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Die letzten Wochen des Schuljahres 2019/20 und der letzte Schultag am 26.06.2020

Um über die letzten Schuljahreswochen zu sprechen, muss ich etwas weiter ausholen, weil in dieser Zeit das Gesellschaftliche innerhalb des Kollegiums immer im Mittelpunkt steht, zumindest normalerweise!

Von den anderen Schulen, an denen ich bisher gearbeitet habe, kenne ich auch Kollegiumsausflüge, Karnevals- und Weihnachtsfeiern und Geburtstage von KollegInnen.

Ich habe auch erlebt, dass diese Veranstaltungen bewusst von einigen boykottiert wurden, aus welchen Gründen auch immer! Mal war es der dienstfreie Vormittag, an dem man sich wegen sooooo vieler Korrekturen nicht aus dem Haus bemühen wollte, natürlich stieß man damit die KollegInnen vor den Kopf, die mühsam ein Programm ausgearbeitet hatten.

Oder man wollte sich nicht von KollegInnen verabschieden, die eingeladen hatten! Auch eine nette Geste! Ist mir in meinen Dienstjahren nur einmal passiert, als sich eine Kollegin verabschiedete, die mehrfach dadurch aufgefallen war, dass sie SchülerInnen an den Haaren gezogen hatte, wollten diese ihr im Unterricht nicht folgen und sie in Diskussionen verwickeln. Man nahm ihr daraufhin den Job der Klassenleitung ab, die Schulleitung bat die übrigen KollegInnen um Stillschweigen!

Die Eltern spielten dankenswerterweise, aber für mich unverständlich mit.

Dieses Szenario spielte sich an meiner vorherigenSchule ab!

An der Realschule, an der ich 3 Jahre unterrichtete, traf ich auf ein Kollegium, das in dieser Zusammensetzung schon ganz lange arbeitete. Richtige Routiniers, von denen ich viel lernen konnte. Sehr nette Leute. Sie feierten Geburtstage untereinander und luden mich dazu ein! Ich feierte mit und war begeistert, von dem herrschenden Ambiente und den Koch- und Backkünsten meiner KollegInnen. Denke noch heute gerne daran zurück.

Auch an meiner vorherigen Schule in der Kleinstadt mit Großstadtwunschdenken traf ich auf ein solches Kollegium, auch hier verliefen die Treffen immer herzlich – auch im größeren Kreis. Hieraus sind wirkliche Freundschaften entstanden, die bis heute Bestand haben.

An meiner jetzigen Wirkungsstätte war ich am ersten Schultag begeistert darüber, dass mein Schulleiter sein Kollegium mit selbstgebackenen Nussecken empfängt – immer zum Schuljahresbeginn – und mit Hilfe seiner Mutti! Warum nicht!? Eine nette Geste ist es auf jeden Fall!

Gleich im zweiten Jahr meines Schuldienstes verabschiedete sich unsere stellvertretende Schulleiterin und das tat richtig weh! Monate vorher hatten mir die Damen des Sekretariats das schon gesteckt. Es wurde gesammelt, gedichtet und komponiert… und Margitta, so möchte ich sie nennen, wartete mit einem sagenhaften, selbstgemachten (darunter auch Spenden des Kollegiums) Buffet auf.

Man stellte ihr einen roten Sessel auf die Bühne, indem sie sitzend das Programm des Abends verfolgen sollte.

In seiner Laudatio fiel mir unser Chef einmal mehr dadurch auf, dass er nicht Schulleiter geworden war, weil er ein glückliches Händchen beim Griff in die rhetorische Trickkiste aufweisen konnte. Nein, das konnte er nicht!!

Er erzählte von der Zeit, in der er Margitta, die von einer benachbarten Schule an die unsrige abgeordnet worden war, später dazu bewegen sollte, mit ihm gemeinsam die Leitung der Schule zu übernehmen.

Er sagte doch tatsächlich: „Wie das so ist bei den Frauen… Sie können nie NEIN sagen….“ Diese Äußerung fiel auf fruchtbaren Boden: Lehrerrat und Gleichstellungsbeauftragte kümmerten sich sogleich darum, leiteten sie an die Dienstaufsichtsstelle weiter! Richtig, aber blöd für unseren Schulleiter!

Auch gelegentliche Reaktionen auf die Schwangerschaft von Kolleginnen fielen in diese Kategorie… Ich begriff, warum sich auch in diesem Kollegium die Scheu vor gemeinsamen Festen breit machte.

