Читать книгу Ein Thron aus Knochen und Schatten - Laura Labas - Страница 10
Kapitel Fünf
ОглавлениеDer Raum, den man für uns freigeräumt hatte, war fast so groß wie die Turnhalle im Camp, mit dem Unterschied, dass die Fenster schmaler waren und der Boden aus hellem Tanzparkett bestand. Außerdem mussten wir mit weniger Matten zurechtkommen und besonders viele Trainingsgeräte gab es auch nicht.
Ich half Ophelia dabei, eine der Matten in die Mitte zu ziehen, bevor wir uns an die nächsten beiden machten. Sie wirkte genauso nachdenklich und ernst wie die anderen auch.
»Was ist los?«, hakte ich schließlich in einem unbeobachteten Moment nach. Ty und Clarke diskutierten darüber, mit welcher Übung wir beginnen sollten.
»Nichts«, antwortete die Jägerin augenblicklich und für meinen Geschmack etwas zu ausweichend.
»Phi«, drängte ich sie und richtete mich auf. Die letzte Matte war an ihrem Platz.
»Es ist nur … Uns ist bewusst geworden, wie viel auf dem Spiel steht«, murmelte sie und begann sich dann neben mir zu dehnen. Ich ahmte ihre Bewegungen nach.
»Ihr habt Bird einen Besuch abgestattet?« Das war das Einzige, was mir einfiel, das diese Veränderung herbeigeführt haben könnte.
Sie nickte. »Und plötzlich war da wieder die Erinnerung an Clay … Bisher ist der ganze Auftrag einfach sehr abstrakt gewesen.« Ich war überrascht über ihre Ehrlichkeit und ihr Vertrauen, ließ es mir aber nicht anmerken. Ich wollte nicht, dass sie aufhörte zu reden und sich wieder hinter ihrer Mauer versteckte. »Wir wollen nicht sterben.«
»Natürlich nicht«, bestätigte ich nickend und hob meinen linken Arm, um die Hand zwischen meine Schulterblätter zu legen.
»Weißt du, als du in Ketten zu uns geführt wurdest, habe ich deinen Protest nicht verstanden. Dorian bietet uns diese einmalige Möglichkeit, etwas Positives aus unserem Leben zu machen. In dieser schattenreichen Welt etwas zu gewinnen. Und du, du lehntest es so vehement ab.« Sie stockte und blickte sich unsicher um. Niemand beachtete uns, da sich Hadley gerade einen Scherz mit Ian erlaubt hatte und sie beide von unseren Trainern gerügt wurden. Anscheinend hatte ihre Ernsthaftigkeit nicht so lange angehalten wie Ophelias. Oder sie waren besser darin, sie zu vertuschen.
»Aber jetzt ist mir klar, dass du recht hattest. Wir sollten nicht glücklich über diese Möglichkeit sein, nur weil sie die einzige ist, die wir bekommen haben. Die wir je bekommen werden.«
»Was willst du damit sagen?«
Sie lachte über meinen schockierten Tonfall. »Keine Sorge. Ich werde euch … uns nicht boykottieren. Ich habe ein Versprechen gegeben und das werde ich halten, aber ich werde nicht aufgeben, für etwas Besseres zu kämpfen. Selbst wenn es nie eintreten wird.«
Staunend starrte ich sie an, doch sie ließ mir keine Möglichkeit mehr zu antworten, da sie zu den anderen aufschloss. Mit allem hätte ich gerechnet, aber nicht mit einem derartigen Stimmungswechsel seitens Ophelia, die mir seit meiner Ankunft hier das Leben zusätzlich erschwert hatte. In ihrer Anwesenheit hatte ich stets das Gefühl gehabt, dass meine Wut und meine Widerspenstigkeit übertrieben waren, da sie keinerlei Probleme damit hatte, Dorian zu helfen. Irgendwann hatte ich mich dann auf den Gedanken eingelassen, dass es doch gar nicht so schlimm war nachzugeben, wenn ich selbst etwas als Gegenleistung von Dorian bekam. Und jetzt? War es Ironie des Schicksals, dass sie diese Entscheidung nun als falsch abschmetterte? Was sagte das über mich aus? War ich weich geworden?
