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2.2 Lerntheoretisches Modell

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Dem lerntheoretischen Modell zufolge wird abweichendes Erleben und Verhalten nach den gleichen Prinzipien erlernt wie normales Verhalten. Zu diesen Prinzipien gehört zum einen die klassische Konditionierung nach Iwan Pawlow (1849–1936). Dabei kann ein ursprünglich neutraler Reiz (z. B. ein Glockenton) eine konditionierte Reaktion (z. B. Speichelfluss beim Hund) hervorrufen, wenn der neutrale Reiz mehrfach mit einem unkonditionierten Reiz gepaart auftritt, der diese Reaktion automatisch ohne vorheriges Lernen auslöst (z. B. Futter).

Klassisches Experiment nach Pawlow:

1. Futter löst beim Hund Speichelfluss aus

2. Glockenton (= neutraler Reiz) löst keinen Speichelfluss aus

3. Futter wird mehrfach unmittelbar nach Glockenton dargeboten: löst Speichelfluss aus

4. Nur Glockenton löst Speichelfluss aus

Ein weiteres Lernprinzip ist das operante Konditionieren nach Skinner (1904–1990). Danach tritt ein Verhalten wahrscheinlicher auf, wenn es zu angenehmen Konsequenzen führt (positive Verstärkung) bzw. wenn es unangenehme Konsequenzen beendet (negative Verstärkung). Eine Ratte lernt so z. B. einen Hebel im Käfig zu drücken, wenn sie dafür Futter bekommt oder wenn Stromschläge dafür ausbleiben. Ein Verhalten tritt weniger wahrscheinlich auf, wenn es zu unangenehmen Konsequenzen führt (positive Bestrafung) bzw. wenn es positive Konsequenzen entzieht (negative Bestrafung).

Am Beispiel der Entstehung und Aufrechterhaltung einer Angststörung (Panikstörung) lassen sich diese Lernprinzipien auf eine psychische Störung bezogen veranschaulichen:

(Nach der Zwei-Faktoren-Theorie von Mowrer, 1947)

A: Entstehung der Angst: Klassisches Konditionieren

1. Bus fahren: keine Angstreaktion

2. Plötzliches Auftreten einer Panikattacke beim Bus fahren: unkonditionierte Angstreaktion

3. Bus fahren: konditionierte Angstreaktion (d. h. die Angst wird an das Bus fahren gekoppelt und in Zukunft bekommt die Person Panikattacken im Bus)

Bezogen auf die Angststörung wird die Aufrechterhaltung der Angst mit dem operanten Konditionieren erklärt:

B: Aufrechterhaltung der Angst: operantes Konditionieren

Das Busfahren und die konditionierte Angstreaktion sind unangenehm und stellen damit negative Konsequenzen dar. In der Folge wird das Busfahren in Vorausahnung der unangenehmen Angstreaktion vermieden. Das Meiden des Busfahrens wird durch das Ausbleiben der Angstreaktion belohnt und damit verstärkt. Dadurch wird das Verhalten über die Zeit sehr stabil und die Person betritt keinen Bus mehr.

Ein weiteres wichtiges Prinzip innerhalb der lerntheoretischen Theorien ist das Modelllernen nach Bandura (1968), bei dem Verhalten durch Beobachtung und Nachahmung anderer erlernt wird. Z.B. können ursprünglich furchtlose Kinder am Modell ihrer Eltern, die jedes Mal hysterisch aufschreien, wenn sie eine Spinne sehen, eine Phobie vor Spinnen entwickeln. In einer Verhaltenstherapie wird versucht, solche Verhaltensstörungen zu verlernen und gewünschtes Verhalten zu erlernen.

Die Kritik am lerntheoretischen Modell ist jedoch, dass Störungen nur auf beobachtbares Verhalten zurückgeführt und z. B. biologische Prozesse außer Acht gelassen werden.

Davison, Neale & Hautzinger (2007): Klinische Psychologie:

Kapitel 2.4 „Lerntheoretische Paradigmen“ (S. 40–47)

Polizeirelevante psychische Störungen

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