Читать книгу Voller Misstrauen geliebt - Lara Greystone - Страница 4

Kapitel 2

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Jo blickte zu der rauen, ungepflegten Männerhand, die sie mit brutalem Griff hielt. Der Letzte, der sie gehalten hatte, war ihr erster und einziger Mann gewesen. Liebevoll und sanft hatte er sie in seine Arme geschlossen und er hätte niemals zugelassen, dass ein anderer Mann so über sie herfiel – niemals!

„Antworten Sie endlich! Was ist das für eine Waffe?!“, brüllte der Kerl sie an.

Ein Kübel Eiswasser, den jemand über ihrem Kopf ausgießt, hätte sie nicht effektiver ins Hier und Jetzt befördert. Ihre schönen Erinnerungen verschwanden blitzartig und sie wurde stinksauer. Der Ärger klärte ihren Kopf, der sich nach dem heftigen Aufprall leer und schwindlig angefühlt hatte.

„Ein Lasermessgerät! Ich messe hier den Garten aus, das ist mein Job! Was dachten Sie denn? Sie dämliches Arschloch!“

„Quint, reiß dich zusammen und lass sie endlich los!“, forderte Rose. „Es ist in Ordnung, dass sie hier ist, Agnus hat es erlaubt.“

Der harte Blick des eiskalten Mannes durchbohrte Jo.

„Nichts ist in Ordnung. Sie gefährdet unsere Sicherheit.“

„Etwa indem ich heimlich Disteln und stachlige Büsche pflanze?“

„Und warum haben Sie Alice gefesselt?!“

„Gefesselt? Was für einen Blödsinn erzählen Sie da! Sie hat an dem selbstaufrollenden Maßband an meinem Gürtel gezogen, aber es hakte. Und jetzt lassen Sie mich endlich los oder ich hetze die Polizei auf Sie!“

Als der Typ keine Anstalten machte, seine beiden Schraubzwingen zu lockern, starrte sie wutentbrannt und mit gleicher Härte zurück. Sie war nicht mehr das zarte, sanfte Pflänzchen Josephine. Als er damals aus ihrem Leben gerissen worden war, hatte sie sich ganz allein und schwanger durchkämpfen müssen, Einsamkeit und tiefen Schmerz in ihrem Herzen ertragen – und obendrein noch ein Geheimnis bewahrt und das Leben um ihres Sohnes willen gemeistert. Dafür hatte sie hart werden müssen. Aus der behüteten Josephine war Jo geworden, eine Frau, die im männerdominierten Beruf des Landschaftsgärtners schwere Arbeiten verrichtete, bei Kälte und strömendem Regen Pflastersteine verlegte und niemand an sich heranließ. Nicht, dass es an männlichen Annäherungsversuchen gemangelt hätte, aber ihre Seele trauerte um den einen und sie musste in erster Linie an ihren Sohn denken, ihn großziehen, beschützen und verhindern, dass irgendjemand …

Ruckartig ließ der brutale Kerl sie los, bedachte sie aber mit einem Blick der Verwirrung, als ob er es selbst gar nicht glauben konnte, dass er seinen Griff gelöst hatte.

Ohne Grund streckte der Kerl mit den feuerroten, langen Locken seine Hand nach ihrer Stirn aus. Sie sah die Hand auf sich zukommen und wich sofort zwei Schritte zurück.

„Fassen Sie mich nicht an!“

Ihr wurde eiskalt, als die Hand wie in Zeitlupe dennoch näher kam, gleich hätte die sie erreicht. Und dabei hatte sie keine Angst, dass er sie schlagen würde, nein, sie fürchtete etwas anderes, viel Schlimmeres. Es gab draußen in der Nacht Wesen, die so vorgingen, wenn sie Erinnerungen aus dem Gedächtnis von Menschen löschten.

Abgrundtiefe Panik erfasste sie.

„Nein, bitte, tun Sie das nicht“, hörte sie sich selbst leise wimmern. Ihre Stimme erinnerte sie an die junge Josephine, die sich in Paris ängstlich zusammengekauert hatte und von einem Unbekannten gerettet worden war – aber seit damals war sie schon viele Jahre auf sich allein gestellt.