»Alison! Hör auf damit, dumm in die Gegend zu starren, und setz dich endlich in Bewegung!«, schnauzte mich Clarke an und baute sich wie ein brummiger Bär vor mir auf.
»Ja, Sir.« Ich grinste und schob die verwirrenden Gedanken von mir weg.
Nachdem wir ein paar trockene Schlagabfolgen geübt hatten, nahm ich Ophelia erneut als Partnerin und kämpfte gegen sie, ohne sie zu verletzen. Es war schwierig, da ich noch mehr Kraft aufwenden musste, die Schläge vorher ins Nichts laufen zu lassen. Glücklicherweise konnte sie die meisten abblocken.
Nach dem Rollentausch lief es etwas anders, da sie mir kräftemäßig unterlegen war, doch sie machte vieles durch ihren Eifer wieder wett. Schon bald standen wir schweißüberströmt und außer Atem einander grinsend gegenüber.
»Das hat tatsächlich Spaß gemacht«, gab ich etwas widerwillig zu. Ich konnte Phi noch immer nicht sonderlich leiden, aber ich sah inzwischen mehr in ihr außer ihrer Vernarrtheit in Gareth.
»Irgendwie schon«, stimmte sie langsam zu.
»Wenn ihr fertig seid, euch gegenseitig in den Hintern zu kriechen … Ihr seid immer nur so stark wie das schwächste Glied in eurer Mannschaft. Teilt euch auf«, wies uns Ty zurecht.
Schnaubend ging ich auf Ian zu, der eigentlich kein Gegner für mich war, doch der Dämon hatte recht. Wir mussten alle mehr oder weniger auf demselben Stand sein, sonst würden wir uns gegenseitig nur behindern.
Ian mangelte es vor allem an Schnelligkeit. Er wirkte in seinen Abschlüssen träge und behäbig, als würde er einen Sack Kartoffeln auf seinem Rücken tragen. Kopfschüttelnd brach ich unseren Kampf ab. Verwundert sah er mich an.
»Du musst lernen, flinker zu werden. Dein Oberkörper bewegt sich langsamer als deine Beine, dadurch offenbarst du eine viel zu große Schwäche«, erklärte ich leise, aber bestimmt. Er hörte mir interessiert und wissbegierig zu. Ja, er wollte sich eindeutig verbessern. Unser Trainer trat näher. Er hatte uns die ganze Zeit beobachtet, aber vehement geschwiegen.
»Es wird helfen, wenn du an deiner Kondition arbeitest, zusätzlich solltest du an deinen Koordinationsfähigkeiten feilen. Ty, kennst du ein paar Übungen, die ihm dabei helfen?«
Er schien überaus zufrieden damit zu sein, dass ich ihn um Rat gefragt hatte, anstatt blind etwas vorzuschlagen. Sein Lächeln war breit und freundlich. »In der Tat.«
Den Rest des Trainings verbrachten Ophelia und ich damit, Ian und Hadley zu unterstützen. Ich hatte überhaupt nicht bemerkt, wie weit sie tatsächlich hinter uns zurücklagen.
Um Mitternacht stahlen wir uns wieder nach draußen. Auf dem Tisch lagen Handtücher, Wasser und diverse Snacks bereit. Ich wischte mir über die schweißnasse Stirn, ehe ich meinen Durst stillte. Noah wartete bereits auf uns.
»Warum gefällt mir nicht, wie du guckst?«, lachte ich, als er sich zu mir gesellt hatte. Er hatte sein dunkelbraunes Haar zurückgekämmt und trug trotz des kühlen Winds nur ein T-Shirt und eine Sporthose.
