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Als wir Raju am nächsten Tag abholten, kam er uns schon von weitem entgegen. Um ihn war ein kleiner Tross von Bekannten, die uns neugierig musterten. Es waren Jungen verschiedenen Alters, welche die Tatsache, dass wir mit Raju Kontakt hatten, ziemlich lustig fanden. Diese Szene wiederum hatte zur Folge, dass andere Passanten anhielten und wissen wollten, warum der kleine Straßenjunge mit uns Europäern verhandelte. Manche glaubten, wir seien bedroht und boten uns an, die Polizei zu benachrichtigen. Bald bildete sich eine so große Menschenansammlung um unseren Wagen, dass wir zum Verkehrshindernis wurden.

Wir nutzten die Gelegenheit dazu, einen Mann, den wir schon an den beiden vorangehenden Tagen in Rajus Umgebung gesehen hatten, ein wenig nach ihm auszufragen. Er konnte einigermaßen Englisch und war offenbar mit Rajus Verhältnissen vertraut. Auch er gab an, dass der Junge ohne Eltern sei. Er habe weder Verwandte noch andere Bezugspersonen, sondern lebe selbständig auf der Straße. Über seine Eltern könne er nichts Näheres sagen. Wahrscheinlich habe Raju sie einfach verloren. Das Kind lebe auf der Mount Road gemeinsam mit den Jungen, die sich hier versammelt hätten. Nachts schlafe er mit ihnen auf der Veranda des Palls Hotel, einem Restaurant, welches sich in einer Seitenstraße der Mount Road befinde. Im Übrigen schlage er sich mit Betteln, Wagenwaschen und sonstigen kleinen Dienstleistungen durch. Wir könnten ihn unbesorgt mit nach Hause nehmen, denn er sei ein guter Junge.

Auf dem Weg zu unserer Wohnung machten wir an einigen Marktständen halt, um etwas Obst und Gemüse einzukaufen. Als Raju feststellte, welche Preise man uns hierbei abverlangte, bedeutete er uns, wir sollten etwas abseits warten, er werde für uns einkaufen. Nach kurzer Zeit kam er mit Mangos, Bananen und Tomaten zurück, die er für einen Preis erstanden hatte, den wir selbst bei zähestem Verhandeln niemals hätten erzielen können.

Nach dem Einkauf hatten wir eine verkehrsreiche Straße zu überqueren. Raju meinte, wir hätten nicht aufgepasst. Daher zog er uns mit Vehemenz vor einem herannahenden Bus zurück. Dann nahm er uns an der Hand und führte uns behutsam durch das typische indische Durcheinander aller möglicher Vehikel auf die andere Straßenseite.

Zu Hause angekommen ging Raju unaufgefordert unter die Dusche. Anschließend inspizierte er die gesamte Wohnung. Aus dem Nachbarhaus kamen die Diener von Mr. D. vorbei und stellten viele Fragen. Raju war sehr gesprächig und unterhielt sich lange mit ihnen. Gestik und Mimik zeigten einen jungen Mann, der selbstbewusst Rede und Antwort stand. Zu gern hätten wir gewusst, was hierbei verhandelt wurde. Als später Mr. D. selbst mit skeptisch-distanzierter Miene vorbeischaute und ebenfalls Fragen stellte, war Raju ziemlich einsilbig.

An diesem Tag begannen wir, ausgehend von den Tischutensilien, Raju Englisch beizubringen. Er erfasste schnell und hatte ein offensichtliches Vergnügen daran, die neuen Worte zu benutzen. Auch dieser Nachmittag war außerordentlich amüsant. Raju imitierte Affen so gut, dass wir uns vor Lachen kaum zu halten vermochten. Abends brachten wir ihn wieder auf die Mount Road, nicht ohne einen neuen Termin für den nächsten Tag ausgemacht zu haben.

No Mummy, No Papi

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