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Epitaph des heiligen PetrusPeter von Luxemburg / Peter von Lützelburg (Petrus) († 1386/87), Hl., Bf. von Metz (1384–1385)‘ von Lützelburg in Avignon Avignon, Ort

In diesem Tempel wird verehrt und zugleich bedeckt goldene Tugend:

Der berühmte Spross aus dem Hause Luxemburg, ein überaus glanzvoller Lohn.

Petrus († um 64), Apostel, Hl.Auf Erden einmaliger Ruhm wird mit sterblicher Hülle in den Himmel überführt,

und für seine Verdienste durch Petrus in das Himmelreich erhoben.

Im Jahr Tausend, füge dreihundert, achtzig und sieben hinzu, wurde er begraben:

Durch seine großartigen Wunder mächtig erfährt er jedes Jahr am fünften Juli Verehrung durch das Volk.

Wir verließen AvignonAvignon, Ort am 6. September, durchquerten eine sehr schöne Ebene und gelangten dann über den schiffbaren Fluss IsèreIsère, Fluß1 an Berglandschaften, Tälern und fruchtbaren Ebenen vorbei zur Stadt AixAix-en-Provence, Ort(-en-Provence), einst für ihr Thermalwasser bekannt. Jetzt im Sommer ist der Ort allerdings seiner heißen Quellen vollkommen beraubt, im Winter hingegen wird er von genug heißem Wasser bewässert. Der Ort ist mit zugerichteten Quadersteinen sehr vornehm erbaut; in den Ebenen sind Weinstöcke und anderes in großer Zahl vorhanden, die Stadt ist mit einem Bischofssitz ausgezeichnet. Patron der KathedraleAix-en-provence, OrtCathédrale Saint Sauveur, K. ist der Welterlöser (Salvator Mundi); dort ruht inmitten der Leichname der Heiligen unter anderem derjenige des heiligen MaximinMaximin, Hl., Bf. von Trier (329–346), des Bekenners der seligen MagdalenaMaria Magdalena, Hl.: Er ist mit einem wunderschönen silbernen Gewand geschmückt. Ebenso befindet sich dort das ausgezeichnete Grab des Königs René von SizilienRené I. von Anjou, Gf. der Provence (1433–1480), Kg. von Neapel und Jerusalem (1435–1480)2 und einige weitere Dinge.

Am achten September kamen wir nach Saint-MaximinSaint-Maximin-la-Sainte-Baume, Ort, ein Kastell, das ehemals Villa lata genannt wurde; dort hörten wir frühmorgens im ehrwürdigen Kloster der PredigerbrüderSaint-Maximin-la-Sainte-Baume, OrtSaint-Maximin, Kl.3 eine Messe und sahen rasch die Reliquien, zunächst den rechten Arm und das Schienbein des ergebensten Bischofs MaximinMaximin, Hl., Bf. von Trier (329–346); ebenso den Kopf eines Blinden, der von Gott geheilt wurde, auch das Haupt der heiligen SusannaSusanna, Hl., Schwester des Hl. Maximin, der Schwester des heiligen Maximin, die Haare, mit denen sie (gemeint MagdalenaMaria Magdalena, Hl.) ChristusJesus Christus berührte und trocknete, sie sind unvergänglich und in der Farbe eines reifen Hafers.

