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Wählt Guy Debord

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»Was macht ihr auf meiner Brücke?«, fragt uns der Vorsitzende der PARTEI Martin Sonneborn, als wir über die Admiralbrücke gehen. »Wir müssen nur schnell was erledigen und kommen dann wieder zurück«, antworte ich. Das ist zwar keine Antwort auf seine Frage, aber die habe ich auch nicht verstanden.

Martin Sonneborn nickt freundlich und grinst chinesisch wie immer. Ein paar Meter weiter sagt mir Nadja, was Sonneborn wirklich gesagt hat. Daraufhin finde ich meine Antwort gar nicht so schlecht, denn ich mag es, wenn Leute aneinander vorbeireden.

Martin Sonneborn hat mit seiner PARTEI auf der Admiralbrücke plakatiert, z.B.: »[kriminelle] Touristen raus«. Warum eigentlich nur die kriminellen, frage ich mich? Nicht, dass ich etwas gegen Touristen habe. Einige meiner besten Freunde sind Touristen, zum Beispiel ich. Aber die reichen mir auch schon. Die ganzen anderen müssen jetzt nicht unbedingt sein!

Die Touristen stört das Plakat nicht. Nicht einmal die kriminellen Touristen. Sie haben sich auf Decken niedergelassen, machen Picknick und spielen Karten. Sie lassen sich durch nichts stören, auch nicht von den Plakaten der Grünen, auf denen sich jeweils ein Gesicht und ein Name befindet, wobei weder das eine noch das andere so beschaffen ist, dass man sie sich merken würde.


Dennoch gibt es Menschen, die sich daran stören, und zwar eine Gruppe, die es schon lange nicht mehr gibt und die auch nicht in Berlin, sondern in Paris zu Hause war: die Situationistische Internationale. Ihr Anführer hieß Guy Debord und hat nie im Leben gewählt, weil er für Räte war und gegen die Delegierung von Macht. Jetzt ist die SI wieder auferstanden und überklebt die Grünenplakate mit »Wählt Guy Debord«. Den Touristen fällt das nicht auf. Nicht mal den französischen. Den Einheimischen aber auch nicht.

Ich hingegen finde das so aufregend, dass ich nach Hause eile, um meine Digitalkamera zu holen, um dieses Dokument festzuhalten. Dann gehe ich weiter in die Admiralstraße, wo die PARTEI bei der kpd/rz ihr Wahlbüro aufgemacht hat, um zu fragen, ob ich schon mal meine Stimme abgeben kann. Aber das Büro hat zu. Es hängen nur ein paar Plakate am Schaufenster. Vier PAR­TEI-Abgeordnete, die in Berliner Hinterhofecken strullen.

Guy Debord hätte das gefallen. Vielleicht aber auch nicht. Man kann ihn leider nicht mehr fragen. Er ist seit 1994 tot.

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