Читать книгу Voller Misstrauen geliebt - Lara Greystone - Страница 13

Kapitel 11

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Am nächsten Tag saß Quint in Elias Büro. Elia hatte ihm einen Schreibtisch neben seinem Arbeitsplatz mit zwei Bildschirmen aufgebaut, an denen er jeweils vier der unzähligen Kameras auf dem Grundstück anwählen konnte. So würde er ab jetzt Jo überwachen, solange es ihm die Sonne unmöglich machte, ins Freie zu gehen.

Sie arbeitete unermüdlich und wirkte während ihrer Arbeit sehr zufrieden. Nur ab und zu richtete sie sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf, fasste an ihren Rücken und schluckte mitunter Tabletten. Es waren die von gestern. Eine davon hatte er Jo unbemerkt gestohlen, schließlich konnte die Medikamentenschachtel ja von ihr vertauscht worden sein. Ambi hatte jedoch bestätigt, dass der Inhalt zur Aufschrift passte, und Alva, dass es ein übliches Mittel gegen Schmerzen war. Er fragte gleich noch nach der Dosierung und stellte im Laufe des Tages fest, dass Jo bereits die Höchstdosis genommen hatte, und das allein schon, während er zusah. Schluckte sie vielleicht noch mehr vor Arbeitsbeginn oder nach Feierabend?

Er suchte Alva ein zweites Mal auf und erzählte ihr von seiner Beobachtung.

„Quint, du darfst nicht vergessen, diese Gärtnerin ist ein normaler Mensch. Ihre Zellen erneuern sich nicht wie die der Frauen hier im Hauptquartier. Unsere Männer schenken uns immer wieder ihr Vampirblut, das lässt uns gesund und jung bleiben. Diese Gärtnerin hingegen hat einen schweren Job und es kann gut sein, dass die Belastung an ihren Wirbeln und Bandscheiben bereits dauerhaften Schaden hinterlassen hat.“

„Das einfache Volk im Mittelalter musste auch hart arbeiten“, widersprach er.

„Ja, das stimmt, aber sie wurden auch nicht so alt wie die Menschen von heute, deshalb sind viele der heutigen Verschleißerscheinungen gar nicht aufgetreten. Überleg mal: Sobald die Mädchen zu Frauen wurden, heirateten sie und bekamen sofort Kinder. Zwanzig Jahre später waren ihre Kinder erwachsen und sie selbst schon bald tot. – Ich gebe dir für unsere Gärtnerin stärkere Retard-Kapseln, mit einem anderen Wirkstoff, damit kann sie nachts schmerzfrei schlafen.“

Würde Jo heute Nacht sonst vor Schmerzen nicht schlafen können? So weit hatte er gar nicht gedacht.

War es möglich, dass ihm die Welt der Menschen und ihre Bedürfnisse so fremd geworden waren?

Die Ärztin warf ihm einen kurzen, einschätzenden Blick zu und erklärte ebenso emotionslos wie zuvor: „Kaum dass der menschliche Körper aufgeblüht und zu seiner vollen Reife gelangt ist, beginnt er wieder abzubauen. Das ist der Lauf des Lebens, Quint.“

Seine Hände hatten sich zu Fäusten geballt. Dass Alva diese unumstößliche Tatsache ohne jegliches Mitgefühl erzählte, störte ihn gewaltig. Warum, wusste er auch nicht. Ohne es zu steuern, drang ein dunkles Knurren aus seiner Kehle.

„Alva, du bist ganz schön …“, begann er.

„Kalt? Nein, Quint, ich bin professionell – geworden. Kannst du dir vorstellen, wie viele Menschen ich in fast 700 Jahren sterben gesehen habe? Mütter, die sieben weinende Kinder zurückließen. Männer, durch deren Tod ihren Frauen und Kindern der Hungertod drohte. Und das immer in dem Wissen, dass Vampirblut alles heilen würde. Gerade im Moment behandle ich das Kind unseres Immobilienmaklers Manuel Sánchez. Bei einem unverschuldeten Autounfall starben seine Frau und sein acht Monate alter Sohn. Nun liegt seine überlebende Tochter mit einer unheilbaren Stoffwechselkrankheit im Sterben und sein Geschäft geht bankrott, weil er an ihrem Krankenbett sitzt, anstatt sich um seine Auslandsimmobilien zu kümmern. Vinz und Elia haben diesen Monat jeder ein Ferienhaus bei ihm gekauft, damit er finanziell über Wasser bleibt.“

„Es ist verboten, Vampirblut normalen Menschen zu schenken. Dafür steckt man den Vampir in den Turm und röstet ihn in der Sonne. Nur bei Symbiontinnen ist das erlaubt“, stellte Quint mit der gleichen Härte klar wie Alva zuvor. Er war eben ein Wächter, sie eine Ärztin – war das der Preis dafür?

