Читать книгу Der Römer - Лассе Хольм - Страница 15

III

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»Hol Wein«, rief ich zu Petronius, der schnellen Schrittes verschwand. »Hilf mir, ihn hochzuheben, Marius. Hier drinnen ist es zu eng.«

Mit einem Schrei erwachte Drusus. Die drei Männer, die im Arbeitszimmer gesessen hatten, stürzten herein und versperrten uns die Tür. Ich schob sie zur Seite wie lästige Kinder und fegte die Schriftrollen vom Arbeitstisch.

Petronius kehrte mit einer gefüllten Amphore zurück. Marius zwängte den Wein in Drusus hinein, der wie ein Fisch auf einem Schneidebrett zappelte. Stück für Stück zog ich das Messer heraus und roch an der Wunde. Sollte Darminhalt in die Bauchhöhle geflossen sein, wäre er nicht mehr zu retten.

»Wer versucht denn, jemanden mit solch einem Messer umzubringen?«, sagte Marius. »Die Klinge ist nicht länger als eine Hand.«

»Deine Hände sind größer als die der meisten anderen Menschen, General. Von euch anderen hat wohl auch keiner gesehen, wie das passiert ist?« Ich wandte mich an die drei Gäste im Tablinum, unterbrach mich aber selbst. »Ave Domini. Es war nicht meine Absicht, respektlos zu erscheinen.«

Der Senatsvorsitzende Scaurus, der erst kürzlich das hohe Alter von siebzig Jahren erreicht hatte, lächelte freundlich und brachte sein spärliches Haupthaar in Ordnung. Er war klein und hatte einen krummen Rücken. Sein Gesicht war verrunzelt wie ein alter Apfel. Er sah aus, als würde er beim kleinsten Windstoß umfallen. Dennoch steuerte er Gerüchten zufolge sowohl den Senat als auch seine blutjunge Ehefrau wie ein Kapitän sein Schiff.

Der andere war Licinius Crassus Orator. Wie sein Beiname andeutete, war er der beste Redner Roms. Der Klang seiner Stimme war den meisten vertraut, denn er brachte seine Redefähigkeit recht großzügig unter die Leute, was ihn aber auch anstrengend machte. Seine Augen, deren Pupillen so klein waren, dass sie kaum zu sehen waren, taxierten mich, als hätte er allergrößte Lust, mich anzuspucken.

Der Dritte kam mir auch bekannt vor, doch es wäre unhöflich gewesen, ihn nach seinem Namen zu fragen, und damit anzudeuten, dass er nicht so bedeutend war wie die anderen beiden Herren. Seine Toga war neu, der Purpursaum war noch fast schwarz. Er verneigte sich mit einem ironischen Lächeln auf den schmalen Lippen, eine Parodie meiner eigenen Reaktion. Sein helles, fülliges Haar umgab das bleiche, sommersprossige Gesicht.

»Es gibt keinen Grund, derart unterwürfig zu sein, Chirurg«, sagte der alte Senatsvorsitzende mit einer Stimme, die klang, als würde ein Messer geschliffen. »In Rom sind wir alle ebenbürtig. Ja, das sind wir. Wir saßen hier drinnen und genossen einen Becher Wein, als uns Drusus’ Schrei ins Atrium eilen ließ. Doch keinem von uns gelang es, den Täter zu sehen.«

»Wie ärgerlich.«

»Ärgerlich, ja«, pflichtete Crassus Orator widerwillig bei und rückte die Toga an seiner hochgewachsenen, schlanken Gestalt zurecht. »Allerdings vermuteten wir, dass es sich um eine Magenvergiftung handelte. Drusus hatte sich den Tag über mehrfach übergeben.«

»Ja, er hat den ganzen Tag lang gebrochen«, bestätigte Marius.

»Das macht mir mehr Sorgen als die Wunde.«

Bei Drusus setzte nun blutiger Durchfall ein. Die rotbraune Masse lief wie Ameisenstraßen an den vergoldeten Beinen des kostbaren Arbeitstisches hinab. Seine Pupillen weiteten sich, sodass sie schon Eingängen ins Totenreich ähnelten. Spucke klebte an seinen Lippen. Er krümmte sich krampfartig, und seine Arme mussten festgehalten werden, damit sie nicht wie Spatzenflügel durch die Luft flatterten.

Seine Wunde roch nun nach Kot.

Immer wieder spannte sich sein Körper vom Nacken bis zu den Fersen wie ein Bogen, während er auf der Tischplatte lag. Er schrie und schrie immerfort, bis seine Stimme nur noch ein heiseres Winseln war.

Drusus’ Leiden währte sechs Stunden. Als der Morgen graute, hatte er schließlich das Bewusstsein verloren. Kurz danach blieb sein Herz stehen.

Ich schloss seine Augen und trocknete den Schweiß von seiner Stirn. Marius legte eine Münze unter seine Zunge und hielt schweigend den Unterkiefer mit zwei Fingern fest. Ich band ihn nach oben, sodass der Rigor mortis den Mund des Volkstribuns für immer verschließen würde.