An einem gegenüberliegenden Ort jedoch, rechts des Altares, wurden uns der Arm der heiligen Maria MagdalenaMaria Magdalena, Hl. und andere Reliquien gezeigt. Schließlich kamen wir aus dem Chor in die KapelleSaint-Maximin-la-Sainte-Baume, OrtSainte-Marie-Madeleine, K. des heiligen MaximinMaximin, Hl., Bf. von Trier (329–346). Es ist die Stelle, wo vor dem Steinaltar Maria Magdalena, nachdem sie den Leib des Herrn empfangen hatte, in dessen Armen ihren Geist aushauchte. Wir sahen ihr Grabmal bei demjenigen des heiligen Maximin und ebenso weitere sehenswerte Gräber4. Schließlich erblickten wir an einem Ort, der durch Stangen und anderes gesichert war, das Haupt der heiligen Magdalena, das mit einem Tuch aus Gold und Silber bedeckt war. Es ist schrecklich, dieses Gesicht anzusehen, am vorderen Teil des Schädels, auf der linken Seite, kleben ein wenig Fleisch und Haare am Knochen. An dieser Stelle freilich hat ChristusJesus Christus sie nach seiner Auferstehung mit seinem verklärten Leib berührt und gesagt: Noli me tangere5. Erhalten ist dort auch der untere Kinnknochen. All dies ist bewunderns- und staunenswert! Ich glaube nicht, dass man auf dem ganzen Erdkreis etwas finden wird, was dem göttlichen Wirken im katholischen Glauben derart ähnelt. Je länger man es betrachtet, desto mehr fühlt man sich von einem ungeahnten Geist entflammt!

Wir sahen auch eine kleine Glasampulle, in der sich mit dem Blut des Herrn getränkter Sand befindet, den die heilige MagdalenaMaria Magdalena, Hl. aufsammelte; immer am Freitag beginnt dieser Sand zu kochen und das Glas mit einer blutroten Farbe zu füllen. Dies ist ohne Zweifel ein sehr großes Wunder. Noch am selben Tag verließen wir das Kastell Saint-MaximinSaint-Maximin-la-Sainte-Baume, Ort über eine schlecht ausgebaute und steile Straße, 35 Meilen weit bis zu einem Ort, wo sie BußeSaint-Maximin-la-Sainte-Baume, OrtSaint Pilon, Berg tat. Unter den übrigen Bergen sticht dieser hervor. Sein Gipfel reicht bis zu den Wolken, und am unteren Ende des Abhangs, innerhalb des Berges nehmen eine Höhle und KryptaSaint-Maximin-la-Sainte-Baume, OrtGrotte de la Sainte Baume großen Raum ein. In dieser Krypta leistete die heilige Magdalena auf einem harten Felsen zweiunddreißig Jahre lang Buße: Jeden Tag wurde sie von Engeln siebenmal über den Abgrund erhoben und durch göttlichen Nektar genährt. Am Ort dieser Krypta steht heute ein Kloster des DominikanerordensSaint-Maximin-la-Sainte-Baume, OrtSainte-Baume, Kl., das mit bewundernswerter Technik am Abgrund des Tals erbaut wurde.

Dorthin werden regelmäßig Brüder aus dem Ort Saint-MaximinSaint-Maximin-la-Sainte-Baume, Ort geschickt, die Tag und Nacht Lobgesänge auf Gott und die heilige MagdalenaMaria Magdalena, Hl. anstimmen; sie empfingen uns als Pilger in ihrem Hospiz und teilten freizügig. Unter ihnen war ein Deutscher aus FreiburgFreiburg, Ort, ein wirklich frommer Priester, der mit uns die sehr lange und noch dazu harte Straße bis zum Gipfel des Berges emporstieg. Dort konnten wir bei einer Kapelle mit dreimaligem Umlaufen Ablässe erwerben, derer wir hoffentlich teilhaftig wurden. Im Kloster hinter dem Hauptaltar gibt es ein äußerst weiches und für die Gegend eiskaltes Wasser. Die Lage des Ortes verweist nach Norden, so dass, wenn die Sonne unter winterlichen Bedingungen scheint, Wolken, heftige Regenfälle und Schnee den Berg heimsuchen. Dennoch nehmen diejenigen, die dort bleiben, dies alles aus Liebe zur heiligen Maria Magdalena auf sich.

Am Fuß des Berges gibt es einen geradezu riesigen Wald. Er ist reich an Buchen, Eichen, ebenso an Eiben, Wacholder und Tamarisken. Die Stümpfe dieser Bäume sind so groß, dass sie von den Armen eines einzelnen Mannes nicht umschlossen werden können; so etwas habe ich in DeutschlandDeutschland, L. noch nirgendwo gesehen.

Gebet zur heiligen Maria Magdalena Maria Magdalena, Hl.

