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5.8 Akteure im Zusammenspiel

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Warum ist es eigentlich notwendig, alle Akteure in einem so frühen Stadium der Evaluation, sogar noch vor der Konkretisierung der Evaluationszwecke und -fragestellungen, zu identifizieren?

Frühe Einbindung der Akteure steigert Evaluationsqualität

In vielerlei Hinsicht ist es zweckmäßig, die Beteiligten und Betroffenen in den Evaluationsprozess einzubinden. Das ist der Grundgedanke nutzungsfokussierter und auch partizipativer Evaluationsansätze. Ein zentrales Argument für den Einbezug von verschiedenen Beteiligten- und Betroffenengruppen besteht darin, dass man sich von deren Partizipation einen reibungslosen Ablauf, eine fundierte thematische Absicherung, hilfreiche Tipps für die konkrete Durchführung sowie eine gute Unterstützung bei der Nutzung der zu erzielenden Evaluationsergebnisse erhofft (Alkin, 1991; Mark & Shotland, 1985; O’Sullivan & D’Agostino, 2002; Patton, 2008, 2012).

Darüber hinaus wird es hilfreich sein, diese Personengruppen aktiv einzubinden, besonders auch dann, wenn Widerstände zu erwarten sind (Taut & Brauns, 2003). Außerdem kann der Einbezug derselben ihr Verständnis von Evaluationen erhöhen und sie sogar befähigen, ihr erworbenes Evaluationswissen später selbst anzuwenden. Dies zu ermöglichen, ist das zentrale Ziel des Empowerment-Ansatzes in der Evaluation (Fetterman, 2001).

Schließlich kann man fordern, dass Evaluationen in einer demokratischen Gesellschaft auf demokratischen Werten aufbauen sollen (House & Howe, 2000) und deswegen die Standpunkte der wichtigen Beteiligten- und Betroffenengruppen einzubeziehen sind (Strobl, Lobermeier & Heitmeyer, 2012).

Ob und in welchen Stadien der Evaluation der Einbezug von Beteiligten und Betroffenen sinnvoll ist, kann nicht allgemeingültig gesagt werden, sondern ist von Fall zu Fall zu entscheiden. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Beteiligte und Betroffene können während des gesamten Prozesses einbezogen werden, oder ihre Mitarbeit ist besonders in einzelnen Phasen (ohne damit andere Phasen auszuschließen) des Evaluationsprozesses interessant, z.B. bei der Zielfindung, der Kriterienbestimmung, im Bewertungsprozess oder bei der Ergebnisnutzung.

Allerdings ist der Einbezug der Beteiligten und Betroffenen leichter beschrieben als realisiert. Sämtliche relevanten Personen(-gruppen) zu identifizieren, ist in der Praxis, besonders bei größeren Evaluationsgegenständen, selbst bei guten Voraussetzungen unmöglich bzw. würde kaum noch Zeit für die anderen (in den folgenden Kapiteln beschriebenen) Evaluationsaufgaben lassen.

Die Einbindung der Akteure muss systematisch erfolgen

Doch wen wählt man aus? Der Einbezug von Beteiligten und Betroffenen kostet Zeit und Geld (für die Identifikation der entsprechenden Personen, für die Kontaktaufnahme, für die Diskussionen und Datenerhebungen, für die Ergebnisverdichtung, -kommentierung und -verbreitung etc.). Hieraus resultiert eine Verminderung der Ressourcen für andere Aufgaben. Dies schränkt die Anwendung eines umfassend partizipativen Ansatzes ein.

Jedenfalls ist hierfür eine genaue Analyse erforderlich im Sinne einer «stakeholder analysis». Sie beinhaltet nicht nur die Identifikation der Beteiligten und Betroffenen, sondern ganz pragmatisch auch deren Hierarchisierung bezüglich ihrer Wichtigkeit für die Evaluation. So gibt es Personengruppen, die für den Erfolg einer Evaluation relevanter sind als andere. Eine mögliche Hierarchie könnte Entscheidungsberechtigte an oberster Stelle platzieren, gefolgt von Meinungsführenden und Schlüsselpersonen, gefolgt von Repräsentanten großer, dann kleiner Gruppen. Je nach Zweck der Evaluation kann diese Rangordnung auch anders ausfallen.

