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Erbstreit im Hause des Propheten – Sunniten und Schiiten

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Mohammed starb, ohne einen männlichen Nachkommen zu hinterlassen. Ebenso wenig hatte er aus den Rängen seiner Getreuen den Mann bestimmt, der künftig die Geschicke der wachsenden Glaubensgemeinschaft lenken sollte. Wer aber sollte nun Kalif werden, der »Stellvertreter des Gesandten Gottes«, der als religiöses und weltlich-politisches Oberhaupt allen Muslimen vorstand? Aufgrund ihrer engen Beziehungen zu Mohammed und gemeinsamer Familienbande kamen vor allem zwei Getreue der ersten Stunde für die Nachfolge in Frage: Abu Bakr, Mohammeds Schwiegervater, und Ali ibn Abi Talib, Mohammeds Cousin und Schwiegersohn. Die Mehrheit der Muslime sprach sich für den erfahrenen Abu Bakr aus. Ali hatte das Nachsehen. Aus der nie verwundenen Niederlage im Erbstreit um die Nachfolge des Propheten entstand ein Riss in der jungen Glaubensgemeinschaft, der in der Folgezeit immer breiter wurde. Den ersten Nachfolgern Mohammeds, den sogenannten Wahlkalifen, gelang es zunächst noch, die unterschiedlichen Gruppierungen zusammenzuhalten. Der zweite Kalif, Omar, prägte den Titel »Herrscher der Gläubigen« (arab. amir al-muminin). Nachdem der dritte Wahlkalif, Othman, der aus den bisher ungeordneten Suren den Koran in seiner noch heute bekannten Form zusammengestellt hatte, im Jahre 656 ermordet worden war, sah Ali erneut seine Stunde gekommen. Obwohl er sich dieses Mal durchsetzte und endlich die langersehnte Nachfolge des Propheten antreten konnte, stand sein Kalifat auf tönernen Füßen.

Mu’awija, der mächtige Gouverneur von Syrien, war ein Verwandter des ermordeten Kalifen Othman. Er verweigerte Ali die Gefolgschaft. Auch Aischa, die einflussreiche Witwe Mohammeds, wandte sich gegen Ali. Die Machtkämpfe mündeten in einen Bürgerkrieg. Die Spaltung der muslimischen Gemeinschaft wurde unausweichlich, nachdem Ali im Jahre 661 mit einem vergifteten Schwert vor der Moschee von Kufa getötet worden war. In den Augen seiner Anhängerschaft, der schi’at Ali, waren allein seine Blutsverwandten oder die des Propheten rechtmäßige Kalifen. Die Schiiten betrachteten Alis Nachfolger, die sogenannten Imame, als einzig wahre, unfehlbare und von Allah rechtgeleitete Oberhäupter der Gemeinschaft aller Gläubigen. In der Folgezeit bildeten sich unterschiedliche Strömungen innerhalb der Schia aus. Im Mittelpunkt der jeweiligen Orientierung steht dabei die Überzeugung, dass ein bestimmter Imam der letzte anerkannte Nachfolger Alis sei. Unter anderem ist damit auch der Glaube an einen entrückten Imam verbunden, den Mahdi, der eines Tages wie ein Erlöser zurückkehrt. Die weitaus größte Gruppe der Muslime blieb jedoch dem Brauch (arab. Sunna) treu, wonach ein Kalif durch die Bestätigung der Gemeinschaft legitimiert wurde. So erkannten die Sunniten fortan Mu’awija als den einzig rechtmäßigen Kalifen an. Dieser begründete die Dynastie der Omaijaden, die bis zu ihrer Entmachtung durch die Abbasiden im Jahre 750 über den größten Teil der riesigen islamischen Welt herrschten.

Obwohl die Schiiten zu allen Zeiten eine Minderheit blieben, spielten sie in der islamischen Geschichte als Machtfaktor mitunter eine große Rolle. Allen voran wohl die Fatimiden, die von Ägypten aus zwischen dem Beginn des 10. und der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts das große Gebiet von Syrien bis nach Marokko beherrschten und einen eigenen Kalifen erhoben. Die meisten Schiiten leben heute im Iran und im Irak. Demographisch bedeutende Gruppen finden sich im Libanon, in Aserbaidschan, Afghanistan, Kuwait, Pakistan, Syrien, Indien und Saudi-Arabien. Die Angaben über ihren Anteil an der gesamten muslimischen Glaubensgemeinschaft schwanken stark und bewegen sich im Allgemeinen zwischen mindestens zehn bis höchstens 25 Prozent.

711 n. Chr. – Muslime in Europa!

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