Sanfte Freundin Gottes, neige Dich unseren Tränen zu,

und erhöre unsere demütigen Bitten, sorge für unser Wohlergehen!

Denn das vermagst Du. In der Tat ist es für Dich unstatthaft vergeblich zu berühren,

mit Deinen Tränen kannst du die heiligen Füße benetzen,

und sie mit strahlend glänzenden Haaren trocknen, die Sohlen darfst Du küssen,

über dem Haupt des Herrn kostbaren Duft verbreiten.

Im Moment seiner Wiederauferstehung warst Du die erste, der es gewährt war,

ihn zu treffen, seine Worte zu hören und seine Glieder zu betrachten.

Sie (die Glieder) werden von unsterblicher Herrlichkeit sein und für alle Zeiten leuchten.

ChristusJesus Christus, König oben im Götterhimmel, gab nicht vergebens:

Dieser hatte sie am Kreuze stehen sehen, jene ihn,

den weder das schreckliche Foltern durch Judenhand

noch die Anschuldigungen und Beleidigungen der aufgebrachten Menschenmenge

– und auch nicht solche Äußerungen, die Schlägen gleichkamen – ängstigten.

Doch er, tief betrübt und unerschrocken zugleich, sah,

wie sie die blutbeschmierten Nägel mit ihren Fingern betastete und die Wunden mit ihren Tränen benetzte,

wie sie mit ihren Fäusten fest auf seine fahle Brust schlug,

und mit ihren Händen rücksichtslos die bleichen Haare ausrupfte.

Und ich wiederhole: er hat das alles gesehen,

während die treuen Seelen seiner Gefolgschaft ängstlich auseinandergelaufen waren.

Daran hat er sich also erinnert, als er sich vor allen anderen zuerst nach Dir umsah,

Dir allein offenbarte er sich schon früher.

Du bist es auch, die er, als er dem irdischen Reich entschwunden und zu den Gestirnen zurückgekehrt war,

unter diesem Felsen nährte, sodass Du in diesen 30 Lebensjahren niemals irdischer Nahrung bedurft hast.6

So lange Zeit warst Du ausschließlich von göttlichen Speisen gesättigt und von heilsamem Tau benetzt.

Dieses Dein Haus, von tropfendem Gestein feuchte Höhlen, furchterregend und finster gelegen,

hatte über die Paläste der Könige, und all den anderen Luxus, sowie über fruchtbares Land gesiegt.

Hier bist Du gerne abgeschieden, bedeckt von langem Haar, ansonsten aber unbekleidet.

Hier sollst Du 30 Dezembertage lang gelitten haben. Hier lebtest Du und bist dabei nicht vor Eiseskälte erfroren.

Auch die Angst konnte Dich hier nicht bezwingen.

Denn obwohl Du Hunger hattest und es eiskalt war, hast Du durch Deine Liebe und Hoffnung, die im

Innersten Deines Herzens wohnte, das Gestein in eine Schlafstätte verwandelt.

Du bist zwar für niemanden sichtbar, doch umringt von Engelsheerscharen.

Du, die Du würdig warst, sieben Mal am Tag aus dem Kerker Deines Leibes entrückt zu werden,

und die himmlischen Chöre dabei zu hören, wie sie Dir im Wechselsang ein Loblied singen.7

Irgendjemand schrieb in jener Höhle folgende Verse:

Die sieben Freuden der heiligen Magdalena Maria Magdalena, Hl.

Frohlocke, fromme, MagdalenaMaria Magdalena, Hl.,

Du Hoffnung auf Heil, Ader des Lebens,

Zuflucht der Gestrauchelten.

Frohlocke, edelmütige Fürsprecherin,

den Unglücklichen nach ihren Verfehlungen Ideal einer Büßerin.

Frohlocke und sei glücklich, Dank sei Gott,

Dir sind Deine Sünden erlassen worden,

mit besonderer Gnade.

Frohlocke, die Du die Füße Christi gewaschen hast,

wodurch Du Dir so sehr Zeichen der Liebe verdientest.

Frohlocke, die Du als Erste würdig warst,

Dich am Antlitz Deines Retters zu erfreuen,

der ruhmvoll auferstanden ist.