Die Gesetze waren eindeutig: Symbiontinnen, die in einer Gefährtenbeziehung mit einem Vampir lebten, durften nur von ihm Blut bekommen. Ganz selten kam es vor, dass Symbiontinnen, die nicht mit einem Vampir zusammen waren, Vampirblut erhielten. Das geschah, wenn es für ihr Überleben nötig war, denn es gab viel zu wenige von ihnen und die meisten wurden sowieso nie entdeckt.

„Wag es nicht, mich zu belehren, Quint! Ich habe unsere Gesetze ständig vor Augen. Aber glaub mir, auch ich habe ein Herz in meiner Brust und manchmal …“

Sie brach ab und das war gut so. Schließlich war er ein Wächter und jemanden, der gegen das Gesetz verstieß, musste er nun mal vor das Tribunal bringen.

Das wäre seinem Bruder auch beinahe passiert. Ihr Vater William hatte Samuel davor gewarnt. Leider war William selbst Mitglied des Tribunals und ein paar Vampire hätten ihm aus Rache oder politischen Gründen nur allzu gern einen nicht angezeigten Gesetzesverstoß in der eigenen Familie zur Last gelegt.

Samuel hatte eine offizielle Verwarnung vom Tribunal erhalten, ausgehändigt von seinem eigenen Vater.

Da eines ihrer obersten Gesetze darin bestand, das Geheimnis ihrer Art zu wahren, wurden intensive Beziehungen oder gar das Zusammenleben mit einer Frau, die keine Symbiontin war, nicht toleriert.

Kam so etwas heraus, wurde in der Regel das Gedächtnis der menschlichen Partnerin radikal gelöscht und der Vampir bis zum Lebensende der Frau verbannt.

Aus diesem Grund hatte Samuel von seiner Freundin nicht das kleinste Detail preisgegeben, noch nicht mal ihren Vornamen. Sein Bruder hatte diese Frau wohl als seine Gefährtin betrachtet, obwohl sie gar keine Symbiontin war - dabei konnte ein Vampir nur mit einer Symbiontin eine wirklich tiefe Beziehung eingehen. Samuel hatte seinem Vater geschworen, ihr nichts über die Familie, irgendwelche Namen, Zusammenhänge der Vampirgesellschaft oder andere Informationen weitergegeben zu haben. Doch sein Bruder hatte durchblicken lassen, dass seine Freundin um seine Vampirnatur wusste. Das ließ sich in einer engen Beziehung auf Dauer eben nicht verheimlichen, deshalb gab es dieses eiserne Gesetz ja. Selbst John, ein Wächter aus ihren eigenen Reihen, war nicht davor verschont worden, vom Tribunal deswegen verurteilt zu werden.

Nach der Verwarnung vom Tribunal hatte Samuel heimlich all seine Konten geleert, seine Sachen gepackt und das Haus, und vermutlich sogar das Land verlassen.

In seinem Abschiedsbrief hieß es: „Sie ist ganz allein und hat nur noch mich. Ich liebe sie und werde bis zum letzten Atemzug bei ihr bleiben.“

Und genauso war es schließlich auch gekommen. Wegen dieser Frau war Samuel in jener Nacht vor so vielen Jahren nicht durch seine übermenschliche Geschwindigkeit geflohen, sondern hatte bis zu seinem letzten Atemzug gekämpft, um sie vor den mörderischen Vampiren zu verteidigen. Die blutüberströmte Leiche seines Bruders hatte er später in den Armen gehalten und hasserfüllt einen Schuldigen gesucht: sich selbst, weil er zu spät gekommen war, die Gesetzlosen und natürlich diese Frau. Sie hatte ihm seinen Bruder weggenommen, dadurch später seinen Vater in den Tod getrieben und seine Mutter in Trauer und Einsamkeit gestürzt. Er selbst hatte es schließlich auch nicht mehr zu Hause ausgehalten und war fortgegangen. Seine Mutter hatte ihn immer mit ihren verweinten Augen angesehen, so als ob sie etwas ahnte. Er war zu spät gekommen, und wenn sie ausgesprochen hätte, dass er schuld am Tod seines Bruders war … Lieber vermied er den Kontakt mit ihr komplett, lieber las er erst gar nicht, was in ihren Briefen stand.

