Читать книгу Das grüne Auge - Katrine Marie Guldager - Страница 11
Das Pflegeheim in Dillingford
ОглавлениеAm Tag nach Thomas’ Ankunft statteten wir meiner Mutter einen Besuch ab, denn meine Mutter war von Thomas immer begeistert gewesen. Und sobald sie uns begrüßt und ihrer Begeisterung freien Lauf gelassen hat, besteht sie darauf, sich umzuziehen, und läßt Thomas und mich warten. Thomas schaut aus dem großen Fenster, hinter dem die Wolken immer dunkler werden. Er trommelt mit den Fingern auf den Tisch. Die Atmosphäre zwischen uns ist merkwürdig kühl. Mein Blick schweift an der Wand entlang und bleibt plötzlich an einem Foto hängen. Es ist dasselbe, das bei mir in Pinton an der Wand hängt. Es ist ein Porträt von Henrietta.
Wenn man sich, wie ich, daran gewöhnt hat, daß die eigene Mutter in praktischen Dingen immer hilfloser wird, kann es einen schon überraschen, wenn sie plötzlich auf eigene Faust handelt. Daher ist es nicht undenkbar, daß ein Anflug von Verwunderung in meiner Stimme liegt, als ich sie frage, warum sie das Bild von Henrietta aufgehängt hat. Sie kommt aus dem Badezimmer und hat ein hübsches gepunktetes Kleid mit langen Ärmeln angezogen. Sie schenkt uns vom Kaffee ein, den Thomas und ich aus dem sogenannten Gemeinschaftsraum mitgebracht haben. Sie hat sich einen Zigarillo angezündet und verteilt die Asche um sich her.
Ich habe dem Garten des Pflegeheims und der Esche den Rücken zugekehrt. Während ich die Kaffeetasse in der Hand halte, spüre ich, daß meine Hände zittern; die Tasse klirrt untrüglich. Aber weder meine Mutter noch Thomas bemerken es, denn das Thema Kanada nimmt ihre Konzentration vollständig in Anspruch. Meine Mutter macht keinen Hehl daraus, wie sehr sie sich freut, Thomas zu sehen; sie hat nie verstanden, warum wir uns haben scheiden lassen.
Während ich sie reden höre, kommt es mir auf einmal vor, als würde meine Mutter verschwinden, als löse sie sich in kleine Punkte auf. Ich bin fürchterlich erschrocken. Das Blut schießt in mein Gesicht.
»Hanna!« höre ich sie plötzlich sagen. »Geht es dir nicht gut?«
Ich versichere ihr, alles sei in Ordnung. Ich habe ihr immer noch nicht erzählt, daß ich auf die Bahamas reise. Sie ahnt auch nicht, warum Thomas hier ist. Sie sitzt genau unter dem Bild von Henrietta.