Frohlocke, die Du siebenmal am Tag

aus der Höhle nach draußen fährst,

auf zu himmlischen Höhen.

Frohlocke, die Du jetzt emporgehoben bist,

Jesus Christusund mit Christus zusammen verherrlicht wirst,

in der himmlischen Gemeinschaft.

So lass uns hier Buße tun,

damit uns nach unserem Tod

die Freuden wahren Lichtes zuteil werden.1

Am elften September hörten wir in der Morgendämmerung die Messe, und nachdem wir aus der köstlichen Quelle hinter dem Hochaltar getrunken hatten, sagten wir den Patres Lebewohl. Über eine lange und schwierige Straße kamen wir nach 35 Meilen durch ein imposantes Tal in die älteste Stadt der Gallia NarbonensisGallia Narbonensis, röm. Provinz, MarseilleMarseille, Ort. Ihre Lage, am Fuße eines Berges und als Hafen des Meeres, ist perfekt. Dort gibt es einen sehr berühmten HafenMarseille, OrtHafen, den sie mit eisernen Ketten jederzeit gegen Piraten abriegeln können. Das Land ist fruchtbar, dort wachsen Mandelbäume, Feigenbäume, Baumwollpflanzen, Granatapfelbäume, Ölbäume, Weinstöcke und andere vorzügliche Früchte. Im Umfang ist Marseille größer als NürnbergNürnberg, Ort, aber die Hügel sind nicht sehr bewohnt, weil sie einstmals durch die Katalanen verwüstet wurden2.

Wir sahen im benediktinischen Kloster Saint-VictorMarseille, OrtSaint-Victor, Kl.3 den Arm und das Haupt des heiligen ViktorViktor, Hl., außerdem eine Pyxis aus Alabaster mit der kostbaren Salbe der seligen MagdalenaMaria Magdalena, Hl.. Das Kreuz des heiligen AndreasAndreas, Apostel, Hl., welches wie das Kreuz Christi ist, obwohl dieser transversal gekreuzigt werden wollte, sowie einige andere (Reliquien), worüber man nicht unbedingt schreiben muss, befinden sich ebenfalls dort. In der tiefen Krypta, unter dem Chor, sahen wir den Ort der Buße der heiligen Magdalena, bevor sie in die Einsiedelei ging, ebenso die Steintafel, auf der sie sich wiederherstellte.

Sehr früh stiegen wir die Hügel der Stadt hinauf in die uralte Kirche des heiligen LazarusMarseille, OrtSaint-Lazare, K., eine Kollegiatkirche. Nachdem wir dort die Messe gehört hatten, sahen wir das Haupt und den Leichnam des heiligen LazarusLazarus, († um 60) Hl., des Bischofs, den ChristusJesus Christus wiedererweckt hatte4. Außerdem gab es dort einige weitere Reliquien und Reliquiare, verziert mit Gold und Elfenbein. Wir sahen auch den OrtMarseille, OrtSainte-Madeleine, K., von dem aus MagdalenaMaria Magdalena, Hl. zum Volk predigte. Wie sie nun aus JudäaJudäa, L. dorthin gelangte, ist in ihrer Legende ausführlich berichtet5. Wir sahen auch das Haupt des Eremiten und Heiligen CassianusJohannes Cassianus († 430/35), Hl., Abt von Saint-Victor in Marseille, der, als er Hymnen der Engel hörte, während der Erhebung der heiligen Magdalena auf deren Geheiß auf den heiligen MaximinMaximin, Hl., Bf. von Trier (329–346) zuging, diesem den Lebenswandel der Sünderin darlegte und durch das Sakrament des Leibes unseres Herrn gestärkt wurde.

Die Stadt MarseilleMarseille, Ort verfügt über mehrere und unschätzbare SalinenMarseille, OrtSalinen; dort gewinnen sie auf einfache Weise Salz für die gesamte Umgebung und ziehen daraus großen Nutzen. Unter anderem wurde das „Barra“ genannte KastellBarra/Berre?, Kastell bei Marseille, Ort durch die Salinen bekannt.