»Wie konnte das geschehen?«, murmelte der alte Senatsvorsitzende heiser und strich mit seiner Hand über seinen Scheitel. »Das ist eine schlimme Situation. Ja, eine furchtbare Misere.«

»Es ist ein Skandal!«, rief der Orator. »Wer wird sich trauen, Drusus’ Arbeit fortzuführen, wenn das der Lohn dafür ist, das Unrecht in Rom zu bekämpfen?«

Er richtete in einer demonstrativen Geste die geballten Fäuste zum Himmel, als würde er sich an eine größere Versammlung wenden. Was er auch tatsächlich machte.

Das Gerücht über das Attentat hatte im Laufe der Nacht die gesamte Stadt erreicht. Der Pförtner Petronius hatte nur die wichtigsten Mitglieder des Senats hereingelassen. Trotzdem war das Peristyl, von wo aus sie durch die Fenster des Tablinums den Begebenheiten folgten, voll. Das gedämpfte Murmeln der Senatoren hallte durch das Haus wie sanftes Regengeplätscher.

Der mir unbekannte blonde Mann wanderte unentschlossen in einer Ecke des Arbeitszimmers hin und her. Er fuhr sich mit seiner Hand über das sommersprossige Gesicht, als wäre er erst gerade erwacht. An der Tür blieb er stehen.

»Ich sollte mich lieber davonmachen«, sagte er.

»Du bleibst hier«, entgegnete der Orator, ihm den Rücken zugewandt. »Wie meinst du das? Es war ein Zufall, dass ich hier war. Es wäre verdammt ungeschickt, wenn ich bleiben würde.«

»Damit magst du Recht haben«, krächzte der Senatsvorsitzende, »aber hättest du darauf Rücksicht nehmen wollen, hättest du vor einer Stunde gehen müssen.«

»Wovon redest du, Scaurus?«

Der Senatsvorsitzende starrte schweigend auf den Boden. Crassus Orator übernahm es, dem Blonden die Lage zu erklären.

»Die Tradition schreibt vor, dass Familie und Freunde eines Verstorbenen mithelfen, die Leiche zu waschen.«

»Familie und Freunde? Zum Hades, ich gehöre weder zum einen noch zum anderen.«

Der Orator taxierte ihn mit seinen winzig kleinen, nadelspitzengroßen Pupillen.

»Du warst bei seinem Tod zugegen.«

»Das waren die da auch«, protestierte der Blonde und deutete aus dem Fenster hinaus.

»Die Senatoren hielten sich nicht in dem Zimmer auf, in dem der Tod eintrat. Aber wenn du gern den Mores maiorum trotzen möchtest, dann meinetwegen.«

Roms ungeschriebene Verhaltensregeln übertrat kein Patrizier ungestraft. Der Blonde griff nach einem Becher Wein und sank auf einen Stuhl.

Der Senatsvorsitzende und der Orator begannen, die Schriftrollen aufzusammeln und sie von Exkrementen und Blut zu säubern. Das führte jedoch nur dazu, dass sie sich selbst beschmutzten. Ein Sklave kam ihnen mit einem Leinentuch zu Hilfe. Sie arbeiteten schweigend weiter, während sie es sorgfältig vermieden, sich gegenseitig in die Augen zu schauen.

Die Stimmen der beiden Ärzte aus dem Garten unterbrachen die Stille. »Es gab keine Hoffnung«, verkündete der erste wie ein Schauspieler in einer griechischen Tragödie.

»Wir taten unser Bestes«, rief der andere, »aber vor Waffen und Gewalt muss die Wissenschaft weichen.«

Die Senatoren scharten sich um sie wie Spatzen um Brotkrumen auf der Straße.

»Das lange Schwert wurde mit gewaltiger Kraft geführt«, fuhr der Erste fort. »Der Mörder muss ein wahrer Riese gewesen sein.«

In dem Vorwort zu seiner Abhandlung De Medico schreibt Hippokrates, der Vater der ärztlichen Heilkunst, wie er, als er einen Patienten verloren hatte, von der erdrückenden Erkenntnis der engen Grenzen seiner Fähigkeiten übermannt wurde, und dass er sich nur in diesem Zustand erlaubte, irrational zu handeln. Ich berufe mich auf dieselbe Entschuldigung, als ich, mit der Mordwaffe in meiner Hand, zum offenen Fenster lief und rief: »Ist dies das lange Schwert, von dem ihr sprecht? Das so weit unten in Drusus’ Bauch steckte, dass es ein Kind hineingerammt haben könnte?«

»Trotzdem verursachte es seinen Tod«, schnaubten die Ärzte.

»Nein, das tat es nicht. Marcus Livius Drusus starb nicht durch den Messerstecher. Der Volkstribun hatte zwei Mörder.«

Der Römer

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