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Itinerarium oder (Pilger-)Reise des hervorragenden Doktors der Artes und der Medizin, Hieronymus Münzer Münzer, Hieronymus (†1508) Nürnberger Humanist aus Feldkirch Feldkirch, Ort , Bürger von Nürnberg Nürnberg, Ort

Der Herr sei mein Helfer

Jesus Christus Jesus Christus

I. Von NürnbergNürnberg, Ort nach PerpignanPerpignan, Ort


Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 431, fol. 97r

Vorwort des Doktors Hieronymus MünzerMünzer, Hieronymus (†1508) Nürnberger Humanist aus NürnbergNürnberg, Ort zu seinem Itinerarium und seiner Pilgerfahrt, die er zur Zeit der Pest 1 im Jahre des Heils 1494 nach SpanienSpanien, L., GallienFrankreich, L. und ganz Westeuropa unternahm.

Ich glaube mit AristotelesAristoteles († 322 v. Chr.), griechischer Philosoph, dass der Mensch die Intelligenz und eine natürliche Fähigkeit besitzt, sich der Suche nach der Wahrheit zu widmen. Ich glaube auch, dass, wenn sein Geist frei von allen häuslichen Sorgen und allen verpflichtenden Aufgaben ist, er alle Dinge hören und lernen kann; durch die Kenntnis der verborgenen Wahrheiten und der Wunder der Natur wird er zu einem würdigen und glücklichen Leben geführt werden. Und mit diesem Verlangen danach, die Wahrheit zu erkennen, ist die Größe des Geistes verbunden: Durch sie (die Größe) konnte er, so weit wie möglich, Unsterblichkeit erlangen. Deshalb wollten so viele Menschen Geschichte schreiben, Reisen zu Land und zu Wasser unternehmen, die Lage der Orte untersuchen und, was das eigene einer edlen und erhobenen Seele ist, die Menschen verschiedener Nationen kennenlernen, ihre Sitten sehen und dies im Gedächtnis behalten. Ähnliche Forschungen haben PlatonPlaton († 348/47 v. Chr.), griechischer Philosoph, PythagorasPythagoras von Samos († 497/96v. Chr.) griechischer Philosoph, die Pompeii, die Fabricii, die Cäsaren, SertoriusQ. Sertorius († 73 v. Chr), röm. Politiker und Feldherr und die Christen HieronymusHieronymus (†419/20) Hl., Kirchenvater, AugustinusAurelius Augustinus Hl., Kirchenvater, Bf. von Hippo (395–430), AntoniusAntonius der Große (†356), Hl., Mönch, AegidiusAegidius von Saint-Gilles/Egidius aus Athen († 720/26), Hl. aus AthenAthen, Ort und andere in unzähliger Zahl vorgenommen2.

So haben mich alle diese hochbekannten Männer eingeladen, meinen Vorsatz auszuführen. Schon im sechsten Jahr meines Doktorates an der medizinischen Fakultät zu PaviaPavia, Ort kam es dazu, als in der schönen Handelsstadt NürnbergNürnberg, Ort in Oberdeutschland eine Epidemie ausbrach. Ich verdanke es meinem Glück und meinen medizinischen Kenntnissen, die Gesundheit bewahrt zu haben. Es war im Jahr des Heiles 14843. Ich fürchtete die Ansteckung und begriff schnell, dass, wer nicht ihre Nähe sucht, weder im Krieg noch durch die Pest stirbt. So beschloss ich zu fliehen, um nicht durch Nachlässigkeit das Leben zu verlieren; im September desselben Jahres verließ ich NürnbergNürnberg, Ort und erreichte das schwäbische GebietSchwaben, L. DeutschlandsDeutschland, L.. Nachdem ich die AlpenAlpen, Gebirge überquert hatte, durch die ItalienItalien, L. von DeutschlandDeutschland, L. getrennt wird, kam ich in die Ebene von MailandMailand, Ort. Von dort ging es nach GenuaGenua, Ort, dem edlen Hafen LiguriensLigurien, L., ich machte einen Umweg über Pavia, PiacenzaPiacenza, Ort, ParmaParma, Ort, CremonaCremona, Ort, ModenaModena, Ort, BolognaBologna, Ort, FlorenzFlorenz, Ort, SienaSiena, Ort, ViterboViterbo, Ort und gelangte nach RomRom, Ort, der Herrin des ganzen Erdkreises. Dort blieb ich einige Tage und sah VelletriVelletri, Ort, TerracinaTerracina, Ort, die Grafschaft FondiFondi, Ort, GaetaGaeta, Ort, CapuaCapua, Ort; schließlich kam ich nach NeapelNeapel, Ort. Wieviel Freude bereitete es mir, im Verlauf dieser Reise hochgelehrte Menschen zu treffen und zu hören, zudem die Orte der Heiligen zu besichtigen! Mich begeisterten die Umgänglichkeit der Leute, die Monumente der Väter, die Fruchtbarkeit des Bodens, der Glanz der Städte, um es mit einem Wort zu sagen, der Anblick des Paradieses, aber es ist jetzt nicht an der Zeit, davon zu erzählen. Auf dem Rückweg schlug ich einen anderen Weg ein, über die Marken, AnconaAncona, Ort, PesaroPesaro, Ort, RiminiRimini, Ort, RavennaRavenna, Ort, FaenzaFaenza, Ort, ImolaImola, Ort, FerraraFerrara, Ort, PaduaPadua, Ort, VenedigVenedig, Ort; dann kehrte ich über VicenzaVincenza, Ort, VeronaVerona, Ort, BrixenBrixen, Ort, BergamoBergamo, Ort und ComoComo, Ort zurück. Nach Überquerung des dort gelegenen Sees ging ich über Alpenpässe und die Quellen des RheinesRhein, Fluß bis nach DeutschlandDeutschland, L. zurück, wo ich am 24. Januar im Jahre des Heils 1485 NürnbergNürnberg, Ort erreichte, gesund und unbeschadet, und meine Frau, meine Familie und mein ganzes Haus wohlbehalten vorfand.