Am 12. September verließen wir MarseilleMarseille, Ort und bewunderten außerhalb der Mauern die überwölbten Bögen der beeindruckenden Aquädukte; wir durchquerten 15 Meilen fruchtbare Felder sowie anschließend unfruchtbare Gegenden und kamen zu der alten Stadt ArlesArles, Ort in der Provence. Im Umland gingen wir an einem großen See mit vielen Fischen vorbei und sahen dann unzählige GrabstellenArles, OrtAlyscamps, Friedhof6. Es sind rechteckige Sarkophage, die aus sehr hartem Stein hergestellt wurden, so dass 10 oder 14 Leichname in eine solche Urne hineinpassen, die durch Steintüren geschlossen werden. Es sind unzählige Grablegen, und – wenn man sie erhalten wollte – der Lauf der Zeit, der an allem nagt, kann ihnen nichts anhaben. In der Stadt aber, die mir größer vorkommt als Marseille, gingen wir in die Kapelle des heiligen AntoniusArles, OrtSaint-Julien-et-Saint-Antoine, K.7: Sein Haupt und der größere Teil seiner Gebeine wurden mit großem Pomp und unter Gesängen zur Schau gestellt. Ehrwürdig ist dieses Haupt, und gleichwie ein Blitz jagt es dem andächtigen Betrachter einen Schrecken ein. Wir sahen auch in der oberen BischofskircheArles, OrtSaint-Trophime, K. den Leichnam des heiligen Trophimus8Trophimus, Hl. Bf. von Arles, des ersten Bischofs, der einer von den 72 Jüngern war. Ebenso sahen wir den Kopf des heiligen Protomärtyrers StephanStephan, († um 36/40), Apostel, Hl. und einige andere Reliquiare, die mit Gold und Silber hervorragend geschmückt waren. Außerdem schauten wir uns das Grabmal des heiligen Ludwig von ArlesLouis Aleman/Ludwig d‘Alleman, Erzbischof von Arles (1423-1450) an, eines Bischofs, der mit seinen Mirakeln Berühmtheit erlangte; dessen Gedicht habe ich im Anschluss aufgeschrieben9:

Oh ArlesArles, Ort, Du ruhmreiche Stadt,

ausgezeichnet durch einen solchen Vorsteher,

dessen mannigfache Wunder ihn strahlen lassen.

Geschenkt ward er dir für seine Verdienste,

ihn erhöhe jauchzend, und lobe Gott für eine solche Gabe.

Er heißt Ludwig – mit Beinamen der Deutsche –,

ein Gott in allem gefälliger Kardinalpriester aus dem Hause Savoyen.

Er weist uns den rechten Weg.

Gott mögen wir also flehentlich darum bitten, dass wir durch Ludwigs Gebet

einen Platz im Himmel finden und uns dort der ewigen Herrlichkeit erfreuen.

Ein anderes Gedicht über Sankt Ludwig von Arles Louis Aleman/Ludwig d‘Alleman, Erzbischof von Arles (1423-1450)

Als es Abend über der Welt wurde,

da erstrahlte ein neues Gestirn,

benetzt mit einem heiligen Auftrag,

es leuchtet durch Wunderzeichen.

Ludwig, der Erzbischof der Kirche zu ArlesArles, Ort,

ein außerordentlich bewundernswerter Kardinal,

im fruchtbaren Sizilien ein Titan,Sizilien, L.

machte sich Anstand zur Richtschnur seines Handelns.

Licht und Zierde der Keuschheit,

glanzvoller Führer auf dem Weg zur Heiligkeit,

grundlegende Quelle der Gerechtigkeit!

Welch beschwerliche Aufgaben des Papstes hat er auf sich genommen, um Irrtümer auszumerzen!

Wie vielen Herausforderungen hat er sich gestellt, um einen Friedensbund zu gründen!

Nachdem er harte und sogar grausame Umtriebe über sich ergehen ließ,

wurde ihm befohlen, ins Exil zu gehen.

Weh, in Bedrängnis, wie durch einen heftigen Sturm wurde er von seinem Hirtensitz gestoßen!