Eine einzige Frau hatte dieses ganze Unglück angerichtet. Seitdem hasste er Frauen.

Hätte sein Vater damals vielleicht mehr Herz zeigen, das Gesetz missachten und eine Ausnahme machen müssen? So wie es sich Alva als Ärztin anscheinend auch schon öfters gewünscht hatte?

Hätte es dann nicht einen anderen Ausweg für Samuel gegeben?

Wenn es um Ungerechtigkeit ging, war seine Mutter stets eine Rebellin gewesen und hatte mit seinem Vater deshalb in dieser Sache oft gestritten, auch noch nach dem Tod seines Bruders.

Jo arbeitete, bis es dunkel wurde, dann machte sie Feierabend und Quint gab ihr vor dem Verlassen des Geländes die Medizin von Alva.

Mit der Kawasaki folgte er ihr unauffällig, hatte extra wieder einen Helm mit verspiegeltem Visier gewählt und erneut seine verräterischen, feuerroten Locken darunter verborgen. Jo fuhr direkt nach Hause und er hatte vor abzuwarten, bis sie schlief, um dann ihr Haus zu durchsuchen. Danach würde er mit seiner Geige in den Wald gehen und seinen Bruders betrauern, denn heute war der Jahrestag seines Todes.

Durch ein gekipptes Fenster hörte er selbst von Weitem, dass die Gärtnerin duschte. Doch anstatt nach harter Arbeit müde ins Bett zu fallen, stieg sie bald darauf in ein Taxi, das vor der Einfahrt hielt.

Traf sie sich etwa mit Raúls Leuten?

Oder hatte Snake sie mit einem Trick irgendwo hingelockt?

Würde sie mit einem Mann ausgehen?

Komischerweise beunruhigte ihn das Letzte am meisten.

Das Taxi hielt vor einem Lokal, dem Scotti's, und die Erinnerung an seinen Bruder lief wie ein Film in seinem Kopf ab …

Samuel stand vor der Tür der Kneipe und winkte ihm zu.

„Komm schon, Quint! Tun wir mal wieder so, als würden wir uns betrinken können. Oder wir suchen einen Dummen, der versucht, uns beide unter den Tisch zu trinken.“

Er hörte sich selbst lachen, während er seinem Bruder folgte …

Anscheinend kannte Jo die Lieblingskneipe seines Bruders mit ihrem ebenso rustikalen wie gemütlichen Ambiente.

Mit der Leichtigkeit seiner Natur verbarg er sich in der Dunkelheit und beobachtete sie genau. Jo setzte sich an die Bar und bestellte einen Drink. Drinnen hatte niemand auf sie gewartet. Auch eine Stunde und zwei Drinks später war noch keiner gekommen und Jo wirkte auch nicht, als würde sie auf jemanden warten.

Suchte sie etwa nach einem One-Night-Stand?

Ein angetrunkener, älterer Kerl, der Jo schon eine Zeit lang von seinem Tisch aus angestarrt hatte, wankte nun auf den freien Barhocker neben ihr zu.

Plötzlich hatte er die Nase voll davon, draußen herumzustehen und rannte in übermenschlicher Geschwindigkeit zur Kneipentür. Vielleicht gelang es ihm ja, sie auszufragen, wenn sie genug Alkohol im Blut hatte, sagte er sich. Oder seine Gegenwart ärgerte sie genug, um nach Hause zu gehen und zu schlafen. Auch gut, dann könnte er sie nochmal in Tiefschlaf versetzen und nach der Hausdurchsuchung doch noch in den Wald gehen und Geige spielen.

Jo saß mit dem Rücken zum Eingang. Als er eintrat, bemerkte sie weder ihn noch den Betrunkenen, der bereits seine Hand nach ihrem Po ausstreckte.

Etwas Neues, Unbekanntes regte sich in Quints Innerem.