Ende der ersten Fahrt.

Es folgt das zweite Itinerarium.

Später, im Jahre des Heils 1494, als eine neue Pestwelle ausbrach, wollte ich zum alten Heilmittel der Flucht greifen; erneut dachte ich daran, mir ein paar aufrichtige junge Männer auszuwählen, Söhne wohlhabender Kaufleute, welche in der italischen und gallischen Sprache bewandert waren: Antonius HerwartHerwart, Anton (Antonius) (†1504), Augsburger Kaufmann, Ritter des Hl. Grabes aus AugsburgAugsburg, Ort, Kaspar FischerFischer, Kaspar († 1517), Nürnberger Kaufmann und Nikolaus WolkensteinWolkenstein, Nikolaus I. (Niklas) (†1513/15), Nürnberger Kaufmann, sie wählte ich zu meinen Reisebegleitern4.

Am zweiten August des genannten Jahres verließ ich NürnbergNürnberg, Ort und durchquerte in SchwabenSchwaben, L. die großartigen Städte NördlingenNördlingen, Ort, UlmUlm, Ort, BiberachBiberach, Ort, RavensburgRavensburg, Ort sowie KonstanzKonstanz, Ort, das wegen des Konzils Martins V.Martin V. / Oddo Colonna, Papst (1417–1431) und Kaiser SigismundsSigismund, Kg. von Ungarn (1387–1437), Kg. von Böhmen (1419–1437), röm.-dt. Kg. (1410/11–1437), Ks. (1433–1437) bekannt ist5. Sodann kam ich durch die Gegend der Schweizer und Orte wie Duregum, heute ZürichZürich, Ort, bei einer Eremitensiedlung an die Schwellen der Jungfrau MariaMaria / Maryam, Hl., bibl. Gestalt, Mutter Jesu Christi6. Dann ging es über die heißen Quellen in BadenBaden, Ort zu den Ufern des LimatflussesLimmat, Fluß, dort wuschen wir uns, danach richteten wir unsere Schritte zur uralten Stadt SoloturnSolothurn, Ort und nach BernBern, Ort, den wichtigsten Städten der Schweizer. Nachdem wir die Schweizer Republik des Volkes in Augenschein genommen hatten, verließen wir deutsches Gebiet und nahmen Kurs auf ein Städtchen namens MurtenMurten, Ort, das durch die Niederlage des Herzogs Karl von BurgundKarl der Kühne, Hzg. von Burgund (1467–1477) bekannt ist7. Welches Morden an Menschen dort vollzogen wurde! Mehr als 24 tausend Menschen aus dem Heer des burgundischen HerzogesKarl der Kühne, Hzg. von Burgund (1467–1477) und seiner Anhänger starben durch die Niederlage gegen die Liga der Schweizer und das aufgebrachte Volk. Es wäre unglaublich, von diesem Ereignis zu erzählen, denn man müsste sich die vielen Knochen getöteter Gegner anschauen, was ich weiter unten ein wenig geschildert habe8.

