Читать книгу HIPPIES, PRINZEN UND ANDERE KÜNSTLER - Klaus Hübner - Страница 17
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Ausgelöscht. Hans Joachim Schädlich erinnert an Felix und Felka
Die Politik wurde sein Lebensthema, und sie blieb es bis heute. Nun konfrontiert uns der bald dreiundachtzigjährige Hans Joachim Schädlich mit einem Schicksal aus der Nazizeit: der traurigen und beschämenden Exilgeschichte des bedeutenden, inzwischen mehrfach wiederentdeckten Malers Felix Nussbaum und seiner fünf Jahre älteren Lebensgefährtin, der polnisch-deutschen Malerin Felka Platek. Beide kamen 1944 in Auschwitz ums Leben.
Elf Jahre zuvor, im Mai 1933, genießt das Künstlerpaar seinen Aufenthalt in der römischen Villa Massimo, bis sie ein tätlicher Angriff eines Kollegen daran erinnert, was die Stunde geschlagen hat. Zurück nach Deutschland können sie nicht mehr, und so ziehen Felix und Felka von einem Ort zum anderen – nach Alassio und in die Nähe von Rapallo an der Riviera, nach Ostende, wo der verehrte James Ensor malt, nach Brüssel-Molenbeek. »Ein Leben aus den Koffern«, sagt Felix.
Die Nachrichten aus dem Reich sind deprimierend. Nach Palästina wollen sie nicht, obwohl ihnen dringend geraten wird, dieses Europa zu verlassen. Man trifft hilfsbereite Nachbarn, ja – aber das Klima ist schon überall vergiftet, Emigranten gegenüber sind die Beamten äußerst misstrauisch.
Dann 1939. »Was ist mit meinen Eltern?«, fragt Felka. »Vom ersten Kriegstag an haben die Deutschen Warschau bombardiert. Die ganze Stadt brennt.« Felix, zunächst noch illegal im Mansardenversteck, wird verhaftet – ein feindlicher Ausländer in Belgien. Das Ende: SS-Sammellager Mechelen, Transport in den Osten.
Wie Hans Joachim Schädlich die Angst einfängt, das Nicht-Glauben-Wollen, die Erschütterung jeglichen Weltvertrauens – das ist nicht anders als meisterlich zu nennen. Er montiert genau so viel Zeitgeschichte in seinen Text, wie es zum Verständnis erforderlich ist. Mehr nicht. Es sind pointierte, knappe, in ihrer Lakonie bestürzende Momentbilder, die den Leser unmittelbar packen. Die Wirkung von Felix und Felka beschreibt schon Lessing: »Wer über gewisse Dinge den Verstand nicht verliert, der hat keinen zu verlieren.«
Hans Joachim Schädlich: Felix und Felka. Reinbek 2018: Rowohlt Verlag. 203 S.