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Was kommt in den Napf? Zwischen den Interessen der Futtermittelindustrie und den Hundebedürfnissen

Der Hundespeiseplan sorgt für Meinungsverschiedenheiten und hitzige, dogmatisch gefärbte Diskussionen. Bei meinen Recherchen habe ich Vertreter aller Glaubensrichtungen getroffen: Bio-Hersteller, die extrudiertes Trockenfutter anbieten, ganzheitlich – also auch alternativ – behandelnde Tierärzte, die große Futtermarken der berühmt-berüchtigten Weltkonzerne akzeptieren, vegane Manufakturen, die verstärkt auf synthetische Vitamine setzen, überzeugte Barfer, die das erbärmliche Leben der Nutztiere in der Massentierhaltung ausblenden, und solche, die veganes Hundefutter für ein großes Missverständnis halten.


Gesunder Menschenverstand hilft

Im Laufe meiner Recherche ist mir klar geworden, dass es verschiedene gute Möglichkeiten gibt, den eigenen Hund gesund, artgerecht und mit Respekt für Nutztiere zu ernähren. Deswegen möchte ich kein Konzept bevorzugen und keine Methode an den Pranger stellen. Stattdessen gebe ich sinnvolle Informationen weiter, die hoffentlich zum Nachdenken zwingen und im besten Fall eine Änderung der festgefahrenen Fütterungsgewohnheiten herbeiführen. Ich lasse Menschen zu Wort kommen, die sich seit Jahren mit der Thematik beschäftigen und den Mut haben, gegen den Strom der Weltkonzerne und der milliardenschweren Werbung zu schwimmen.

Die Futtermittel-Potentaten

Den heutigen Heimtierfuttermarkt teilen sich Ableger der riesigen Nahrungsmittel-Konzerne Mars und Nestlé. Nestlé mit Sitz in Vevey im Südwesten der Schweiz ist der größte Nahrungsmittel-Konzern der Welt. Nestlé betreibt 447 Produktionsstätten in 189 Ländern und beschäftigt insgesamt rund 335.000 Mitarbeiter. Zu der Nestlé-Familie gehören 19 verschiedene Hunde- und Katzenfuttermarken, darunter Beneful, Bonzo, Felix, Gourmet, Pro Plan, Purina und seit April 2017 auch Terra Canis.

Mars – bis 2007 noch als Masterfoods und im Bereich der Tiernahrung als Effem bekannt – mit Sitz in Tacoma (Washington) ist an 421 Standorten in 78 Ländern vertreten und beschäftigt 75.000 Mitarbeiter. Der Jahresumsatz 2016 betrug 35 Milliarden US-Dollar. Zu Mars gehören mehrere bekannte Hunde- und Katzenfuttermarken: Cesar, Chappi, Dreamies, Eukunaba, Frolic, Greenies, IAMS, James Wellbeloved, Kitekat, Loyal, Nutro, Pedigree, Perfect Fit, Royal Canin, Sheba Trill, Whiskas und Winergy.


Hundenapf – ein begehrtes Objekt für Unternehmen weltweit

Jährlich stecken beide Konzerne mehrere Milliarden Euro in die Werbung, um maximale Marktdurchdringung zu erreichen. Trotz vieler Skandale wegen Kinderarbeit auf den Kakaoplantagen an der Elfenbeinküste oder als Vorreiter der Wasserprivatisierung hat Nestlé nichts von seinen Umsätzen eingebüßt. Der Verbraucher hat die Macht dies zu ändern, indem er solche Produkte nicht mehr kauft.

Tierfutter: Zwischen Werbung und Wahrheit

Spätestens seit der Veröffentlichung des Schwarzbuchs Tierfutter von Hans-Ulrich Grimm24 müssen einem breiten Publikum die Praktiken der Futtermittel-Potentaten bekannt sein: Verwertung des Abfalls aus der eigenen Nahrungsmittelproduktion für Menschen, inklusive Tierkadaver, Schimmelpilz oder Frostschutzmittel, die im Hundefutter landen. Doch unabhängig von dem Einfallsreichtum der Tierfutterproduzenten – selbst die obskurste Praxis ist von solch aggressiver Medienpräsenz und Guerilla-Marketingmaßnahmen flankiert, dass jegliche Kritik verblasst und jeder noch so kritische Artikel in Vergessenheit gerät.

Trockenfutter am meisten gekauft

Im Jahr 2015 gehörte Trockenfutter für Hunde zu den meist gekauften Futtersorten25 in Deutschland. 45,4 Prozent der Hundehalter griffen zu extrudierten oder kaltgepressten Brocken. Zwei Jahre früher fiel der Anteil mit 47,3 Prozent noch höher aus. Nassfutter in Dosen oder Schalen wählten 2013 über 40,3 Prozent der Hundehalter und die Zahl blieb mit -0,3 Prozent auch zwei Jahre später beinahe konstant. Frischfleisch oder Selbstgekochtes berücksichtigte die Umfrage leider nicht, doch gerade diese Fütterungsmethoden gewinnen an Anhängern. Googelt man nach BARF26-Läden in Berlin, kommen mindestens 60 verschiedene Verkaufspunkte in allen Bezirken der Hauptstadt zum Vorschein. Auch Ernährungsberatungsangebote sprießen aus dem virtuellen Boden: Der Bedarf an Seminaren rund um den optimalen Inhalt des Hundenapfes scheint enorm zu sein. Um dieses Thema – neben der Hundeerziehung – werden auch die meisten verbalen Kämpfe ausgefochten.