Wie Gold glänzen seine Güte und seine Demut.

Sein besonnenes Wesen und seine Geduld strahlen sanft.

Nachdem er einem so schweren Schicksalsschlag anheimgefallen war,

Jesus Christushat er bei Dir, Christus, Zuflucht gefunden,

und holte, gestützt auf ein geistiges Schild, folgende Rede hervor:

„Christus, als Du meinetwegen Werkzeug für Geiseln und Ohrfeigen warst,

Jesus Christusda wurdest du geschmäht und hingst mit Dornen und schwarzen Nägeln vom Kreuz herab.

Was würde ich deinetwegen nicht alles ertragen?

da wurdest du geschmäht und hingst mit Dornen und schwarzen Nägeln vom Kreuz herab.

Was würde ich deinetwegen nicht alles ertragen?

Was auch immer mich von dir trennen könnte,

Deinetwegen, Christus, würde ich in der Verbannung leben,

mein Herz würde es jubelnd ertragen.“

Von der Burg her, gewissermaßen von einer Warte,

kannst Du klar und deutlich dessen Wehmut hören.

Zurückgeführt wird er von seinem Sitz als Vorsteher im Erzbistum zu seinem alten Rang.

Denn ist er erst vom Fleisch befreit,

dann wird sein Geist die Himmelssphären durchbrechen.

Und weil er nun im Besitz der edelsten Krone ist, wird er durch seine Wunder glänzen.

Mit den Toten kehrt er ins Leben zurück und ruft all die Geächteten in allgemeine Erinnerung.

Den Blinden gibt er das Augenlicht, den Lahmen das Gehvermögen zurück,

und allen Kranken schenkt er seine Hilfe.

Oh, vornehmster Vorsteher, beschenke diejenigen, die vor Dir niederknien.

Bitte bei Gott darum, dass er dort oben unsere Anliegen unterstütze.

Du guter und ruhmreicher Hirte,

führe Deine Herde zu den Weideplätzen, dorthin,

wo wir gemeinsam mit Dir zuckersüß fließenden Honig kosten wollen.

Gedenke Deines jungen Dieners,

dessen Herz an Dir hängt,

leiste ihm Deine Hilfe und sprich zu seinen Gunsten!

ArlesArles, Ort besitzt ebenso ein TheaterArles, OrtTheater, das von den Römern einst hervorragend errichtet wurde. Um eine große, runde Fläche gruppieren sich in Kreisform 62 Bögen aus großen und besonders harten Quadersteinen, mit Nischen und Gewölben in der Art des Theaters von VeronaVerona, Ort und des KolosseumsRom, OrtKollosseum in RomRom, Ort erbaut1. Zweifelsohne lässt sich der Aufwand, den man für den Bau eines so bestaunenswerten Werkes aufgebracht hat, nicht schätzen. Allerdings hausen heute arme Leute in diesem TheaterArles, OrtTheater und haben ihre Hütten unter den Theaterbögen oder auf freier Fläche. Und ohne den geringsten Zweifel ist die Stadt Arles, wie aus all diesen Ruinen hervorgeht, uralt, und sie wurde schon damals besonders dafür gerühmt. Im Norden, bei den Mauern, da fließt die RhôneRhône, Fluß, im Osten und im Westen ist jeweils eine höchst fruchtbare Ebene, im Süden hingegen, bis hin zur Burg SalonSalon-de-Provence, Ort, erstreckt sich eine unfruchtbare und steinige Niederung, die einst vom Meer umspült war.

An der Meeresküste, etwa fünf Meilen von Arles entfernt, liegt ein Ort mit dem Namen der Drei Marien. Dort ruhen die Körper von Maria KleophasMaria Kleophae, († 1. Jh.), Hl., bibl. Gestalt, Maria SalomeMaria Salome, († 1. Jh.), Hl., bibl. Gestalt und Maria JacobiMaria Jacobi, Hl.2. Außerdem gibt es dort herausragende Salinen. Oberhalb von Arles, am Ufer der RhôneRhône, Fluß, liegt der Ort TarasconTarascon, Ort, wo der Leichnam der seligen MarthaMartha von Bethanien († um 84), bibl. Gestalt ruht, die von vielen ihrer zahlreichen Hilfeleistungen wegen angerufen wurde.

