Читать книгу Arztstrafrecht in der Praxis - Klaus Ulsenheimer - Страница 51
aa) Ökonomische Grenzen des Standards
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Mit dieser Feststellung kann es aber angesichts des immer weiteren Auseinanderdriftens zwischen dem medizinisch Machbaren und dem ökonomisch Möglichen bei der ärztlichen Berufsausübung nicht sein Bewenden haben, vielmehr müssen „die Gerichte lernen, in den Begriff des medizinischen Standards auch die durch das Budget gesetzten Grenzen einzubeziehen“,[208] damit nicht die unmittelbar agierenden Ärztinnen und Ärzte die ihnen oftmals aufgedrängten Einschränkungen ausbaden müssen. „Der haftungsrechtlich zu fordernde Standard ignoriert insoweit nicht ökonomische Zwänge“[209] und dasselbe muss auch für den strafrechtlichen Sorgfaltsmaßstab gelten, der auf der objektiv-typisierenden Ebene mit dem zivilrechtlichen Leitbild inhaltlich übereinstimmt. Insofern besteht auch kein prinzipieller Widerspruch gegenüber dem sozialrechtlichen Standard, wie sich insbesondere aus den §§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1, 27 Abs. 1, 70 Abs. 1 SGB V ergibt, welche den in ihm geltenden Standard an den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz binden.[210] Daraus folgt: Wenn auch nach Ausschöpfung aller organisatorischen Möglichkeiten, Rationalisierungsmaßnahmen und Umverteilung der finanziellen Mittel die personellen und instrumentellen Engpässe infolge der Mittelknappheit nicht zu beseitigen sind, ist der medizinische Standard hic et nunc zwangsläufig niedriger anzusetzen als dort, wo die Sach- und Personalausstattung auf Grund günstigerer wirtschaftlicher Verhältnisse besser ist. Allerdings: Über eine so begründete Abschwächung der im Übrigen medizinisch begründeten Maßstäbe ist der Patient bei Beginn oder Fortsetzung der Behandlung aufzuklären, wenn für den Behandelnden erkennbar ist, dass der Patient die Behandlung anderenorts mit signifikant geringeren Risiken durchführen lassen kann.[211] Im Übrigen ist hinsichtlich standardisiert verfügbarer Alternativbehandlungen die Aufklärungspflicht des § 630e Abs. 1 S. 3 BGB auch dann zu beachten, wenn diese nur in anderen Einrichtungen möglich sind.[212]