Aus den Augenwinkeln registrierte sie, dass die etwa fünfjährige Alice mit ihrem rotblonden Lockenkopf sie voller Mitleid ansah und sich dann zwischen sie und den etwa eins neunzig großen und ziemlich wild wirkenden Mann stellte. Mit all ihrer Kraft trat die Kleine dem muskelbepackten, aggressiven Kerl auf den Fuß. Sie legte ihre Stirn in Falten und sah ihn so böse an, wie es einem kindlichen Gesicht nur möglich war.

„Sie ist meine Freundin! Geh weg von ihr oder ich sage meinem Papa, er soll dich beim nächsten Training ganz doll verhauen!“

Jo bemerkte, wie das Verhalten der kleinen Alice den Kerl aus dem Konzept brachte. Er hielt inne und schaute ernst zu dem Mädchen herunter.

„Alice, das verstehst du nicht.“

„Oh, doch!“, stieß sie energisch hervor und stampfte mit ihrem Füßchen auf. „Und ich will das nicht! Wir haben uns gerade erst kennengelernt und sie ist sehr nett! Sie pflanzt mir einen Garten, in dem ich Beeren pflücken kann, und ein richtiges Indianerzelt kann sie mir auch bauen, nicht wahr?“

„Ein echtes Tipi?“, fragte Jo perplex, als sie große Kinderaugen erwartungsvoll anschauten. In dem Gefühl, hier einen Deal mit einem äußerst wichtigen Verbündeten eingehen zu können, nickte sie. „Ähm, ja, das kann ich gerne machen. Aber das würde Extrakosten verursachen, da musst du schon vorher deine Mutter …“

Abrupt wandte sich die Kleine an die Frau, die sich mit Rose bei ihr vorgestellt hatte. „Bitte, Mami, bitte, bitte, bitte …“

„Schon gut Alice. Wenn es zu teuer wird …“

„Dann zahlt dir das dein Großonkel“, wurde Rose von dem älteren Mann unterbrochen, der gerade zu ihnen getreten war und sich ihr zuvor beim Einlass auf das Grundstück als Walter vorgestellt hatte. Der hatte sie auch vor dem Betreten des Geländes auf Waffen abgetastet und wirkte trotz seines Alters sehr fit.

Dieses Abtasten hätte sie gleich stutzig machen sollen!

Wo gab es denn so was?

Waren die hier denn alle paranoid?

Wenn sie diesen Auftrag nur nicht so dringend bräuchte!

Nein, es reichte! Sie würde nicht alles mit sich machen lassen.

„Ich glaube, es ist besser, wenn Sie sich jemand anderen suchen. Ich werde ihnen für die Anfahrt und die Zeit hier nichts in Rechnung stellen.“

Jo drehte sich um, doch die kleine Alice zog sie an der Hand zurück.

„Nein, bitte! Bitte, geh nicht!“

Im gleichen Moment stellte sich auch dieser Walter zwischen sie und den aggressiven Kerl und sagte: „Anordnung vom Chef, Quint. Du sollst in sein Büro, und zwar sofort.“

„Ich wollte hier gerade noch etwas Wichtiges erledigen“, wies dieser Quint ihn zurecht.

„Ja, das ist mir klar. Genau deshalb will Agnus dich sofort sehen.“

Der ein ganzes Stück kleinere, aber drahtige und leicht grauhaarige Walter blieb wie eine deutsche Eiche vor Quint stehen.

Wutschnaubend rief der Typ mit den wilden, feuerroten Locken ihr über Walter hinweg zu: „Denken Sie ja nicht, Sie könnten sich hier einnisten! Ich bin noch nicht fertig mit Ihnen! Wehe Sie machen hier Fotos oder nehmen Ihr Handy mit auf unser Gelände! Und Fingerabdrücke will ich auch von Ihnen!“

„Haben Sie eigentlich einen Knall oder nur Verfolgungswahn?! Meine Fingerabdrücke werden Sie nicht bekommen, ich bin doch keine Straftäterin! Und mein Handy habe ich selbstverständlich dabei. Ich führe ein Geschäft. Ich muss für meine Kunden erreichbar sein.“

„Quint, du bist fertig hier. Setz deinen Hintern in Bewegung, Agnus wartet“, sagte Walter in einem kompromisslosen Befehlston und einer Art, die Jo an das Militär erinnerte.

