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Ein Aufruf zur geistlichen Elternschaft

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Anscheinend brauchte die Gemeinde in Korinth ein Stück Extra-Ermutigung durch Paulus, um in Liebe die Verantwortung der geistlichen Elternschaft auf sich zu nehmen. Paulus ermahnte die Gemeinde, dieses Bedürfnis nicht aus den Augen zu verlieren: „Denn wenn ihr zehntausend Zuchtmeister in Christus hättet, so doch nicht viele Väter“ (1 Kor 4,15).

Paulus sah, dass es im geistlichen Leben der Korinther viele Lehrmeister, aber nur wenige geistliche Mentoren gab. Seit Paulus sie zum Glauben an Christus gerufen hatte, hatten viele Lehrer die Korinther im Wort Gottes unterwiesen. Sie hatten auf diese Lehrer gehört und treu die Gemeindeveranstaltungen besucht, doch schließlich machte all ihr Bibelwissen sie überheblich (vgl. V. 18). Sie waren voller Stolz auf ihr Wissen und doch unreif im Glauben. Was ihnen fehlte, waren echte Eltern oder Mentoren, die ihnen durch praktische Anleitung und Unterstützung geholfen hätten, ihr Wissen ins wirkliche Leben umzusetzen.

Paulus wusste: Wenn die Gemeinde geistlich wachsen sollte, mussten alle Gläubige in lebendigen Beziehungen zu anderen stehen, die den Weg des Glaubens vor ihnen gegangen waren. Sonst würden sie sich damit zufriedengeben zu tun, was die „Lehrmeister“ ihnen sagten, statt dass sie lernten, selbst auf Gott zu hören. Solcherlei Weisheit konnten sie nur erwerben, wenn sie einen liebenden geistlichen Vater als Mentor hatten. Damit dieser Prozess rasch in Gang kam, kündigte Paulus den Korinthern an, er werde Timotheus zu ihnen senden – „der wird euch erinnern an meine Wege in Christus“ (4,17). Timotheus, geliebter und vertrauenswürdiger geistlicher Sohn des Paulus, war von diesem trainiert worden und würde jetzt anreisen, um seinerseits die Korinther zu trainieren. Paulus traute es Timotheus zu, die eigensinnige korinthische Gemeinde auf den rechten Weg zurückzuführen, weil er ihn wie einen Sohn herangezogen hatte. Timotheus war bereit, als geistlicher Vater der korinthischen Gemeinde das weiterzugeben, was er selbst an Vaterschaft empfangen hatte. Ausgehend von dem Beispiel des Paulus und des Timotheus würde die korinthische Gemeinde schon bald ihre eigenen geistlichen Söhne und Töchter hervorbringen. Paulus war davon überzeugt: Wenn gläubige Menschen gute Vorbilder in geistlicher Vaterschaft erleben, werden sie zugerüstet, ein Vermächtnis an die nächste Generation weiterzugeben.

Das geistliche Wachstum der Gläubigen in der Gemeinde von Korinth stockte aufgrund eines Mangels an reifer Leiterschaft. Nicht zugerüstet, um geistlich zu wachsen, mussten sie um ihre Identität in Christus ringen. Sie wussten nicht, wer sie im Herrn waren. In Ermangelung wahrer geistlicher Väter, die Vaterschaft hätten vorleben können, hatte sich die korinthische Gemeinde zu einem System entwickelt, das Programme und Lehrer hervorbrachte, statt zu einer Familie, aus der Söhne und Töchter hervorgingen.

Da sie ihre Identität nicht auf Christus gegründet hatten, suchten die Korinther sie in ihrem jeweiligen Lieblingsleiter: „Ich bin des Paulus … Ich des Apollos“ (1 Kor 3,4). Paulus tadelte die korinthische Gemeinde ob ihres Mangels an Reife und machte klar, dass Menschen zwar eine Rolle zu spielen haben, aber doch nur Gott allein die Quelle alles Guten ist, sodass die Menschen ausschließlich ihm folgen sollten. Was sie wirklich brauchten, waren geistliche Väter und Mütter, die gut auf sie aufpassten und sie auf dem Weg zur Reife anspornten. Sie brauchten geistliche Eltern, die in sie investierten in der Erwartung, dass sie am Ende selbst zu geistlichen Eltern würden. Daraus würde eine geistliche Ernte aus gläubigen Menschen mit christusfundierter Identität heranwachsen, die sich über die Generationen hinweg weiter multiplizieren würde.

Gott will geistliche Eltern hervorbringen, die bereit sind, geistliche Kinder großzuziehen, und diesen helfen, selbst geistliche Eltern zu werden. Darin erfüllt sich die Verheißung des Herrn, „das Herz der Väter zu den Söhnen und das Herz der Söhne zu ihren Vätern umkehren [zu] lassen“ (Mal 3,24). Der Herr stellt die Harmonie zwischen Vätern und ihren Kindern wieder her, und zwar sowohl im natürlichen als auch im geistlichen Sinne, damit Eltern unbeschwert ihr Erbe an die nächste Generation weiterreichen können. Kinder brauchen Eltern, die sie darin unterstützen, charakterlich stark zu werden, und ihnen immer wieder versichern, dass sie wertvolle Gaben Gottes sind. Und Kinder, die heranreifen, müssen dann ihrerseits die nächste Generation aufziehen.

Jeder ist berufen, Mentor zu sein: Wir werden als Kinder großgezogen, damit wir Eltern werden.

1 Erik Johnson, How to Be an Effective Mentor, Christianity Today 21, 2000, S. 36. Internetquelle: www.christianitytoday.com/biblestudies/areas/biblestudies/articles/le-2000-002-5.36.html (Zugriff Januar 2007).

2 Ebd.

3 Etwa: „In Verbindung leben. Die Mentorenbeziehungen, die Sie brauchen, um im Leben Erfolg zu haben“ – Anm. d. Übersetzers.

4 Paul D. Stanley / J. Robert Clinton, Connecting: The Mentoring Relationships You Need to Succeed in Life, Colorado Springs, CO 1992, S. 11.

5 Ebd.

Authentisches geistliches Mentoring

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