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VII

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Wir liefen schnellen Schrittes denselben Weg zurück, den ich in der Nacht zuvor mit Petronius gegangen war. Über uns türmten sich die Häuser in sechs oder sieben Geschossen auf, immer ausladender, je höher sie waren, sodass die Nachbarn unter den Dächern einander die Hand reichen konnten.

In den Straßen wimmelte es von Menschen, die ihren Besorgungen nachgingen, Ballen mit allerlei Waren trugen, Lebensmittel begutachteten und um Preise feilschten in einem Durcheinander von Stimmen, Geräuschen und Gerüchen. Der Duft von frischgebackenem Brot mischte sich mit dem schweren Dunst vom Blut der Eingeweide und der abgetrennten Gliedmaßen von Schweinen, Schafen und Hühnern, die in Baumwollfetzen eingewickelt waren und auf den Rücken schwitzender Sklaven getragen wurden.

Im Gedränge der Mittagszeit konnte ein Spaziergang, für den man normalerweise eine Viertelstunde benötigte, bis zu einer Stunde dauern. Auch wenn man einen Gladiator wie Mutilus dabei hatte, der einem den Weg freimachen konnte.

»Was hat deine Meinung geändert?«, fragte Servilia und duckte sich unter einer Schüssel mit Brot, die aus einem Laden gestreckt wurde. »Als ich heute Morgen das Haus verließ, fragte ich Petronius aus.« Ich wich ein paar ungewaschenen Jugendlichen aus, die vorbeiliefen. »Er gab zu, den Messerstecher gesehen zu haben.«

»Sagte er auch, wer es war?«

»Nein, aber vielleicht haben uns die Senatoren gehört. Der Mörder kann einer von ihnen gewesen sein. Fällt dir jemand ein, der deinen Onkel so sehr hasste, dass er ihn umbringen würde?«

Sie schüttelte den Kopf und behauptete, dass die Freigiebigkeit ihres Onkels verhindert habe, sich persönliche Feinde zu verschaffen. Doch dann berichtigte sie sich selbst.

»Mein Halbbruder Cato mochte Onkel Drusus nicht. Aber er ist erst fünf Jahre alt. Ich habe drei Geschwister, aber ich bin das einzig legitime Kind meines Vaters.« Sie unternahm keinen Versuch, ihren Stolz über diesen besonderen Status zu verbergen und erläuterte sogar dessen Ursache: »Mutter betrog meinen Vater mit einem Mann namens Cato Salonianus, einem rothaarigen Emporkömmling und Enkel einer Sklavin. Deshalb ließ sich Vater scheiden. Wäre es ein anderer Patrizier gewesen, hätte man zumindest noch mit dieser Scham leben können.«

Auf dem kleinen Marktplatz am Ende der Vestatreppe musste sie sich einen Augenblick im Schatten eines Pinienbaums ausruhen, während Mutilus ungeduldig herumlief.

»Es tut mir leid«, keuchte sie, »dass ich in so schlechter Verfassung bin. Ich komme nur selten nach draußen.«

»Deine Verfassung ist prächtig, soweit ich das beurteilen kann.«

»Hör auf, Grieche. Wenn mein Onkel dich hören könnte …«

Ihre Stimme überschlug sich, als sie über das Schicksal ihres Onkels nachdachte.

»Hilf mir auf«, sagte sie. »Es ist nicht mehr weit.«

Eine Sklavin mit großen, verängstigten Augen empfing uns an der Kellertür mit der Mitteilung, dass Drusus’ Bruder zu Besuch gekommen sei und mit Servilia sprechen wolle.

Das junge Mädchen lief eine Treppe nach oben, drehte sich aber auf der untersten Stufe um.

»Elena«, sagte sie zur Sklavin, »Demetrios hier untersucht den Mord an Onkel Drusus. Sorge dafür, dass alle im Haushalt ihm erzählen, was sie wissen.«

»Warte, Servilia«, rief ich. »Kommt der Bruder deines Onkels häufiger unangemeldet zu Besuch?«

»Ja, gewiss. Sie waren zwar nur Halbbrüder und zwischen ihnen liegen 16 Jahre. Aber in den vergangenen sechs Monaten haben sie sich die ganze Zeit gesehen. Vorgestern war er zum Abendessen hier. Zusammen mit einigen von Onkels Freunden.«

»Drusus kann das Gift bei diesem Abendessen zu sich genommen haben. Das würde mit der Inkubationszeit übereinstimmen«, flüsterte ich und deutete auf die Treppe hinauf. »Kann der Halbbruder von Drusus einen Grund gehabt haben, ihm den Tod zu wünschen?«

»Onkel Mamercus?« Sie starrte mich an. »Das ist absurd.«

»Wer wird Drusus’ Vermögen verwalten, nun, da er tot ist?«

Servilia musste sich an der Wand abstützen.