Nachdem ich nun das Bild des Todes so vieler christlicher Menschen gesehen hatte, bewegten wir unsere Schritte in Richtung FreiburgFreiburg, Ort, der Stadt der Allobroger, dort wurde einstmals die gallische Sprache, nun jedoch größtenteils die deutsche benutzt9. Erneut ritten wir durch waldige Schluchten zur ersten Stadt der Allobroger, LausanneLausanne, Ort, das mit einem Bischofssitz geziert ist; und an den Ufern des Genfer SeesGenfer See kamen wir nach 9 weiteren Meilen zur uralten Stadt GenfGenf, Ort, bekannte Handelsstätte der Allobroger und ausgezeichnet durch die Wundertaten vieler Heiliger, einstmals von GenabusGenabus, einem Exilierten aus NumantiaNumantia, Ort in SpanienSpanien, L., gegründet, wie du im Folgenden genauer erkennen wirst. In diesem Herzogtum SavoyenSavoyen, L. hat nun ChristopherusChristopherus, laut Münzer Hzg. von Savoyen als Herzog SavoyensSavoyen, L. die Herrschaft inne, er ist mit AnnaAnna, Tochter des Königs Maximilian I., einer Tochter des Königs MaximilianMaximilian I., röm.- dt. Kg. (1486–1519), Ks. (1508– 1519), ehelich verbunden, die vorher vom Sohn des Königs von Spanien geheiratet wurde10.

Ich habe aber, soweit es die Gelegenheit erlaubte, über wichtigere Orte geschrieben und Sitten und Gebräuche der Völker: in der Gallia LugdunensisGallia Lugdunensis, röm. Provinz., der NarbonensisGallia Narbonensis, röm. Provinz und in ganz SpanienSpanien, L. wie in der Grafschaft BarcelonaBarcelona, Ort, im Reich ValenciaValencia, Ort, GranadaGranada, Ort, KastilienKastilien, L., AragonAragón, L., NavarraNavarra, L., GallienFrankreich, L., AquitanienAquitanien, L., BelgienBelgien, L., (Gallia Belgica) röm. Provinz, in der NormandieNormandie, L., der PicardiePicardie, L., und in Niederdeutschland bis zur Stadt am RheinRhein, Fluß in Oberdeutschland11, wie Du im Folgenden sehen wirst.

Jesus ChristusJesus Christus 1495 (1494), 21. August, Genf Genf, Ort

Es ist der Ort der Allobroger, früher nannte man ihn „Genf“; Genf, Ort

ihn schmückt ein See mit Wasser klarer als Kristall.

Diesen See durchbrechen in seiner Mitte die reinsten Wasser der Rhône,

Rhône, Flußder Sturzbach der Arve und die Berge von Leman.Genfer SeeBerge von Leman

G. Julius Caesar († 44 v. Chr.), röm. Staatsmann und DiktatorNumantia, OrtAls Cäsar die Helvetier angriff, und diejenigen Völker, die gegen die Römer rebellierten, P. Cornelius Scipio Aemilianus Africanus minor Numantinus († 129 v. Chr.), röm. Politiker und Feldherr da hielt er sich in dieser Stadt auf.

Dort ließ er eine Rhône-Brücke wiederherstellen und den Göttern ehrwürdige Tempel errichten.

Nach dem Sieg Scipios über Numantia gründete diese (Stadt) ein Spanier namens Genabus:

Jener hatte Numantia verlassen und ihr dann seinen eigenen Namen „Genf“ gegeben.

Dies schreibt Frontonius Frontonius in seinen Epigrammen über die Städte 12

Die am weitesten entfernte Stadt der Allobroger ist Genf.

Dort führt eine Brücke hinüber zu den Schweizern, unter der vom Genfer See her die Rhône fließt.

Dies schreibt CäsarG. Julius Caesar († 44 v. Chr.), röm. Staatsmann und Diktator in seinen Commentarii13.

Die Ruinen der Stadt der Helvetier scheinen heute jenseits des Schlosses von BielBiel, Ort zu liegen, wo sich drei sehr bekannte Seen treffen: der von NeuchâtelNeuenburger See / Lac de Neuchâtel, der von BielBieler See / Lac de Bienne und der von MurtenMurtensee / Lac de MoratMurten, Ort. Heute sind SolothurnSolothurn, Ort, BernBern, Ort und FreiburgFreiburg, Ort die Metropolen der Helvetier. Solothurn ist eine Stadt mit einem sehr alten Turm, und dort steht geschrieben, dass dieser 450 Jahre vor Christi Geburt errichtet wurde.

Der Reisebericht des Hieronymus Münzer

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