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29 Aufbruchsstimmung

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Im Legal Office gab man mir drei Namen: Earl Brown, Nancy Ramos und Jackson Green. Zufrieden ging ich in mein Büro. Kaum hatte ich dort Platz genommen, schlappte Jürgen, Günters Research Associate, herein. Jürgen war ein Kanadier mit deutschen Wurzeln, hatte etwas von einer Bohnenstange und eine Mimik, als ginge ihm alles am Arsch vorbei. Wir verstanden uns gut. Unaufgefordert setzte er sich auf einen Stoß Papers neben meinem Schreibtisch, rubbelte sich missmutig durch das stoppelige schwarze Haar, sackte buckelig mit den Ellenbogen auf die Knie, und ließ die Hände zwischen den Schenkeln baumeln. Müde hob er seinen Blick und sagte:

„Günter hat mir erzählt, du hättest Probleme.“

„Die hab ich“, nickte ich, und erzählte ihm von meinen Befürchtungen, dass es Schwierigkeiten beim Umgang mit den Kindern geben würde, und von meiner Absicht, einen Anwalt in der Sache zu konsultieren.

„Halte ich für eine gute Idee“, schnaufte er matt, „Aber ich möchte dich warnen. In solchen Krisensituationen braucht man einen klaren Kopf. Als sich Liz damals von mir getrennt hatte, wollte ich zuerst alles hinschmeißen. Zum Glück bin ich zu einer Psychologin gegangen. Die hat mir den Kopf gewaschen. Echt gut, die Frau.“

„Ist vielleicht kein schlechter Gedanke. Am besten sprech ich mal mit der Dame. Wie heißt sie?“

„Lynn Worcester. Ihr Office ist gleich neben dem Campus. Moment, ich geb dir ihre Nummer.“

Er beugte sich lose auf meinem Schreibtisch zu und griff nach einem Kugelschreiber.

Zwei Stunden später hatte ich einen Termin bei Lynn. Ich war überrascht, als ich sie sah. Eigentlich hatte ich eine sanfte, mir mit unergründlichen Rehaugen verständnisvoll jeden Zweifel von den Lippen lesende Fee mit güldenem Haar erwartet. Diese Fee war Lynn nicht. Miss Worcester war ein kleiner, dicker Rotschopf mit einem violettfleckigen Speckgesicht und kam nach Luft japsend ins Sprechzimmer gepoltert. In ihrer Fülle passte sie sich stimmig in ihr mit Papieren und Büchern überfülltes Office ein: Alles war hier voll! Lynn hatte wirklich ein Problem mit ihrem Gewicht! Ich hätte mir das Pummelchen eher behaglich schmatzend an einer Wursttheke vorstellen können, als idealtypische Personalunion von Verkäuferin und bester Kundin. Ich berichtete Lynn meinen Leidensweg. Sie lauschte gespannt. Und ab und an stellte sie keuchend Fragen, die ich gerne beantwortete.

Wir hatten in den folgenden Tagen vier weitere Sitzungen und jedes Mal freute ich mich bei der Begrüßung, dass sie noch nicht geplatzt war, die gute Lynn. Bei unserem letzten Treffen meinte sie plötzlich, dass das ja alles ganz traurig sei, was da so alles passiert sei, aber das alles könne nun einmal passieren. Manchmal. Ich nickte beeindruckt. (Das hatte sie gut erkannt! Alles.) Dann fragte sie mich, was ich denn jetzt machen wolle. Ich zuckte die Schultern und sagte:

„Ich will versuchen, ausreichenden Kontakt zu meinen Kindern zu haben. Wie ich das machen soll, weiß ich allerdings nicht.“

„Wie ‚wie‘?“

„Na, ob ich erst abwarte oder die Angelegenheit schon jetzt einem Anwalt übergebe.“

Lynn überraschte mich abermals. Ich hatte erwartet, dass sie mir in der Essenz nahelegte, was Günter mir empfohlen hatte. Dem war nicht so. Sich fast dynamisch in ihrem Sessel „reckend“ erläuterte sie, sie habe den Eindruck, ich käme bestens mit den trennungsbedingten Verletzungen zurecht. Auch finde sie gut, wie ich mich auf den Job konzentrierte, und absolut richtig, dass ich für meine Kinder da sein wolle. Den Kern des Problems sehe sie darin, dass meine Frau „zu üppig“ Unterhalt für sich haben wolle und hierfür offenbar die Kinder instrumentalisiere. Dies sei in Texas einfacher. Da kenne man keinen Unterhalt für die Frau, sondern nur für die Kinder. Und das sei auch gut so. Schließlich könne eine gesunde Frau ja selbst arbeiten. Lynn riet mir schließlich, ich solle die Angelegenheit von einem texanischen Gericht regeln lassen. Gelänge mir dies, hätte meine Frau keinen Anspruch auf Ehegattenunterhalt und somit keinen Grund mehr, aus egoistischen Motiven die Kinder zu missbrauchen. Außerdem entscheide nach texanischem Recht ein Gericht über den Umgang mit diesen, wenn sich die Eltern nicht darüber einigen könnten. Zum Abschluss empfahl mir Lynn einen Anwalt. Earl Brown. Der sei der Beste, allerdings teuer. Und wenn er den Fall nicht übernehmen könne, solle ich mich an Nancy Ramos wenden. Die sei auch klasse.

Ich verließ Lynns Büro in einer Art Aufbruchsstimmung – Vielleicht war die Lage ja doch nicht so hoffnungslos! – und rief Earl Brown sofort an. Der versicherte, er sehe gute Chancen für den Fall, habe aber im Augenblick viel zu tun. Ein exzellenter junger Anwalt, der sich noch profilieren müsse, mehr Zeit und auch den nötigen Biss habe, sei für die Sache möglicherweise besser geeignet. Mister Brown legte mir Nancy Ramos ans Herz. Sie sei genau die Richtige. Obendrein koste sie weniger.

Einerseits war ich enttäuscht, dass „der Beste“ sich nicht mit wehenden Fahnen und glühendem Herzen meiner Sache verschreiben wollte. Andererseits fand ich den Vorschlag vom Ökonomischen her vorteilhaft und war beruhigt, da Nancy Ramos auf all meinen bisherigen „Empfehlungslisten“ „weit oben“ gestanden hatte.

Die Methode Cortés

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