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ОглавлениеTeil 2 Verletzter – Opfer – Anwalt des Verletzten › VII. Umgang mit den Medien
VII. Umgang mit den Medien
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Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Verhandlung gemäß den §§ 169 ff. GVG lässt manchen vergessen – leichtfertig oder bewusst –, dass § 353d StGB verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen und eine Offenbarung von Tatsachen, für die das Gericht eine Schweigepflicht auferlegt hat, unter Strafe stellt. Dies betrifft vor allem auch die Anklageschrift oder andere amtliche Schriftstücke, bevor sie in öffentlicher Verhandlung mitgeteilt sind, oder das Verfahren abgeschlossen ist. Hier ist nicht der Ort, um über die Problematik durch Fernsehen, Internet oder andere Medien live nach außen getragenen Hauptverhandlungen zu polemisieren. Beispiele aus den USA stimmen mehr als nachdenklich und der Gedanke, einem Mandanten auch noch Schauspielunterricht geben zu müssen, erinnert mehr an Daumier-Zeichnungen als an die Ernsthaftigkeit eines Strafprozesses; ganz abgesehen von zusätzlichen Belastungen für den Verletzten.
Immer häufiger gehen Täter, aber auch Verletzte an die Öffentlichkeit, bevor diese auf sie aufmerksam geworden ist. Generell ist den Mandanten davon abzuraten. Einseitige und ganz- oder teilweise unrichtige Erklärungen belasten ein Ermittlungs- und Strafverfahren erheblich oder können zur Einleitung neuer für den Mandanten nachteiliger Ermittlungsverfahren führen.
Bei spektakulären Verfahren ist das Öffentlichkeitsinteresse groß. Medien versuchen möglichst bald an Informationen zu kommen und der O-Ton von Verfahrensbeteiligten, insbesondere aber auch des Verletzten, ist von höchstem medialen Interesse. Zunächst gilt auch hier die Empfehlung an den Mandanten, sich zumindest vor und während des Prozesses nicht in der Öffentlichkeit zu äußern. In jedem Fall sollte eine solche Erklärung zuvor konzipiert worden sein und nach Möglichkeit in Schriftform vorliegen.
Immer häufiger ist zu beobachten, dass Strafverteidiger und Verletztenanwälte, gelegentlich aber auch Staatsanwälte, mehr als bereitwillig vor die Kamera drängen, was mehr Rückschlüsse auf persönliche Eitelkeiten als die sachgerechte Betreuung und Vertretung des eigenen Mandanten zulässt. Bei allen Verlockungen und indirekten Marketingversuchen sind die Standesrichtlinien, aber auch die Würde des eigenen Mandanten, zu beachten. Der Deal mit den Medien, die Lebensgeschichte des eigenen Mandanten ohne dessen Willen und Einverständnis, möglicherweise sogar noch gegen Anwaltshonorar zu vermarkten, ist eines verantwortungsbewusst handelnden Rechtsanwalts unwürdig und strikt abzulehnen – unter Umständen auch strafbar.
Oft sind aber anwaltliche Erklärungen in der Öffentlichkeit nicht zu umgehen und auch von dem Mandanten ausdrücklich so gewünscht. Zurückhaltung ist gleichwohl auch dann geboten. Je nach Seriosität des Berichterstatters lassen sich mit Zustimmung des Mandanten Vereinbarungen mit den Medien erzielen, von Mitteilungen erst zu einem vereinbarten Zeitpunkt Gebrauch zu machen. In keinem Fall dürfen aber die Interessen der Mandantschaft vernachlässigt oder gar verletzt werden.
Hinweis
Gut formulierte Presseerklärungen erleichtern nicht nur deren Abgabe, sie sind auch geeignet, Falschzitate zu vermeiden und erforderlichenfalls presserechtliche Gegenmaßnahmen zu stützen.