Wo war sie hier nur hineingeraten?

Sie musste hier weg, schleunigst.

Mit geballten Fäusten rückte dieser Quint ab, rief ihr aber noch zu: „Seien Sie sich sicher, dass ich jederzeit ein wachsames Auge auf Sie habe!“

Sein zorniges Knurren hätte einem wütenden Grizzly alle Ehre gemacht.

So viel Geld könnte man ihr gar nicht bieten, dass sie hier auch nur eine Minute länger bleiben würde.

Oh doch, sagte ihr Verstand. Dir steht das Wasser bis zum Hals. Wenn einer Geld braucht, dann du!

Doch ihr Zorn war größer, und ehe sie es sich anders überlegen konnte, erklärte sie: „Dieser Mann ist ja irre! Hören Sie, unter diesen Umständen …“

„Bevor Sie einen Entschluss fassen, lassen Sie mich etwas erklären“, bat Walter.

Kaum hatte er seinen Satz beendet, rief ihm Rose etwas in einem unverständlichen Stakkato in einer Sprache zu, die für Jo wie Spanisch klang, was zu Rose’ südländischem Äußeren mit dem dunklen Teint und den langen, rabenschwarzen Locken passte.

Dann wandte sich Rose an das Mädchen: „Alice, du darfst dir ein zweites Eis aus unserem Kühlschrank holen.“

Das ließ sich die Kleine nicht zweimal sagen und rannte voller Begeisterung in Richtung des alten Anwesens.

Als Alice außer Hörweite war, erklärte Walter: „Wie Sie auf unserem Schild gelesen haben, sind wir eine Bodyguardagentur, und dass Alice hier wohnt, hat mehrere Gründe. Einer davon ist, dass sie hier in Sicherheit sein soll. Alice kann sich auf Grund eines Gedächtnisverlustes zwar nicht mehr daran erinnern, aber sie wurde entführt und war viele Tage in den Händen eines Menschenhändlers. Dass wir sie lebend und unversehrt wiederhaben, grenzt an ein Wunder. Quint dachte vorhin, Alice würde wieder entführt. Er hat die Situation falsch eingeschätzt und überreagiert, das will ich gar nicht bestreiten. Aber ich hoffe, dass Sie in Anbetracht der Umstände darüber hinwegsehen können.“

Angesichts dieser Offenbarung wich ein Großteil der angestauten Wut aus Jo. Sprachlos blickte sie dem Mädchen nach, wie sie über eine der steinernen Terrassen ins Gebäudeinnere verschwand.

„Wer tut so etwas einem Kind an?“, murmelte Jo gedankenverloren.

„Auch die Frauen, die hier wohnen, wurden schon bedroht“, erklärte Walter. „Es ist deshalb wichtig, dass Sie keine Fotos machen, weder vom Gelände noch von den Bewohnern, und geben Sie auf keinen Fall Namen oder andere Informationen an Dritte weiter. Haben Sie das verstanden?“

Im letzten Satz schwang wieder dieser unmissverständliche Befehlston mit und das ließ ihre Gedanken von Alice wieder zu ihrer momentanen Situation zurückkehren.

„Ja, aber Sie müssen mit diesem Kerl reden, denn so ein Verhalten …“

„Verlassen Sie sich darauf, sein Chef wird ihn sich noch in dieser Minute zur Brust nehmen.“

Das war ihr nicht genug.

„Wenn er oder einer ihrer anderen Bodyguards nochmal so eine Rambonummer mit mir abzieht, dann bin ich weg und schreibe ihnen eine saftige Rechnung. Haben wir uns verstanden?“

Den letzten Teil ließ sie nun ebenfalls wie ein Kommando klingen. Die Männer hier mochten hart drauf sein, aber sie konnte das genauso gut. Denn das Leben war ihr Lehrmeister gewesen und die letzten zwanzig Jahre davon ziemlich hart.

Walter quittierte ihren Kommentar mit einem knappen Nicken und verschwand in Richtung des großen, altehrwürdigen Gebäudes.