Ohne nachzudenken, überholte er den Typ und stieß dabei absichtlich dessen Hand samt dem ganzen Kerl beiseite. Dann pflanzte er sich in aller Seelenruhe selbst auf den Hocker neben Jo. Der verschwitzte Mann taumelte, wollte aber wohl nicht so schnell aufgeben und steuerte den leeren Hocker auf der anderen Seite von Jo an.

„Der ist auch besetzt“, knurrte Quint und bedachte den Kerl mit dem Blick eines Raubtieres, das proklamiert: Das ist meine Beute, versuch es und ich reiß dich in Stücke.

Der Typ hatte wohl einen gesunden Überlebensinstinkt, denn er gab seinen Versuch auf und verließ sogar das Lokal.

Erst durch seinen Kommentar schien Jo ihn bemerkt zu haben und wandte ihm den Kopf zu. Genervt stieß sie die Luft aus.

„Das ist meine Lieblingskneipe, Quint, und ich will mich hier in Ruhe betrinken, also geh woanders hin“, sagte Jo unverblümt.

Anstatt auf sie einzugehen, rief er dem Barmann lediglich zu: „Einen Whisky.“

„Welchen?“

„Einen guten, schottischen – Auriverdes, wenn Sie haben.“

„Kommt sofort.“

„Dann werde ich eben gehen“, meinte Jo mit bitterer Stimme. „Danke, dass du mir den Abend versaut hast.“

Sie wollte gerade vom Barhocker steigen, doch er hielt sie am Oberarm fest.

„Warte!«

»Warum?“, fragte Jo verärgert.

Ja, warum wollte er sie nicht einfach gehen lassen, sondern dass sie mit ihm hier sitzen blieb?

Um sie auszufragen, sagte er sich ignorant und verleugnete den Wunsch nach ihrer Nähe. Fragend sah Jo ihn an. Vermutlich sollte er jetzt etwas sagen, aber was?

„Warum willst du dich betrinken?“

„Um das klarzustellen: Ich mache das nur einmal im Jahr, an genau diesem Tag. Er ist – ich habe“, sie stockte.

Was wollte sie ihm gerade nicht sagen? Misstrauisch musterte er sie und registrierte, dass ihre Augen zu glänzen anfingen. So hatte das neulich auch bei Alice ausgesehen, kurz bevor das Mädchen anfing zu weinen, weil es sich das Knie aufgeschlagen hatte. Würde Jo jetzt auch weinen?

Schon wieder regte sich etwas in ihm, das er nicht deuten konnte, aber gleichzeitig fühlte er sich auch hilflos. Doch anstatt zu weinen schloss Jo kurz die Augen, atmete tief durch und fuhr dann fort: „Ich wollte wie jedes Jahr in Ruhe meinen Southern-Comfort-Trip absolvieren.“

Aus irgendeinem Grund war er froh, dass sie nicht weinte, aber plötzlich war es ihm noch wichtiger, dass sie bei ihm blieb. Vermutlich müsste er jetzt etwas sagen, damit sie nicht ging, aber was?

„Was ist ein Southern-Comfort-Trip?“ fragte er schnell, war aber auch neugierig.

„Ich starte mit dem Southern Trip, dann folgen die Städte: New Orleans, Florida und Manhattan. Und ich war schon bis Florida, bevor du kamst“, fügte sie genervt hinzu.

Stirnrunzelnd sah er den Barmann an, da Jo ihm keine weitere Erklärung gab.

„Das sind verschiedene Mixgetränke mit Southern Comfort“, erklärte der Mann hinter der Theke und stellte ihm den Whisky hin. „Im Southern Trip ist Orangensaft und Sekt drin, New Orleans ist mit Bourbon Whiskey, Amaretto, Zitronensaft …“

Er hatte Jo losgelassen und die griff nun nach ihrer Handtasche auf dem Tresen und wollte schon wieder gehen.

Während der Barmann mit seiner Auflistung fortfuhr, hielt er sie erneut am Oberarm fest.

„Lass mich los, Quint“, sagte sie und murmelte dann weiter: „Sobald ich meine Handtasche aufmache, würdest du mich vermutlich erschießen, also gehe ich lieber gleich.“

Ohne zu fragen, schnappte er sich mit seiner freien Hand ihre Tasche. Er öffnete sie einhändig, lugte hinein und entdeckte neben einem Smartphone auch die Walter PPK, Kaliber .22.