»Das kann ich dir nicht beantworten. Ich finde, ich sehe heute wieder ziemlich unwiderstehlich aus.«
»Ja, total.« Ich verdrehte die Augen, legte das Handtuch zurück und folgte ihm mit den anderen tiefer in den Garten. Wieder wurden Erinnerungen an meine Beinaheflucht wach. Fast wäre ich entkommen, wenn ich nicht Zeuge eines Treffens zwischen Dorian, Arias und Evan geworden wäre. Ein Treffen, das nach wie vor Fragen aufwarf, welche ich bisher gekonnt umgangen hatte. Wann hatte ich das letzte Mal an Evan gedacht? Ich erinnerte mich nicht. Das Leben als Jägerin der Gilde erschien mir weit entfernt und damit auch meine Beziehung zu ihm. Hatte ich Evan wirklich geliebt? Zugegeben, mich hatte es beinahe zerstört, von ihm auf diese brutale Art verlassen zu werden, aber nur beinahe. War es da nicht viel eher um meinen verletzten Stolz gegangen? Mitten in der Nacht von seinem Freund verlassen zu werden, war nicht gerade etwas, mit dem es sich gut leben ließ.
Wir erreichten einen von hohen Hecken umgebenen Bereich, in dem Noah vier Zielscheiben aufgestellt hatte, die jeweils anderthalb Meter voneinander entfernt standen. Auf einem Tisch lag ein großer Haufen Wurfsterne. Ich wusste, ich hätte Noahs zufriedenem Grinsen nicht trauen sollen. Einmal während des Trainings hatte ich ihm verraten, dass ich Wurfsterne nicht ausstehen konnte. Ich arbeitete lieber mit Wurfmessern. Sie waren um einiges berechenbarer.
»Hervorragend«, grummelte ich und stellte mich vor den Tisch, um die metallenen Sterne in die Hand zu nehmen. Es gab sowohl fünf- als auch vier- und dreizackige Sterne, die allesamt im Licht gefährlich aufblitzten.
Wir sollten uns alle mit ein paar Sternen eindecken und dann zeigen, was wir konnten. Die Zeiten, in denen ich Waffen nur in Noahs unmittelbarer Nähe benutzen durfte, waren vorbei.
Aber anstatt sofort zu beginnen, beobachtete ich zu Beginn Hadley, der neben mir stand. Ohne zu zögern, versenkte er sechs Sterne hintereinander in dem roten Bereich der Zielscheibe. Sprachlos starrte ich ihn an.
Er bemerkte meinen staunenden Blick und lächelte gutmütig. »George hat Wurfsterne geliebt«, war seine Erklärung, ehe er die seinen zurückholte.
George war der Anführer ihrer kleinen Waisenkindergang gewesen, wenn ich mich recht erinnerte. Er war auch derjenige, der in den Tempel des Aeshma eingebrochen war, um mehr über die Dämonen zu erfahren. Hadley hatte außerdem erzählt, dass er bei einer Explosion sein Leben verloren hatte.
Um nicht weiter blöd dazustehen, versuchte ich mich schließlich an ein paar Würfen, erkannte jedoch sehr schnell, dass ich Welten davon entfernt war, so gut wie Hadley zu sein. Es war einer der wenigen Momente, in dem ich mich den anderen Novizen unterlegen fühlte. Die Stärke und die Schnelligkeit, die mir der Schlüssel gab, halfen mir in dieser Situation nur wenig.
»Was sage ich dir andauernd?« Noah blieb neben mir stehen. »Pass auf deine Hüfte auf. Sie besteht weder aus Gummi noch aus Stein.« Ich warf erneut und verfehlte die Mitte. »Der Stern ist kein Messer, Alison. Lockere dein Handgelenk.« Seine Zurechtweisungen gingen noch Minuten weiter, bis mein Geduldsfaden riss und ich die Sterne fallen ließ.
»Kannst du mal bitte aufhören, mich andauernd zu kritisieren?«, knurrte ich wütend.
Noah verschränkte die Arme vor seiner Brust. Im Schein der Gaslampen erkannte ich seine selbstgefällige Miene und ahnte, dass er nichts sagen würde, was mich erfreute. »Hast du dich jetzt schon so sehr von Gareths Hochmut anstecken lassen?«
»Ich bin nicht hochmütig«, antwortete ich indigniert.
»Du hältst dich für was Besseres«, formulierte er seinen Vorwurf um, als würde er dadurch wahrer werden.