Im Gegensatz zu ihren starken Worten gerade eben fühlte sie sich hundeelend. Ihr Brustkorb brannte wie Feuer, sobald sie etwas tiefer Luft holte, ihr Handgelenk schmerzte und ihr Schädel dröhnte höllisch, seit dieser Quint wie ein Felsbrocken auf ihr gelandet war. Und genau das war er: ein steinharter Kerl, der ihr das Leben erklärtermaßen schwer machen würde.

Als wäre es für sie im Moment nicht schwer genug!

Quint – abgesehen von Obdachlosen hatte sie noch nie jemanden gesehen, der sein Äußeres so vernachlässigte, ansonsten hätte er in der Frauenwelt vermutlich Erfolg. Den 10­–20-Tage-Bart konnte man ja noch als verwegen durchgehen lassen, aber seine wilden, feuerroten Locken, in denen Frauen vermutlich gern ihre Finger vergraben würden, waren am Rande der Verfilzung. Sein markant männliches Gesicht war von purem Hass oder Verbitterung völlig verhärtet. Falls seine Lippen jemals ein Lächeln zustande brachten, sahen sie vermutlich zum Dahinschmelzen aus. Doch sie waren aufeinandergepresst und wirkten wie eine unausgesprochene Drohung, ebenso wie seine muskulöse Statur. Die starken Hände dieses Quint hatten ihr nur wehgetan, zudem waren sie ungepflegt und starrten vor Dreck, ebenso wie seine ganze Kleidung. – Aber durfte ausgerechnet sie sich ein Urteil über sein Äußeres anmaßen? ?

Ihr Blick glitt zu ihren eigenen Fingernägeln, kurz und fast immer mit Erde darunter. Ihre Jeans, das Tanktop und das meist offene Flanellhemd blieben durch ihre Arbeit auch nicht lange sauber. Aber wenigstens zog sie jeden Tag frische Sachen an und duschte, was – dem Gestank nach zu urteilen – bei diesem Quint wohl jeder bezweifeln würde.

Sie atmete tief durch und wurde sofort mit einem unbarmherzigen Brennen bestraft. Am liebsten hätte sie sich ins Bett gelegt und dort jammernd zusammengerollt, aber das Leben war schließlich kein Ponyhof und sie brauchte diesen Auftrag dringend. Also biss sie die Zähne zusammen – wie so oft.

„Hier wäre ein guter Standort für den Pflückgarten“, erklärte sie Rose und versuchte dabei, nicht zu tief zu atmen. „Aber ich werde das erst entscheiden, wenn ich den Rest ihres Außengeländes gesehen habe. Als Pflanzen für ihre kleine Alice schlage ich dornenlose Brombeeren vor und natürlich Himbeeren. Ich kenne eine leckere Sorte Stachelbeeren, deren Haut nicht pelzig ist, und wenn es etwas herber sein darf, kommen auch Johannisbeeren oder Sauerampfer in Betracht. Erdbeeren dürfen auf keinen Fall fehlen und ich würde eine Sorte wählen, die den ganzen Sommer über Früchte trägt. Für Heidelbeeren ist die Erde hier allerdings nicht ideal. Am Rand des Pflückgartens kann ich Gänseblümchen und eine Veilchenart pflanzen, die ebenfalls essbar sind.“

„Das hört sich gut an.“

„Darf ich darüber hinaus einen Vorschlag machen?“

„Natürlich, gern.“

„Ich könnte die Anpflanzung unter Berücksichtigung der Lichtbedürfnisse der Pflanzen, auch in einer Art Schnecke oder Labyrinth vornehmen. In deren Mitte kann Alice an einer wetterfesten Sitzgruppe für Kinder mit ihren Freundinnen naschen, was sie zuvor gesammelt hat. Das muss nicht viel kosten …“

„Das hört sich traumhaft an und Alice hat ein bisschen glückliche Kindheit verdient, nachdem ihre Eltern ermordet worden sind.“

„Was? Aber sie sagte doch Mama zu Ihnen, ich dachte Sie wären …“

„Nein, aber ihre Mutter war meine Schwester“, stammelte Rose. „Ich …“ Dann brach sie ab und die bisher so taff wirkende Südländerin blinzelte energisch, als wolle sie Tränen unterdrücken.