»Aber Onkel Mamercus ist selbst reich.«

»Mehr möchte mehr haben. Pass auf, was du ihm sagst.«

Die Sklaven des Hauses befanden sich in unterschiedlichen Stadien von Panik. »Was soll aus uns werden?«, klagten sie. »Der Haushalt wird in alle Winde verstreut werden. Wir werden uns nie mehr wiedersehen.« Keiner von ihnen hatte von dem Treiben des Pförtners Notiz genommen.

Nur der Koch des Hauses bildete eine Ausnahme.

Er stützte eine Hand auf einen stabilen Eichentisch. Mit der anderen Hand wischte er sich mit einem schmutzigen Lumpen immer wieder über das Gesicht, das mit einer dünnen Schweißschicht bedeckt war. Seine Fettleibigkeit machte es schwer, sein Alter zu bestimmen. Er hieß Marcus, so wie sein Herr.

»Ich bin hier im Haus, seitdem mich mein Dominus als Zehnjähriger gekauft hat«, schluchzte er, sodass sein Wanst vibrierte. »Der alte Koch sagte, ich sei ein Naturtalent. Als er starb, wurden mir die Küche und zehn Küchensklaven anvertraut. Viele von ihnen waren schon länger als ich hier, doch der Dominus vertraute mir. Ich habe ihn niemals enttäuscht.«

Es beruhigte ihn, über sich selbst sprechen zu dürfen. Ich ließ ihn fortfahren und wurde in die Zubereitung von Schlickfisch eingeweiht, einer Karpfenart, die am Auslauf der Cloaca Maxima lebt und deren Fleisch nur ein Meisterkoch herauslösen konnte, ohne dass es zu Brei wird oder den Geschmack der Kloake annimmt. Als Belohnung für sein Können wurde dem Koch vor zwölf Jahren die Freiheit geschenkt. Der Stolz über diese persönliche Ehrenbezeigung richtete ihn auf und er blickte mir in die Augen.

»Wenn du ein freier Mann bist«, sagte ich, »warum bist du noch immer hier im Haus?«

»Ich zog es vor, dort zu bleiben, wo man mich schätzt. Welche Freude sollte mir die Eröffnung einer Taverne oder Bäckerei bringen? Damit hat man nur Mühe.«

Wenn man sein Leben lang anderen gedient hat, verlangt es mehr als gewöhnliches Draufgängertum, um sich eine eigenständige Existenz aufzubauen.

Marcus putzte sich die Nase. Der Rotz, der auf seine Tunika gespritzt war, lief unbemerkt an seiner breiten Brust hinunter. Ich fragte, ob er Petronius gesehen habe. Seine rotfleckigen Wangen zitterten, als er den Kopf schüttelte.

»Nicht seit gestern Abend im Atrium.« Er hielt sich die Hand vor den Mund. »Nein, Moment mal. Es war nicht im Atrium.«

»Vielleicht hier in der Küche? Als er zusammen mit mir ankam, und wir dann die Treppe hinauf zur Loggia gingen? Du saßest hier und weintest über einen Topf gebeugt.«

Der Koch nickte eifrig und versicherte mir, dass es in der Küche gewesen sei, als er Petronius zuletzt gesehen habe. Viel später sollte ich über seine Erzählung nachdenken und mich darüber ärgern, dass ich sie so missverstanden hatte. Doch ich besaß noch nicht das Wissen, seine Bedeutung zu erkennen. Die Punkte lagen noch zu weit auseinander.

Servilia kam in die Küche herab und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Marcus, der seine junge Herrin besser kannte, konnte ihr Schweigen schneller deuten als ich.

»Es gibt hoffentlich nicht noch weitere schlechte Neuigkeiten, Servilia?«, fragte Marcus eindringlich.

Ich schaute sie nacheinander an und wunderte mich darüber, wie familiär der Freigelassene mit der Adligen sprach.

»Onkel Mamercus war hier, um meine Zukunft zu besprechen«, erzählte sie.

»Er kam direkt nach der Eröffnung des Testaments. Onkel Drusus gelang es offenbar, vor seinem Tod meine Ehe zu arrangieren.«

»Oh, wie wunderbar!« Der Koch schlug die Hände zusammen. »Wer ist der Glückliche?«

Servilia kniff die Augen zusammen und schüttelte sich. Wer der Glückliche auch war, sie konnte ihn offensichtlich nicht leiden.

Das freute mich mehr, als ich mir eingestehen mochte.

Der Römer

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