Gleichzeitig möchte ich aber betonen, dass es unser Schulleiter schon versteht, Atmosphäre zu schaffen und Feste zu feiern. Sein musikalisches Talent ist ihm dabei behilflich. Ob beim Karnevalsumzug in unserem Stadtteil, wo er mit einer Klasse unsere Schule vertritt, ob bei Karnevalssitzungen in der Stadt, an denen im Orchester der erkrankte Dirigent zu vertreten ist, überall ist er mit seiner „Quetsch“ zur Stelle und scheut sich auch sonst nicht, das Beste für „seine“ Schule herauszuholen. Dafür ganz herzlichen Dank! Ich durfte das schon als Mutter eines Sohnes erfahren, der diese Schule bis zu seinem Abitur besuchte.

Aus dieser Feierfreude heraus findet am Schuljahresende eine feierliche Verabschiedung der KollegInnen statt, die in den Ruhestand gehen oder sich versetzen lassen. In den ersten Jahren war der Zeitpunkt mittags am letzten Schultag, was offiziell als Dienstbesprechung anberaumt wurde.

Im Sommer 2020 will man es erneut – wie im Vorjahr auch – mit einem Grillabend am vorletzten Schultag auf dem Schulhof vor der Mensa feiern. Nette Idee und im Vorjahr gut gelungen, auch wenn nicht alle KollegInnen erschienen, noch nicht einmal diejenigen, die sich verabschieden wollten!

Doch aus der Idee wird nichts. Zu heikel, die Infektionszahlen zu hoch – wie es heißt. Stattdessen kommt der Lehrerrat auf die glorreiche Idee, nette Postkarten an die „Abgänger“ schreiben zu lassen als Überraschung und letzten Gruß aus dem Kollegium. Nach den Sommerferien wird er sich darüber beschweren, dass so wenige überhaupt eine Karte geschrieben haben! Zu meiner Entschuldigung ist zu sagen, dass ich die sich verabschiedenden KollegInnen kaum kannte und fachlich keine Berührungspunkte mit ihnen hatte, teilweise noch nicht einmal ihren vollen Namen wusste! Peinlich…

Ein wirklich sehr trauriges Ereignis hat das Kollegium in diesem Jahr schockiert und danach ist wirklich niemandem mehr zum Feiern zumute. Anfang des Jahres – es ist der 7. Januar – kommt in der Pause plötzlich eine Kollegin, die in vielerlei Hinsicht sehr aufmerksam ist, was man positiv und negativ aufzufassen hat bei ihr, in dem Falle aber positiv, auf die Idee, einer schon lange schwer erkrankten Kollegin, die an diesem Tag Geburtstag hat, ein Ständchen zu bringen per Videocall und ein Bild zu schicken. Alle sind von der Idee begeistert und sie wird sofort umgesetzt, versehen mit den besten Grüßen an die liebe Kollegin. Sie werde noch immer schmerzlich vermisst und man wünscht ihr gute Besserung. Es handelt sich wirklich um ein Juwel, schon jahrelang kümmert sie sich mit einer beispiellosen Hingabe um unsere Referendare und Referendarinnen bei gleichbleibend guter Laune und ich wünschte noch Generationen nach ihnen eine solche professionelle Begleitung an ihrer Seite!

Am 8. Januar komme ich morgens ins Lehrerzimmer, vernehme ein leises Schniefen von mehreren Seiten, sehe dieselben KollegInnen vor mir, die tags zuvor um ein Foto und ein Ständchen für die Kollegin baten. Beginnend zu verzagen frage ich nach dem Grund ihrer Trauer, dabei brechen alle in Tränen aus und teilen mir mit, dass die geliebte Kollegin an ihrem gestrigen Geburtstag verstorben sei! Was für ein Schlag!

Am 1. Februar findet unter großer Anteilnahme die Trauerfeier im Begräbnisgarten eines Bestattungsunternehmens in der benachbarten Kreisstadt statt. Es ist das bisher einzige Mal, dass ich das Kollegium so herzlich vereint erlebe. Freut mich für die verstorbene Kollegin!

Der letzte Schultag verläuft vorschriftsmäßig: ab 8.30 h werden die SchülerInnen einer Klasse im viertelstündlichen Takt von ihren Klassenleitungen eingeladen, um das Zeugnis in Empfang zu nehmen und dann gehen sie nach Hause. Die KollegInnen schließen sich mittags an.

Pandemie und Pannenwirtschaft

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