„Alice wirkt trotz allem sehr fröhlich“, meinte Jo und versuchte damit, die Situation zu überbrücken.

Rose schluckte, wich ihrem Blick aus, sagte aber mit fester Stimme: „Alice erinnert sich nicht an den Tod ihrer Eltern und weiß nur aus Erzählungen, dass sie entführt wurde, was eine logische Folge ihrer traumatischen Erfahrungen ist.“

Diese Erklärung klang einstudiert und außerdem wandte Rose den Blick ab. Jo hielt das Ganze deswegen eigentlich für eine Lüge, aber bei so einem tragischen Ereignis …

„Vergessen kann wohl auch ein Segen sein“, murmelte Jo daher nur.

Ob ihre vergessenen 183 Tage vielleicht so traumatisch gewesen waren, dass sie sich selbst gewünscht hatte, sich nie mehr daran erinnern zu müssen? – Nein, die Ungewissheit, was aus ihm geworden war, ließ ihr seit über zwanzig Jahren keine Ruhe. Jahrelang hatten sie eine heimliche Beziehung mit falscher Identität geführt. Was allerdings im letzten halben Jahr – ihren vergessenen 183 Tagen – passiert war, bis zu dem Tag, an dem er spurlos verschwand, war in ihrem Gedächtnis wie ausradiert. War er ermordet worden? Oder hatte man ihn entführt? Saß er irgendwo in einem dunklen Kerker ohne Hoffnung? Dachte er jeden Tag an sie und versuchte auszubrechen? Oder lag er längst tot in der kalten Erde?

Jo wurde aus ihren Gedanken gerissen, als eine Frau mit einem schwarzen Koffer zielstrebig und energischen Schrittes auf sie zukam.

„Das ist Alva, unsere Ärztin und die Ehefrau unseres Chefs“, stellte Rose die Frau vor.

Die typisch nordischen Wangenknochen unterstützten den charakterstarken Ausdruck von Alvas Gesicht. Im Gegensatz dazu umspielten es die dunkelbraunen Haare geradezu, die wild stufig geschnitten waren und ihr bis auf die Schulter reichten.

„Richtig, ich bin die Ärztin hier und ich habe mitbekommen, dass Sie einen Zusammenstoß mit unserem Quintus hatten.“

„Er hat mich über den Haufen gerannt und mir ein Rambomesser an die Kehle gehalten, weil er dachte, ich bringe Leute um und entführe kleine Mädchen!“, berichtigte Jo die Ärztin energisch.

„Ich bin nicht für die Erziehung zuständig, ich bin Ärztin“, sagte Alva, setzte ihren Koffer auf der Wiese ab und öffnete ihn. „Also: Haben Sie Schmerzen? Wenn ja, wo?“

Noch so eine von der taffen Sorte, dachte Jo im Stillen, verbiss sich jedoch einen weiteren Kommentar, denn Extrakosten für Medikamente konnte sie sich im Moment wirklich nicht leisten.

„Das Atmen tut mir höllisch weh, ebenso wie mein Kopf. Und ach ja, mein linkes Handgelenk schmerzt auch.“

Alva holte eine kleine Lampe aus der Tasche, leuchtete in ihre Augen, danach musste sie den Anweisungen der Ärztin folgen und tausend Fragen beantworten.

„Hinsetzen und das Shirt etwas hochziehen.“

„Was? Hier im Gras?“

„Sie sind Gärtnerin, das sollte Ihnen doch nichts ausmachen. Und glauben Sie mir, Sie sind nicht die Erste, die ich auf einer Wiese unter freiem Himmel behandle.“

Jo fügte sich der resoluten Forderung und auch allen weiteren. Die Ärztin holte zunächst ein Stethoskop hervor, dann eine Blutdruckmanschette, anschließend musste sie sich sogar hinlegen und wurde penibel abgetastet. Aber diese Alva machte ihren Job wenigstens gründlich, was Jo beruhigte, denn sie befürchtete tatsächlich, sich mindestens eine Rippe angeknackst zu haben.

Voller Misstrauen geliebt

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