Auch wenn der Zugang zu den entsprechenden Personen hergestellt ist, sind die notwendigen Informationen nicht leicht zu beschaffen. So müssen Beteiligte und Betroffene z.B. motiviert und begleitet werden, damit ihre Wertvorstellungen und Erfahrungen so erhoben werden können, dass sie in einer Evaluation nutzbar sind (House & Howe, 1999).

Wenn es gelungen ist, die Anliegen der Beteiligten und Betroffenen zu klären, kann versucht werden, die möglicherweise sehr heterogenen Ansichten zu einem Konsens zu verdichten (House, 1995) oder einen Minimalkonsens herauszuarbeiten. Oft entscheiden in Konfliktfällen die Einflussreichen, insbesondere die Auftraggebenden der Evaluation.

Im Zusammenhang nutzungsfokussierter bzw. partizipativer Ansätze wird den Evaluierenden neben ihrer beschreibenden und bewertenden zusätzlich eine pädagogische Rolle zugeschrieben, deren Grundidee sogar älter ist als die partizipativen Ansätze selbst (Weiss, 1989): Evaluierende sollen sowohl mithilfe des Evaluationsprozesses wie auch der Evaluationsergebnisse weiterbildend tätig sein und dabei auch Wissen über die Evaluation vermitteln. Dies ist eine der Grundideen der sogenannten Empowerment Evaluation (Fetterman & Wandersman, 2005).


➞ Lösung auf Seite 235

Übungsaufgabe 8:
«Aus Einsätzen und Informationsinteressen Evaluationsarten ableiten»Lösen Sie nun die Übungsaufgabe 8 auf Basis von Tabelle 2, S.47:
a) (1) Identifizieren Sie in Ihrem Fallbeispiel aus Übungsaufgabe 7 mindestens zwei der nachfolgend beschriebenen Beteiligten und Betroffenen. Geben Sie dabei jeweils an, (2) wer genau – mit Namensangabe – das im Fallbeispiel ist, (3) welche Einsätze (z.B. Hoffnungen, Befürchtungen, Konflikte) diese Personen in Bezug auf das Programm haben, also: in Bezug worauf sie zu gewinnen haben, in Bezug worauf zu verlieren und (4) welche (Informations-)Interessen folglich bestehen, auf die die Evaluation Antworten geben soll.Geldgebende der EvaluationAuftraggebende der EvaluationFinanzierende des ProgrammsTräger des ProgrammsProgrammverantwortlicheProgrammmitarbeitende, LehrendeTeilnehmende/ZielgruppenmitgliederAngehörige der ZielgruppenVorgesetzte, ArbeitgebendeArbeitskolleginnen und -kollegenFachöffentlichkeitAllgemeine Öffentlichkeit/SteuerzahlendeNotieren Sie Ihr Ergebnis in einer Tabelle mit vier Spalten a1), a2), a3), a4).b) Listen Sie beispielhaft auf, welche Evaluationsarten für mindestens zwei der Informationsinteressen infrage kommen, und nennen Sie Begründungen für den Einsatz der gewählten Evaluationsarten. Notieren Sie dieses Ergebnis in einer weiteren Tabelle mit den vier Spalten «Rolle», «Informationsinteresse», «Evaluationsart» sowie «Begründung».

VERTIEFUNGSLITERATUR

❙ Fitzpatrick, J.L., Sanders, J.R. & Worthen, B.R. (2012). Program Evaluation: Alternative Approaches and Practical Guidelines (4th ed.). Boston: Pearson.

❙ Scriven, M. (1996). Types of Evaluation and Types of Evaluator. Evaluation Practice, 17 (2), 151–161.

❙ Stufflebeam, D. L. & Coryn, C. L. S. (2014). Evaluation Theory, Models, and Applications (2nd ed.). San Francisco: Jossey-Bass.

❙ Wottawa, H. (1991). Zum Rollenverständnis in der Evaluation und der Evaluationsforschung. Empirische Pädagogik, 5 (2), 151–168.

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