„Ich habe einen Waffenschein“, verteidigte sie sich mit gedämpfter Stimme, als der Barmann mit einer Kiste leerer Flaschen im hinteren Lagerraum verschwand. „Ich fühle mich damit sicherer. Man weiß nie, was in der Dunkelheit lauert.“

„Verständlich“, meinte er trocken.

Und ich weiß sogar ganz genau, welche Kreaturen in der Dunkelheit lauern.

Er ließ sie los und nahm die Pistole heraus. Zwischen seinem Körper und der Bar konnte die Waffe sonst nur Jo sehen.

„Hey, was machst du da?“

So leise, dass ihn die anderen Gäste nicht hören konnten, sagte er: „Aha, eine Walter PPK.“

Das war die perfekte Gelegenheit um herauszubekommen, ob Jo die Spuren bemerkt hatte, die er neulich hinterlassen hatte, also fragte er: „Ist das Magazin voll?“

„Ja, wieso?“

Entweder dachte Jo nur, das Magazin war voll oder sie hatte das Fehlen einer Patrone inzwischen entdeckt und sie ersetzt. Zeit, es herauszufinden.

„Ich kenn mich damit aus und wollte sie mir mal genauer ansehen.“

Er schob den Lauf zurück, dort war eine drin, dann holte er das Magazin heraus – es war tatsächlich voll. Also hatte Jo die fehlende Patrone registriert und bereits ersetzt. Das war gar nicht gut, dennoch hatte sie an seinen Besuch selbst wohl keine Erinnerung, sonst würde sie hier nicht so ruhig mit ihm sitzen. Oder hatte sie nur ein gutes Pokerface? Wobei sie ja eigentlich schon zweimal gehen wollte. Und Jo hatte sich auch allein aus dem Tiefschlaf befreien können, das war alles sehr merkwürdig. Andererseits war ihm schon zu Ohren gekommen, dass es Menschen gab, die zu einem gewissen Grad dem Einfluss von Vampiren widerstanden, zum Beispiel seine Mutter.

„Zuverlässiges Modell“, sagte er, ohne sich seine zwiespältigen Gedanken anmerken zu lassen. „Klein und leicht, gut für Frauenhände: Kaliber .22??“, fragte er, um den Schein aufrechtzuerhalten.

„Ja. Und nur damit du’s weißt, ich kann damit auch schießen. Auf ein paar Meter würde ich ohne Probleme dein Herz oder deinen Kopf treffen“, flüsterte sie gepresst.

„Das glaube ich dir.“

Ich habe dich sogar schon in Aktion gesehen und du bist schnell, das muss man dir lassen.

„Na ja, natürlich nur, solange du dich nicht bewegst“, fügte sie kleinlaut hinzu.

Ganz genau und ich bin schneller als du.

„Lachst du etwa über mich?“

Er tastete verblüfft nach seinem Mund.

„Ich grinse – tatsächlich.“ - Und es fühlte sich sogar gut an. Wann war ihm das zum letzten Mal passiert?

Um sie abzulenken, bot er an: „Deine Pistole müsste mal gesäubert und geölt werden. Bring sie morgen mit und gib sie Walter, bevor du das Gelände betrittst.“ Er steckte ihre Pistole zurück in die Handtasche. „Brauchst du noch Munition dafür?“

„Danke, das Reinigen wäre gut und nein, ich hab genug Patronen. Und jetzt raus mit der Sprache: Warum bist du hier, Quint? Hast du als Bodyguard nichts Besseres zu tun, als mir zu folgen? Das ist doch kein Zufall.“

Man konnte die Wahrheit sagen, ohne etwas zu verraten, das hatte ihm sein Vater beigebracht, und mit der Wahrheit lief man langfristig nicht so schnell Gefahr aufzufliegen.

Er legte seine Unterarme auf die Theke und fasste sein Whiskyglas mit beiden Händen.

„Das war die Lieblingskneipe meines Bruders und heute ist sein Todestag.“

Jo sah ihn für einen Moment skeptisch an, dann schaute sie wieder auf ihren fast leeren Florida Comfort Cocktail.

„Dann haben wir leider was gemeinsam. Ich hab meinen Mann verloren. Er kam auch gern hierher.“

Mit melancholischer Miene nahm sie ihr Glas und stieß es an seines.

„Auf den Schmerz, der nie vergeht.“

Voller Misstrauen geliebt

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