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TEIL 1 DIE BEDEUTUNG GEISTLICHER MENTORENSCHAFT Kapitel 1: Gesucht: Geistliche Mentoren
ОглавлениеJeder ist berufen, Mentor zu sein.
Vor kurzem sprach ich in einer dynamischen Mega-Gemeinde in den USA vor jungen Leuten. Im Anschluss daran kam ein junger Mann auf mich zu. „Ich gehöre hier zur Mitarbeiterschaft, aber nächsten Monat gehe ich“, vertraute er mir an.
Ich war perplex. „Wieso?“
Er sah mir tief in die Augen. „Larry, wenn auch nur einer aus der Leiterschaft dieser Gemeinde sich einmal im Monat ’ne Stunde auf ’nen Kaffee mit mir hinsetzen würde und mich fragte, wie’s mir so geht, dann würde ich bleiben.“ Er war auf der Suche nach einem geistlichen Mentor – jemandem, der etwas Zeit mit ihm verbringen, ihm Unterstützung und Feedback geben würde, während er es lernte, seine Gaben und Talente in der Gemeinde einzusetzen. Aber alle hatten sie zu viel zu tun, schließlich musste das umfangreiche Gemeindeprogramm am Laufen gehalten werden.
Vor ein paar Jahren war ich mit einem bekannten Evangelisten in Neuseeland unterwegs, und er sagte etwas, das ich nie vergessen werde. Seine Stimme klang müde, ja geradezu sehnsüchtig, als er sich zu mir umdrehte und sagte: „Weißt du, Larry, was ich wirklich brauche? Ich brauche einen Mentor.“ Dies war ein vollmächtiger, gesalbter Leiter, sehr erfolgreich als Evangelist – aber sein größtes Bedürfnis war, jemanden zu haben, dem es wirklich wichtig war, mit ihm zu kommunizieren. Er brauchte jemanden als Resonanzboden, jemanden, der ihm half, aus Problemen Gelegenheiten zu machen. Er sehnte sich nach einem geistlichen Mentor – einem mit allen Wassern gewaschenen Christen, der ihn sowohl ermutigen als auch beraten und unterstützen konnte.
Ein anderes Mal klingelte eine neubekehrte Christin an unserer Haustür. Sie war niedergeschlagen und entmutigt. „LaVerne und Larry“, sagte sie zu meiner Frau und mir, „ich weiß, der Herr hat mein Leben verändert, aber es gibt so viel, was ich nicht verstehe. Ich weiß nicht, ob ich es schaffe. Die Hälfte von dem, was ich in meiner Gemeinde höre, kapiere ich nicht.“ Dann ließ sie den wirklichen Schrei ihres Herzens heraus: „Wirklich, ich brauche jemanden, der mir hilft, die Dinge zu verstehen, die ich gelehrt bekomme. Ich brauche jemanden, der mir hilft, geistlich reif zu werden.“
Ein älterer Pastor, den ich kannte, stand kurz vor der Rente und wollte bald den Staffelstab an die jüngere Leiterschaft weitergeben, doch hatte er niemanden dahingehend trainiert, einmal seinen Platz einzunehmen. Mit feuchten Augen gestand er ein, dass es nicht auf die Reihe gekriegt hatte, seine geistlichen Schützlinge zu trainieren und aufzuziehen. Sie brachten ihm weder Respekt entgegen, noch wollten sie ihn als ihren Mentor haben.
Solche Geschichten höre ich immer wieder. Auf meinen Reisen rund um die Welt, auf denen ich Woche für Woche geistliche Leiter und solche, die es werden wollen, trainiere, begegne ich anhaltend dem verzweifelten Ruf nach geistlichen Mentoren, die willens sind, als geistliche Väter und Mütter zu dienen. Ob bei neubekehrten oder langjährigen Christen oder selbst unter Pastoren, überall ist die Not dieselbe: Tief in ihrem Inneren haben die Menschen Sehnsucht nach geistlicher Betreuung. Gott hat uns mit dem Bedürfnis geschaffen, in ein Beziehungsnetz eingebunden zu sein, doch in der Gemeinde ist durch einen schmerzlichen Mangel an Anleitung, Unterstützung und Interaktion ein Vakuum entstanden.
Immer mehr gläubige Menschen erkennen diesen Mangel. Vor einigen Jahren gab es in unserem Distrikt in Pennsylvania eine mächtige Jugenderweckung, die anfing, als ein paar junge Leute damit ernst machten, ihre Altersgenossen für Jesus erreichen zu wollen. Der Bibelkreis am Dienstagabend, den sie mit einer Handvoll Jugendlicher begonnen hatten, wuchs auf mehr als 1000 Teilnehmer an. Einer der jungen Leiter erzählte mir, warum er glaube, dass Gott gerade unsere Gegend als Erweckungsgebiet ausgewählt hatte: „Wir hatten geistliche Väter, die in der Lage und willens waren, uns zu dienen und uns zu ermutigen.“
Weil es geistliche Mentoren gab, die an jene jungen Leute weitergaben, was Gott ihnen geschenkt hatte, wurden junge Leiter herangezogen, die bereit waren, selbst wiederum geistliche Mentoren zu werden. Die nächste Generation fühlte sich geliebt und geschult genug, um selbst ein bleibendes Vermächtnis weiterzugeben.
Die Uncommon Individual Foundation, eine Organisation, die sich der Erforschung und Einübung von Mentoring widmet, berichtet: „Mentoring ist nach der Ehe und der erweiterten Familie die drittstärkste Art von Beziehung, wenn es darum geht, menschliches Verhalten zu beeinflussen.“1
Randy MacFarland, als Vizepräsident für Training und Mentoring am Denver Seminary mit der Ausbildung von Mentoren befasst, sagt: „Die Zersplitterung der Familien und das Tempo der Veränderungen, die uns beständig abverlangen, uns neue Fertigkeiten anzueignen, sowie die Mobilität unserer Gesellschaft, die dazu führt, dass Familienmitglieder weit voneinander entfernt leben, sind der Grund dafür, dass Mentoring immer wichtiger wird … Oft vergessen wir, welch starke Wirkung es hat, wenn jemand an uns glaubt.“2 Genau das tun Mentoren: Sie glauben an die jüngere Generation. Sie helfen Leben zu formen und geben dabei ein Vermächtnis weiter.
Was aber passiert, wenn man eine Generation ihren eigenen Ressourcen und Möglichkeiten überlässt, ohne ihr durch Mentoring zur Seite zu stehen?