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Am nächsten Morgen saßen Leila Andersson und Casper Munk im Flugzeug nach Luleå. Von dort würden sie mit einem Mietwagen nach Jokkmokk fahren, wo Sanna Bak lebte, Katts mutmaßlich letzte Lebensgefährtin.

„Wie steht Liverpool?“, fragte Leila, nachdem der Flieger in Stockholm abgehoben hatte und Munk den rosa Sportteil von Aftonbladet las. Die Tabelle der Premier League in England war an diesem Tag nicht abgedruckt. Munk wusste natürlich trotzdem, wo Liverpool stand.

„Erster“, sagte er und lächelte. Der FC Liverpool war sein Verein.

Munk legte die Zeitung beiseite.

„Wo wir gerade beim Fußball sind“, sagte er, „kennst du die Geschichte von Rune Katt und dem Lottoschein?“

„Nein. Hat das etwas mit unserem Fall zu tun?“, fragte Leila.

„Eher nicht, es ist schon fast 50 Jahre her – aber es ist eine schöne Anekdote.“

„Erzähl.“

„Eines Tages kam ein großer Fan auf Rune Katt zu und drückte ihm einen Lottoschein in die Hand“, begann Munk. „Der Fan sagte: Ich spiele diese Zahlen seit 20 ­Jahren, sie haben alle mit dir zu tun: die 14, die 9, die 19 und die 46 für dein Geburtsdatum, die 47 für deine Schuhgröße und die 49 für das Jahr, als du zum ersten Mal in einem Tor gestanden bist. Ich schenke dir diesen Lottoschein für die Ziehung am nächsten Samstag.“

„Und?“

„Es war wirklich unglaublich. Katt hat den Schein zerrissen, weil er dachte: so ein Unsinn. Aber am Montag las ihm ein Mitspieler die Lottozahlen aus der Zeitung vor und Katt wurde hellhörig – die Zahlen kannte er doch! Zusammen mit seinem Mitspieler setzte er die Schnipsel des zerrissenen Lottoscheins wieder zusammen, und er hatte eine Fünf mit Zusatzzahl!“

„Das ist viel, oder?“

„Katt gewann 1,5 Millionen Kronen.“

„Wahnsinn!“, rief Leila. „Hat er dem Mann, der ihm den Lottoschein geschenkt hat, etwas davon abgegeben?“

„Nein“, erwiderte Munk.

„Toller Kerl, dein Katt“, sagte sie spöttisch.

Munk schwieg. Er hatte die Geschichte als Kind gelesen, und damals fand er es nicht schlimm, dass Katt das ganze Geld für sich behalten hatte. Es war schließlich Rune Katt, und dem gönnte er alles. Jetzt fand er das Verhalten schäbig.

„Kannst du eigentlich die Aufstellung der Mannschaft aufsagen, in der Rune Katt gespielt hat?“, fragte Leila.

„Klar. Aber welche soll das sein – zum Beispiel die Mannschaft von AIK Stockholm in der Saison 1974, oder die Nationalmannschaft 1976?“

„Die AIK-Mannschaft von 1974.“

Munk überlegte nur einen Moment, dann begann er: „Katt, Lundgren, Borg, Hedlund, Zetterberg, Nyman, Huskonen …“

„Jari Huskonen?“

Leila kicherte.

Munk verzog keine Miene. „… Sören Huskonen, Landin, Nilsson, Gunnarsson und Sandberg.“

„Respekt“, sagte Leila. „Und wann hat dein Vater Geburtstag?“

„Irgendwann im Juli“, sagte Munk. „Warum?“

„Ich wollte nur wissen, ob du dir auch die wirklich wichtigen Dinge im Leben merkst.“

Sie lachte.

Munk stieß sie mit dem Ellenbogen leicht in die Rippen.

„Und jetzt du“, sagte er.

„Was?“

„Jetzt sagst du mir die Aufstellung einer kompletten Fußball-Mannschaft, meinetwegen von Borussia Mönchen­gladbach.“

Leila, deren deutsche Vorfahren nach dem Zweiten Weltkrieg nach Schweden geflohen waren, hatte Verwandte in Deutschland.

„Also gut“, sagte sie. „Pudelko, Gans, Löwe, Kalb, Hirsch, Schnuphase, Schaaf, Ziege, Rehbein, Hahn, Fuchs.“

„Das gilt nicht – das sind ja lauter Tiernamen“, beschwerte sich Munk, der etwas Deutsch verstand.

Sie lachte.

„Borussia Mönchengladbach kann ich halt nicht“, sagte sie. „Die Tiermannschaft konnte ich mir merken – mein deutscher Cousin hat sie zusammengestellt, und das sind alles echte Fußballer. Natürlich haben sie nicht gemeinsam in einer Mannschaft gespielt, aber sie waren alle Profi­fußballer in Deutschland. Mein Cousin hat auch noch eine Kuchenmannschaft und eine Sexmannschaft zusammen­gestellt.“

„Warum?“

„Aus Spaß.“

Munk konnte das verstehen: Dass man aus Spaß eine Tiermannschaft, eine Sexmannschaft oder eine Kuchenmannschaft zusammenstellt.

„Weißt du noch, wie die Spieler der Kuchen­mannschaft hießen?“, fragte er.

„Einer war früher bei Schalke und Manchester City“, sagte sie.

„Leroy Sane!“

„Genau.“

„Wer noch?“

„Schwarzwälder und Kirsch. Schwarzwälder war Torwart und Kirsch rechter Verteidiger, und wenn die Mannschaftsaufstellung mit den Namen, aber ohne die Rückennummern vorgelesen wurde, hieß es immer: Schwarzwälder, Kirsch …“

„Das hast du erfunden!“

„Nein! Wenn, dann hat es mein Cousin erfunden, aber ich glaube, es stimmt.“

„Wer spielt noch in der Kuchenmannschaft?“, fragte Munk.

„Cacau. Zusammen mit Sane im Sturm.“

„Wer noch?“

„Jetzt reicht es“, erwiderte Leila. „Das wird zu albern.“

„Wir haben auch noch die Sexmannschaft“, sagte Munk. „Einen Namen, bitte.“

Leila lachte.

„Wann wirst du endlich erwachsen, Casper Munk?“

„Bitte!“

Leila überlegte kurz.

„Martin Trieb.“

„Nicht besonders originell“, antwortete Munk.

„Ich kenne dich – das sagst du nur, damit ich noch einen Namen nenne.“

„Und wenn es so wäre?“

Leila lachte.

„Hupe, Rohr, Sackewitz“, sagte sie dann. „Jetzt ist es aber genug, wir landen.“

Munk verstand nicht alles, aber es reichte, um laut zu lachen. Leila war ganz und gar kein primitiver Mensch, nicht einmal derb war sie, und dass sie nun diese Namen der Sexmannschaft aneinanderreihte, war zu viel für ihn.

Als er nicht aufhören konnte – oder wollte – zu lachen, stieß ihm Leila in die Rippen, aber viel heftiger, als Munk es bei ihr getan hatte. Munk musste husten.

„Ist schon gut“, sagte er und hörte auf zu lachen. „­Lustiger Kerl, dein deutscher Cousin. Wie heißt er denn?“

Leila verdrehte die Augen.

„Er würde in einer Komikermannschaft spielen“, sagte sie.

„Laurel?“, riet er.

„Hardy“, sagte sie.

Opfer ohne Gewissen

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