Ich schnaubte. »Und du denkst, nur weil Gareth und ich uns nicht mehr anbrüllen, dass ich gleich auf seiner Seite bin.«
»Bist du denn auf meiner?«
»Wieso seid ihr überhaupt auf zwei verschiedenen Seiten?«
»Das geht dich nichts an«, sagte er und stampfte davon. Ich war kurz davor, ihn gehen zu lassen, entschied mich aber dagegen. Man ließ Freunde nicht einfach wütend das Gespräch beenden. Zumindest nahm ich das an, da ich nicht sonderlich viel Erfahrung in dem Bereich gesammelt hatte.
»Noah!«, rief ich und schloss zu ihm auf, als er bereits die Hälfte des Weges zurück zum Haus hinter sich gelassen hatte. Ich hoffte, die anderen würden uns nicht folgen und einfach weitertrainieren.
Der Schattendämon stoppte und verkrampfte die Hände zu Fäusten. In seinen hellgrünen Augen herrschte helle Aufruhr. »Erinnerst du dich an das, was ich dir über mich erzählt habe?« Vorsichtig nickte ich. Sein Vater hatte seinen Bruder getötet, obwohl Noah eigentlich sein Opfer hätte sein sollen. Dorian hatte ihn daraufhin aufgezogen. »Gareth war keineswegs über meine Anwesenheit begeistert und hat alles getan, um das zu sabotieren.«
»Was meinst du?«
»Er hat versucht, mich bei Dorian schlechtzureden und alles zu zerstören, was mir etwas bedeutete.«
»Das glaube ich nicht«, entschlüpfte es mir, bevor ich es hatte zurückhalten können. Ich erkannte an seiner Miene augenblicklich, dass es das Falsche gewesen war. »Noah …«
»Ja, schon verstanden. Du bist jetzt auf seiner Seite. Alles, was ich sage, ist natürlich gelogen und an den Haaren herbeigezogen.« Ich hatte ihn noch nie derart außer Fassung gesehen und es bereitete mir Sorgen. »Vergiss es.«
Ich umfasste seinen Unterarm und hielt ihn davon ab, davonzulaufen. »Werde ich nicht. Es tut mir leid und natürlich hast du recht.«
»Er ist einfach nur ein privilegiertes Arschloch, Alison. Ich will nicht, dass du das vergisst.«
»Werde ich nicht. Versprochen.« Ich lächelte vorsichtig und wartete, bis sich die Spannung auch in ihm löste und er mein Lächeln erwiderte. Glücklich umarmte ich ihn fest. »Sorry. Aber du kannst manchmal auch selbst ein Arschloch sein.«
Er lachte so laut, dass sein ganzer Körper an meinem vibrierte.
Gemeinsam gingen wir zurück, ignorierten die neugierigen Blicke, mit denen wir begrüßt wurden, und gaben uns beide mehr Mühe. Ich mir im Sterne werfen und er sich im geduldig sein. Es funktionierte schon etwas besser. Am Ende unseres Trainings war ich immerhin so weit, dass die Hälfte meiner Sterne ins Ziel traf.
»Noah? Darf ich ein paar der Sterne mitnehmen?« Ich hielt sechs Stück in den Händen.
»Klar. Gareth sagte mir, er habe Dorians Einverständnis eingeholt, damit du deine Waffen zurückbekommst.«
Als ob er dadurch Gareth herbeibeschworen hätte, tauchte er auf der Lichtung auf.
»In der Tat.« Der Königsdämon nickte und trat auf mich zu.
Ich spürte Noahs warnenden Blick, ehe er sich zu den anderen gesellte.
»Hier sind die Waffen, die Camun dir damals abgenommen hat.« Camun. An ihn hatte ich lange nicht mehr gedacht. Er war der eigentliche Dämon, der mich entführt hatte. Dorian hatte lediglich die Gelegenheit genutzt, mich vor dem Tod bewahrt und zu seiner Gefangenen gemacht.
Gareth reichte mir einen kleinen Stoffbeutel, in dem meine Waffen klimperten. Ich holte fürs Erste nur mein Waidblatt hervor und berührte es wie einen verloren geglaubten Geliebten. Zwar hatte ich mit ihm gegen die Kaskaden gekämpft, doch danach hatte ich alle Waffen zurückgeben müssen.
