatte einen regelrechten Hype entfacht, der durch die regelrechte Schatzsuche, die nun einsetzte, noch verstärkt wurde.
„Der Himmel hat für die Hamburger und die Dörfer rings um uns herum eine völlig neue Bedeutung erhalten“, meinte Dr. Petersen. „Wenn das so weitergeht, müssen wir uns nach Verstärkung umsehen, denn wir sollten dann an einem weiteren Tag öffnen.“ Er lächelte kurz und fügte hinzu. „Ich meine natürlich an einem weiteren Abend.“
„Ich könnte dienstags“, meldet sich Monika Stolz. „Mein Lebenspartner Peter hat da ohnehin Nachtschicht bei der HVV.“ Dr. Petersen nickt. „Eine Person reicht aber nicht aus, da muss ich erst mal mit Henning reden. Der fühlt sich sowie schon von mir vernachlässigt. Und wie sieht es bei Ihnen aus, Frau Keller?“
Sabine Keller greift in ihr dichtes braunes Haar und scheint sich daran festzuhalten. Sie ist geschieden und hat mit ihrem Ex-Ehemann Walter vereinbart, die Versorgung der beiden Kinder gemeinsam zu organisieren.
„Ich werde mit Walter reden, ob da etwas machbar ist. Ich bin eh schon selten genug mit meinen Beiden zusammen. Aber ich werde das klären.“
„Wir könnten uns doch auch beim NDR melden und nach Ergänzung suchen. Gerade jetzt läuft das Thema doch gut, und ich sich sicher, dass in Hamburg genug Hobbyastronomen herumlaufen, die gerne hier mithelfen, wenn es auch ziemlich am Ende der Welt liegt.“ Monikas Hinweis wird von Dr. Petersen sofort aufgenommen.
„Handeloh liegt doch noch innerhalb der Reichweite des HVV“, stellt er fest. „Das dürfte doch kein Problem sein. Ich werde, wenn Sie zustimmen, mal beim NDR vorfühlen.“
Monika Stolz und Sabine Keller nicken.
„Wir werden da auch so organisieren, dass wir um Voranmeldungen per Email bitten“, fährt Dr. Petersen fort. „Dann können wir das Aufkommen besser steuern und so eine Überlastung der Anlage vermeiden.“