Schlechte Wahl

Trockenfutter ist aufgrund seiner hoch temperierten Herstellungsmethoden, aber auch wegen der meist minderwertigen Bestandteile die schlechteste aller Fütterungsmöglichkeiten. Ich bin sicher, das Leben meiner geliebten Hündin Baba durch das – vermeintlich hochwertige und auch teure – Trockenfutter drastisch verkürzt zu haben. Es hat die rassetypischen Veranlagungen, die genetisch bedingten Schwächen ans Tageslicht befördert. Was mit Arthrose und Hüftdysplasie angefangen hat, endete im akuten Nieren- und Leberversagen. Hätte ich Baba klonen können, und den Klon komplett anders ernährt, hätte ich heute den medienwirksamen Beweis für die Schädlichkeit des Trockenfutters.

Die Nähe zur Natur zählt

Seitdem meine beiden Hündinnen frisches, industriell unverarbeitetes Futter bekommen – neben Wildfleisch und Knorpel auch Obst, Gemüse, vollwertige Kohlenhydrate sowie Kräuter und Öle – haben sie keine gesundheitlichen Probleme mehr. Nicht mit Ekzemen, nicht mit Allergien, nicht mit Gelenkschmerzen oder Durchfall. Je näher an der Natur, desto besser. In dieses undogmatische Fütterungskonzept gehören für mich auch regelmäßige vegetarische oder vegane Tage, an denen die Näpfe genauso inbrünstig ausgeleckt werden wie bei fleischhaltigen Mahlzeiten. Dazu gehört in meinen Augen auch ein möglichst langes, glückliches und stressfreies Leben der Nutz- oder auch Wildtiere, die später im Hundenapf landen. Einerseits aus Tierschutzgründen. Andererseits aber auch aus gesundheitlichen Gründen: Fleisch, das mit Antibiotika, Anabolika und Stresshormonen zersetzt ist und anschließend noch eine industrielle Verarbeitung erfährt, kann nicht gesund sein. Das sagt mir meine innere Stimme, mein antibiotikafreier, gesunder Menschenverstand. Und Ärzte betonen: Zu viel Fleisch – auch unbelastetes – kann wegen Übereiweißung auch schnell krank machen.

Insekten: Nahrung der Zukunft?

Auch die Umweltbelastung durch den hohen Fleischgehalt im Tierfutter spielt eine große Rolle. Während der Mensch im Schnitt 60 Kilogramm Fleisch pro Jahr verzehrt, landen im Napf eines mittelgroßen Hundes stolze 164 Kilo. Ein neuer kulinarischer Trend könnte den tiefen ökologischen Fußabdruck, den Hunde (und Katzen) hinterlassen, deutlich reduzieren: Insekten. Die kleinen Tierchen leben minimalistisch und kommen mit wenig aus: Sie können sich von Agrarabfällen und Lebensmittelresten ernähren, brauchen kaum Wasser und sehr wenig Platz. Für ein Kilogramm Insektenprotein benötigt man einen Quadratmeter und etwa acht Liter Wasser – gegenüber 15.000 Liter Wasser, die die Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch verbraucht. Insekten produzieren über 90 % Treibhausgase weniger als Schweine oder Rinder und lieben es kuschelig: Hier ist Massentierhaltung wirklich artgerecht. Auch ernährungstechnisch sind sie konkurrenzfähig: Sie liefern hochwertiges Eiweiß, etwa 150-fache Menge an Protein im Vergleich zu Soja und darüber hinaus auch viele Vitamine und Aminosäuren. Larven der Schwarzen Soldatenfliege beispielsweise enthalten bei gleichem Gewichtsanteil mehr Eiweiß, mehr Kalzium und mehr Eisen als jedes andere Fleisch und haben genauso viel essentielles Vitamin B12. Das Potenzial der Krabbler haben mittlerweile mehrere Firmen erkannt: Im Handel gibt es neben insektenbasiertem Nass- und Trockenfutter auch eine breite Auswahl von Hundekeksen und Leckerli.

Dose, Glas oder Tüte?

Denkt man etwas globaler, so ist nicht nur der Inhalt des Hundenapfes, sondern auch die Verpackung von ökologischer Relevanz. Selbstverständlich wäre wohl ein mehrfach verwendbares Behältnis am sinnvollsten, leider ist das weder im Falle von Dosen oder Gläsern noch im Falle von Kunststoff-Hüllen realisierbar. Doch welche Futterverpackung hat die beste Ökobilanz? Studien, die sich speziell mit Hundefutterverpackungen und den besonderen produktbezogenen Funktionalitäten beschäftigen, gibt es offenbar nicht. Nach Auskunft des Umweltbundesamts kann man lediglich auf allgemeine Erfahrungen mit Verpackungen zurückgreifen. "Aus unserer Sicht empfehlen wir, zunächst zum Zweck der Vermeidung von Abfällen, einfache Verpackungen27 aus wiederverwendbarem Monomaterial zu verwenden", erklärt Dr. Petra Weißhaupt vom Umweltbundesamt. Dies wäre in allen drei genannten Verpackungen der Fall: Dose, Glas und Tüte. "Glas ist einerseits schwer und benötigt gegenüber Folie mehr Energie bei der Herstellung. Aluminium ist wiederum leichter als Glas, hat jedoch eine deutlich höhere Energieintensität. Bezüglich der verwendeten Beispielmaterialien ist zu erwarten, dass die Folie ökobilanziell am besten abschneidet, da sie einerseits leicht und materialsparend ist und andererseits eine vergleichsweise geringe Energieintensität aufweist. Grundsätzlich sind in abfallwirtschaftlichen Ökobilanzen die Entsorgungswege mit zu betrachten. Zudem ist es ökologisch vorteilhaft, durch den Kauf regionaler Produkte lange Vertriebs- und Transportwege zu verhindern.


Anke Jobi führt nicht nur einen Blog zum Thema Hundeernährung, sondern hat auch ein Buch herausgegeben.

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