Читать книгу Gegenkulturelle Tendenzen im postdramatischen Theater - Koku G. Nonoa - Страница 18

1.5.3.3. Künstlerische Institutionskritik institutionalisiert

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Fraser bemerkt, dass die Praxis, die mit der Institutionskritik assoziiert werde, bereits institutionalisiert worden sei.18 Julia Bryan-Wilson ist der Meinung, dass die Sprache der Institutionskritik erst von den Künstler_innen erfunden und dann von Kritiker_innen übernommen wurde; letztendlich wird diese Sprache in einer Bewegung der Kooptierung von der Institution selbst heuchlerisch gesprochen.19 Für Bryan-Wilson entwickelt sich die Syntax dieser institutionskritischen Sprache in multiple Richtungen weiter – innerhalb eines komplexen Identifikationsnetzes, da Künstler_in, Kritiker_in und Kurator_in keine distinkten Positionen sind.20 Sie betont deshalb, dass Künstler_innen öfters der Führung des innovativen akademischen Schreibens folgen. Sie setzt fort, dass das Museum z.B. nicht nur Endziel einer interpretativen Kette sei, sondern auch ein produktives, Druck ausübendes sowie ein Förderungsgelegenheiten leistendes System sei, auf das die Künstler_innen antworten.21 Dies gilt für die Institution Kunst im Allgemeinen. Sich an Duchamps „Readymade“ und Ashers „Installation Münster (Caravan)“ anlehnend, geht Fraser davon aus, dass Kunst nicht deswegen Kunst sei, weil sie von einem Künstler oder einer Künstlerin unterschrieben oder in einem Museum oder in anderen institutionellen Räumen ausgestellt worden sei. Kunst sei erst Kunst, wenn sie für Diskurse und Praktiken existiere, die sie als Kunst anerkennen, sie als Kunst schätzen und beurteilen, sie als Kunst konsumieren – ob als Objekt, Geste, Repräsentation oder als bloße Idee.22 Diese Tatsache impliziert, dass die Institution Kunst nicht nur in Organisationen wie Museen institutionalisiert und in Kunstwerken materialisiert, sondern auch von Menschen internalisiert und verkörpert wird. Für Fraser ermöglicht die Institution Kunst – in Form von Kompetenzen sowie konzeptuellen Modellen und Rezeptionsweisen – Künstler_innen, Kritiker_innen, Kurator_innen, Kunsthistoriker_innen, Sammler_innen oder Museumsbesucher_innen und Akademiker_innen, Kunst zu produzieren, über Kunst zu schreiben, Kunst zu verstehen oder einfach Kunst zu erkennen. Fraser betont, dass diese Kompetenzen und Dispositionen unsere eigene Institutionalisierung als Mitglieder der Kunstszene determinieren.23 Das impliziert die Kooptierung aller Akteur_innen, die sich in irgendeiner Form mit Kunst umgeben oder befassen. In diesem Zusammenhang schreibt Simon Sheikh: „Institutionskritik als kooptierte wäre wie ein Bakterium, das den Patienten – die Institution – zeitweilig geschwächt haben mag, aber nur um das Immunsystem dieses Patienten auf lange Sicht zu stärken.“24 In diesem Sinne behauptet Fraser: „It's a question of what kind of institution we are, what kind of values we institutionalize, what forms of practice we reward, and what kinds of rewards we aspire to.”25 An diesem Punkt kann Frasers Aussage auf Nitsch und Schlingensief übertragen werden, die in ihren jeweiligen Theateraktionen institutionskritisch vorgehen. Welche Art von Institution bzw. Institution Theater vertreten die beiden Künstler? Bevor auf diese Frage im zweiten Teil in Hinblick auf ihre jeweiligen Theateransätze geantwortet wird, wird im Folgenden zunächst auf Happenings, Performance-, Aktions- und Installationskünste sowie auf Fluxus als institutionskritische Kunstausdrucksformen eingegangen, auf die Nitsch und Schlingensief radikalisierend zurückgreifen.

Gegenkulturelle Tendenzen im postdramatischen  Theater

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