Читать книгу Die Methode Cortés - Klaus M. G. Giehl - Страница 29

28 Wasabi–Soja–Sauce

Оглавление

Frustriert grübelte ich, was zu tun sei, und nach wenigen Tagen beschloss ich, mich bei einem amerikanischen Anwalt zu erkundigen. Schließlich hatte ich mit meiner Frau und den Kindern in den USA gelebt (und das Luder hatte sich dort von mir getrennt!). Außerdem hatte es sich ja selbst vor gar nicht allzu langer Zeit darüber ausgelassen, wie sehr die Position des Vaters im texanischen Umgangsrecht „überbewertet“ werde. Bei der Suche nach einem Anwalt würde mir bestimmt Günter helfen können. Er war gesellschaftlich bestens „verbunden“, müsste die Szene also kennen! Ich beschloss, ihn zu fragen.

Wir saßen gerade zur Mittagspause in der Cafeteria und aßen Sushi, als ich ihn in mein Vorhaben einzuweihen gedachte. Fast schien mir, er ahne etwas: Eifrig und mit perfekter Stäbchenführung Sushi Röllchen in Wasabi–Soja–Sauce tunkend und sich hernach in den Mund steckend, schaute er mich immer wieder mit skeptisch erhobener linker Braue und zitternder Oberlippe an. Diese Varianz seines Mienenspiels war in der Regel mit düsteren Ahnungen seinerseits assoziiert. Ich wollte ihn nicht länger auf die Folter spannen und hob, nachdem ich mein letztes Tunfisch–Nigiri–Sushi geschluckt hatte, zu meiner Enthüllung an. Günters Reaktion war eindeutig (was durch das wie im Seegang wogende Vibrieren beider Unterlider und das kontrapunktierende Zucken der rechten Hälfte seiner Oberlippe mehr als dramatisch untermalt wurde):

„Willst du dich unglücklich machen? Magnolia hat dich verarscht und du hast eine Niederlage hinnehmen müssen. Nimm das am besten so an und vergiss die Kinder. Es wird dir nicht gefallen, aber es macht keinen Sinn, die Realität zu leugnen: Im deutschen Recht ist der Vater der Depp. Und du kannst Gift darauf nehmen, dass das nach deutschem Recht geregelt wird. Sich dagegen aufzulehnen, bringt nichts.“

„Du hast eine klare Meinung.“

Meinung? Ich schildere dir lediglich einige dich betreffende Axiome der deutschen Rechtsprechung. Just face it! Was du vorhast, ist von vorneherein zum Scheitern verurteilt.“

„Du hast mich missverstanden. Ich will ja gerade vermeiden, dass die Angelegenheit nach deutschem Recht geregelt wird. Für mich zählt ein vernünftiger Kontakt mit den Kindern. Und der wäre eher gegeben, wenn die Sache hier läuft.“

„Forget it, Jakob! Das wird so nicht laufen“, winkte er angewidert ab, „Vielleicht hast du ja Glück und Magnolia kommt zurück. Dann hast du die Kids wieder und die Karten sind neu gemischt.“ Und er ergänzte, mir vertraulich die Stirn zuneigend: „Kann mir übrigens gut vorstellen, dass sie zurückkommt. In ein paar Monaten wird sie nämlich merken, dass man sich auch in Deutschland nach den Trauben strecken muss und sie auf einmal nicht mehr die Prinzessin ist.“ Er räusperte sich und fuhr ernst fort: „Aber lass dich nicht auf einen Sorgerechtsstreit ein. In Deutschland ziehst du da garantiert den Kürzeren.“

„Deine knackige Einschätzung in Ehren, aber ich bin mir nicht sicher, ob du damit richtigliegst. Und meine Kinder sind mir zu wichtig, als dass ich mich noch nicht mal informiere über die Rechtslage, die du, nebenbei bemerkt, ebenso wenig beurteilen kannst wie ich. Abgesehen davon ist irrelevant zu spekulieren, ob Magnolia zurückkommt. Denn weder glaube noch will ich dies.“

„Wenn du sie nicht mehr willst, umso besser. Aber ich sag’s dir gerne noch mal: Vergiss deine Kinder. Die sind Schnee von gestern. Ich kenne Leute, die in ähnlichen Situationen gesteckt und sich auf einen Prozess eingelassen haben. Und die hatten viel Geld und die besten Anwälte! Was hat’s am Ende gebracht? Sie haben sich ruiniert, ihre Zeit nur noch mit Rechtsstreitigkeiten verplempert, und die Kinder sind heute verhaltensgestört und kommen im Leben nicht zurecht. Also ich lege dir dringend nahe, die Sache zu vergessen. Manchmal ist es besser, Schicksalsschläge zu akzeptieren.“ Ich schaute Günter ungläubig an. – Hatte ich einen Schicksalsschlag hinter mir? – Beiläufig und etwas desorientiert stocherte ich mit meinen Essstäbchen in meiner Wasabi–Soja–Sauce herum, was Günter offenbar zur Fortsetzung der Predigt ermunterte: „Sieh’s doch mal so: Wären die Kids gestorben, hättest du sie auch nicht. Ist doch eigentlich so viel besser. Und das bisschen, was du Magnolia jetzt zahlst, hast du in ein paar Jahren vergessen. Dann lachst du dir ins Fäustchen, weil du noch alle Optionen offen hast, während sie mit den Kindern und enttäuschten Größenphantasien in Deutschland rumhängt. Wenn du dich aber jetzt mit ihr anlegst, wirst du in den nächsten Jahren nicht mehr zur Ruhe kommen und nichts anderes zu tun haben, als Anwälte zu bezahlen und dich mit Prozessen herumzuärgern. Die Kinder sind sowieso weg. Und deine Karriere, die du gerade so noch mal retten konntest, würdest du bei der Sache wohl auch in den Sand setzten. Ich brauche dir ja nicht zu sagen, dass man diesen Beruf nicht einfach so nebenher machen kann. Also überleg dir’s gut. Und wenn die Kinder volljährig sind, können sie machen, was sie wollen, und dich immer noch besuchen.“

Der letzte Satz war ein Satz zu viel:

„So lange will ich nicht warten! Ich möchte meinen Kindern jetzt Vater sein! Deshalb muss ich versuchen, diese Kiste über die Staaten laufen zu lassen.“

„Ich kann dir nur sagen, dass ich solche Fälle kenne. Die Sache wird in Deutschland laufen und die Einzigen, die an ihr gewinnen würden, wären die Anwälte. Und das nicht zu schlecht!“

„Nun, wir werden sehen. Also, kannst du mir einen Anwalt empfehlen?“

„Wie gesagt, ich empfehle dir dringend, die Finger von der Sache zu lassen. Einen Anwalt kann ich dir nicht empfehlen. Kannst aber in unserm Legal Office fragen. Die kennen sich mit so was aus. ... Ich weiß nicht, ob ich dir Glück wünschen soll.“

„Ich denke, ich kann es brauchen.“

„Okay. Good Luck.“

Wir beendeten schweigend unser Sushi.

Die Methode Cortés

Подняться наверх