»Natürlich ohne die Pistole. Die ist nicht erlaubt«, schnaubte Gareth und ließ mich aufsehen. Nur ein schwacher Hauch Missbilligung war in seinen Zügen zu erkennen. »Vergiss unser Training morgen Nachmittag nicht.«
»Keine Sorge.« Ich nahm die Wurfsterne und legte sie in den Beutel, bevor wir uns in Bewegung setzten, um zu den anderen aufzuschließen. »Hast du Angst?«
»Wovor?«
»Davor, dass ich dich mit meinen Waffen erledige?«
»Wohl kaum.«
»Das hab ich mir gedacht.« Ich lachte leise.
»Wieso fragst du dann?«
»Es war ein Versuch wert«, antwortete ich schulterzuckend. Als ich Ophelia erblickte, zog ich einen Schritt an. Sie hielt inne und bedeutete auch Ian und Hadley, stehen zu bleiben. »Ich dachte, wir könnten Bird gemeinsam noch einen Besuch abstatten? Ich weiß, wir sind alle müde und erschöpft, aber ich glaube, es wäre wichtig für sie. Und uns.«
Sie sahen einander an und nickten schließlich.
Die Dämonen achteten nur darauf, dass wir wohlbehalten nach drinnen gelangten und ließen uns dann in Ruhe.
Bird befand sich noch immer in ihrem Krankenbett, war aber hocherfreut, uns alle gemeinsam zu Besuch zu haben. Wir berichteten ihr jedes einzelne Detail von unserem leicht veränderten Training und dass wir uns nun vielmehr gegenseitig helfen würden.
»Dank Aly müssen wir jetzt auch noch zusätzlich laufen«, beschwerte sich Ian, dessen hellblondes Haar von einer Mütze, die er nun in einer Hand hielt, platt auf seinem Kopf lag.
»Hey, immerhin müsst ihr nicht vor Einbruch der Nacht zusätzliches Training absolvieren«, beschwerte ich mich und bewarf ihn mit einem Kissen, das er problemlos mit der anderen Hand auffing. Wir hatten uns alle auf die Doppelbettmatratze um Bird herum gesetzt, sodass es eng, aber kuschelig war. Hadley gähnte.
»Ich würde gerne tauschen«, gestand Phi und setzte eine verträumte Miene auf. Ich wusste ganz genau, worüber sie nachdachte.
»Was findest du denn so toll an ihm?«, fragte ich entnervt. »Er ist ein … Mistkerl. Wenn ich dir die Hälfte von dem erzählen würde, was er mir angetan hat, würdest du ihn nicht mehr so toll finden.«
Sie sah mich unbewegt an. »Warum erzählst du’s mir dann nicht einfach?«
»Äh …« Gute Frage. »Zum einen, weil ich nicht will, dass ihr mich anders anseht, und zum anderen … werde endlich mal erwachsen. Wir sind nur aus einem Grund hier, weshalb ich die Sterne für dich mitgenommen hab, Bird.« Ich fasste in den Beutel und holte die sechs Sterne hervor. »Wir müssen lernen, die Sterne in jeder Position zu werfen. Also auch im Liegen.«
»Aber ich habe kein Ziel«, betone sie, hielt einen der sechszackigen Sterne aber bewundernd in der Hand. Das Licht der aufgehenden Sonne wurde davon reflektiert.
»Ach, die Decke tut es doch auch.« Ich sprang auf, suchte einen Stift in den Schubladen des Schreibtischs, die im Gegensatz zu denen in meiner Kommode in meinem Zimmer gefüllt waren, und zeichnete mehrere Kreise auf die Decke direkt über dem Bett. »Lass sehen.«
Ich ging zur Seite, Bird zielte und warf. Der Stern wurde von dem Putz abgeschmettert und fiel neben ihr auf die Wolldecke.
»Du brauchst mehr Kraft als wir, wenn du der Wand was anhaben willst«, ermutigte ich sie. »Du schaffst das.« Und tatsächlich. Der zweite Stern blieb vibrierend mit anderthalb Zacken in der Wand stecken. »Sehr gut!« Wir applaudierten allesamt. »Und jetzt ab ins Bett. Wir müssen morgen fit sein.«
Das Lachen verebbte zwar, aber die gute Laune blieb, als jeder sein eigenes Zimmer aufsuchte und wir uns gegenseitig eine gute Nacht wünschten.