Am 14. September verließen wir ArlesArles, Ort, und nach Überquerung der RhôneRhône, Fluß gelangten wir nach drei Meilen zum befestigten Ort Saint-GillesSaint-Gilles-du-Gard, Ort. Wir sahen dort das sehenswerte benediktinische Kloster der Heiligen AegidiusAegidius von Saint-Gilles/Egidius aus Athen († 720/26), Hl. und BenediktSaint-Gilles-du-Gard, OrtBenediktinerkloster der Heiligen Ägidius und Benedikt, Kl.3, welches FlaviusFlavius, König der Gothen, König der Goten, auf Bitten des AegidiusAegidius von Saint-Gilles/Egidius aus Athen († 720/26), Hl. erbauen ließ. Es liegt in geringer Distanz, nahe der Mündung der RhôneRhône, Fluß in das Meer. Heute ist es reich begütert, und unter der Kirche befindet sich eine äußerst geräumige Krypta für die Gemeinschaft der Mönche, wo ihnen weder im Sommer die Hitze noch im Winter die Kälte zu schaffen macht. Unter feierlichem Gesang und Kerzenschein zeigte man uns das hinter Gitterstäben und Gestänge gesicherte Haupt des heiligen AegidiusAegidius von Saint-Gilles/Egidius aus Athen († 720/26), Hl. sowie viele seiner Gebeine und einige andere goldene, wertvolle Kleinodien. Später verließen wir das Kloster und kamen zu dem Ort, an dem er Buße getan hat; dort stehen heute die Reste einer alten Kapelle, die unterhalb von einer Höhle schon beinahe komplett verfallen ist; dort wurde er (AegidiusAegidius von Saint-Gilles/Egidius aus Athen († 720/26), Hl.) von einem Bekannten des FlaviusFlavius, König der Gothen verwundet, als dieser einen Hirsch jagte. Zu der Zeit war der Hain ein schwer zugängliches Gebüsch und erhielt Wasser von einer Quelle. Mittlerweile ist die Stelle, an der sich die Quelle befindet, recht feucht: Jedoch kommt die Quelle selbst nicht zum Vorschein, weil sich dort herabgestürzte Felsbrocken getürmt haben. Während wir uns dort aufhielten, sagten uns die Bewohner, dass es seit dem Fest zu Ehren des heiligen JohannesJohannes der Täufer, († um 29), Hl. des Täufers (24. Juni), das ist nun fast drei Monate her, nicht mehr geregnet habe. Ich habe aber den Ort genauestens in Augenschein genommen und keinen Zweifel daran gehegt, dass, hätte man zwei bis drei Ellen tief gebohrt, man dann auf frisches Wasser gestoßen wäre. Denn unmittelbar unter jener Höhle gibt es einen wasserreichen Ort voll mit Schilf. Vielleicht beschleunigt eine unterirdische Quellader die Sumpfbildung. Oh, jener Ort ist edel und ein Christ sollte ihn fürchten!

Die gesamte Geschichte des heiligen AegidiusAegidius von Saint-Gilles/Egidius aus Athen († 720/26), Hl. geht klar aus VeredemiusVeredemius († um 720), Hl. und FlaviusFlavius, König der Gothen sowie anderen (Schriften) hervor4.

Nachdem wir an diesem Tag das, was man von Saint-GillesSaint-Gilles-du-Gard, Ort gesehen haben muss, betrachtet hatten, machten uns wir uns auf zur großen Burg nach LunelLunel, Burg. Dort ist das Ackerland ausgezeichnet und fruchtbar; und die Glocken erzeugen, wenn sie im Einklang ertönen, eine hervorragende Harmonie.

Am nächsten Morgen erreichten wir nach 4 Meilen MontpellierMontpellier, Ort, eine bekannte Stadt, alt und ehrwürdig. Inmitten einer schönen Ebene erhebt sich pyramidenartig ein Berg, auf ihm und um ihn herum ist Montpellier erbaut worden. Ich glaube, der Ort ist so groß wie NürnbergNürnberg, Ort, und besteht aus uralten Bauwerken. Wir sahen auch eine KapelleMontpellier, OrtNotre-Dame-de-Tabeles, K. der seligen JungfrauMaria / Maryam, Hl., bibl. Gestalt, Mutter Jesu Christi, reich an Wunderwerken, dort brennen am Hauptaltar fortwährend neun silberne Lampen. Später kamen wir zu den Kollegien der Medizin und beider RechteMontpellier, OrtKollegien der Medizin und beider Rechte, welche infolge der drohenden Pestwelle und der dadurch verursachten Abwesenheit der Dozenten und Studenten geschlossen waren. Denn seit Mai (im Juni, Juli und August) sind bereits mehr als 5.000 Menschen an den Folgen der Pest5 gestorben.

Sodann kamen wir zum Kloster Saint-GermainMontpellier, OrtSaint-Germain, Kl., das der apostolische Papst UrbanUrban V., Papst (1362–1370) V. von Grund auf erbauen ließ, es ist so vorzüglich und exquisit ausgestattet, dass man es für den Avignoneser PalastAvignon, OrtPapstpalast halten könnte. Mönche aus dem Benediktinerorden ließen uns unter anderem das Haupt des heiligen BenediktBenedikt von Nursia († um 560), Hl., Mönchsvater, das Haupt des heiligen GermanusGermanus, Hl., Bf. von Paris (um 555–576) und das des BlasiusBlasius († vielleicht um 316), Hl., Bf. von Sebaste sowie unzählige andere Reliquien sehen, diese waren mit Silber, Gold und Gemmen bestückt. Und auch die Tafeln auf dem Hauptaltar sowie unter dem Altar (diese waren ganz fein aus Gold und Silber gefertigt) wurden gezeigt. Außerdem gab es weitere unzählige Schätze, die alle Urban V. dorthin zu bringen verfügt hatte6. Ebenso gibt es die Rechtsbücher Urbans. Weil es so viel ist, kann ich nicht von allem berichten.

Nach dem Mittagessen kamen wir zu einem kleinen Kastell, LupianLoupian, Ort, etwa 5 Meilen von MontpellierMontpellier, Ort entfernt. Wir standen früh auf und gelangten nach 6 Meilen zur alten Stadt BéziersBéziers, Ort. Dort gab es nichts Besonderes zu sehen außer fruchtbarem Land.

Am 16. September kamen wir nach NarbonneNarbonne, Ort, vier Meilen von BéziersBéziers, Ort entfernt; es ist eine sehr alte Stadt. Sie gliedert sich in zwei Stadtteile, die in der Mitte ein schiffbarer Fluss trennt. Und eine imposante Brücke zeichnet sich durch Überdachung und Bögen aus: auf ihr wird viel Handel und Verkauf betrieben. Die Stadt ist nun zunächst ausgesprochen groß und berühmt. Sie ziert eine erhabene Kirche, die dem heiligen Justus geweihtNarbonne, OrtSaint-Just-et-Saint-Pasteur, K. ist. Ebenso ist die Mauer jener Stadt so massiv, so dick, aus gigantischen Steinquadern zusammengesetzt, dass Du meinen könntest, sie sei dem Theater im italienischen VeronaVerona, Ort nachempfunden7. Im anderen Stadtteil, Richtung Westen, gibt es eine vornehme Kirche, die zu Ehren des heiligen Paulus SergiusPaulus (Paulus Sergius) (3. Jh.), Hl.,Narbonne, OrtSaint-Paul-Serge, K. gegründet wurde, dem ersten Bischof von Narbonne, einem Schüler des Apostels PaulusPaulus, († nach 60), Apostel, Hl., von dem er auch getauft wurde8. Es sind in der vorgenannten Kirche Kollegiatkanoniker, die Gott mit ausreichend Ehrfurcht lobpreisen.

Der Reisebericht des Hieronymus Münzer

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