Читать книгу Von geilen, aber nicht allzu aufdringlichen Vampiren, Ehemännern mit Sixpack und Schokolade, die nicht dick macht - Leon Skip - Страница 9

Zombies - 2012

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Ich sehe mir gerne Filme aller Art an und liebe es, mir vorzustellen, wie´s am Set so zugeht. Ich stelle mir zum Beispiel vor, ich bin die Protagonistin in einem Horrorfilm und die Dreharbeiten sind in die entscheidende Phase getreten. Es ist jetzt die Szene dran, wo ich alleine und ahnungslos mit nassen Haaren aus dem Badezimmer trete, während gerade Dutzende Zombies bei den Fenstern meines kleinen, abgelegenen Hauses reinklettern. Da muss ich schreien, dass die Wände wackeln, so steht´s im Drehbuch. Ich trete also aus dem Bad, sehe die Untoten unbefugt ins Haus eindringen und schreie wie am Spieß, während ich gleichzeitig die Augen aufreiße, als wollte ich mir Kontaktlinsen einsetzen.

»Cut!« Megaphonverstärkt dröhnt der Regisseur durchs Studio. Die Zombies klettern wieder raus und begeben sich auf ihre Ausgangspositionen.

»Ok, Lizzie. Bitte sieh zum Küchenfenster und nicht zum Wohnzimmerfenster. Und halte das Handtuch fest. Man konnte eine Brustwarze sehen.«

»Hab verstanden, mach ich«, sag ich dem guten Mann und denk: Gut. Küche, Handtuch.

»Ok, Leute, ein bisschen weniger Nebel, uuund go!«

Ich biege wieder um die Ecke, sehe zum Küchenfenster und schreie, was das Zeug hält, aber das ist so kratzig am Kehlkopf, dass ich einen Hustenanfall bekomme, der mein Gesicht rot verfärbt.

«Cut, Cut! Ok, könnte mal bitte jemand Lizzie den Halsspray geben.«

Ein Assistent eilt herbei und bittet mich freundlich, den Mund zu öffnen. Er sprüht mir etwas zur Beruhigung meiner Schleimhäute in den Rachen und der Hustenreiz lässt nach. Die Visagistin tupft mein Gesicht nach und ich hole tief Luft.

»Gut, Lizzie, können wir?« Der Regisseur.

»Ja. Ja, ich denke, es geht wieder.«

Die Zombies sind schon wieder vor dem Haus versammelt und warten auf ihren Einsatz.

Nächster Take: »Uuund los!«

Ich komme nochmal aus dem Bad und brülle mir die Seele aus dem Leib, während ich entsetzt die Zombies erblicke. Das tut richtig weh, aber das Spray verhindert, dass ich meine Bronchien rausspucke. Ich schreie nochmal und nochmal, so steht´s im Drehbuch und ich denk grad, ich komm gut rüber, als wir wieder das Megaphon hören:

»Cut! Jetzt hört mal alle her. Die Zombies schieben die Vorhänge nicht zur Seite. Ihr steigt da einfach durch. Ist das wirklich so schwer zu verstehen? Ok, alles von vorne!«

Ich kriege noch eine Portion von dem Spray verpasst, während eine Assistentin meine Haare, die für den Dreh inzwischen bereits zu trocken sind, wieder nass macht. Ich gehe ins Bad und schließe die Tür hinter mir. Ich verfluche die Zombies da draußen und muss trotz Spray husten.

Was anderes: Ich liebe die See und die Seefahrt und bin froh, dass bei der modernen Version von Meuterei auf der Bounty im Vergleich zur älteren nicht mehr ganz so deutlich spürbar ist, wie Studioarbeiter Kübel mit Wasser auf die Protagonisten schütten, wenn das angeschlagene Schiff des nachts in stürmische See gerät. Mit ein bisschen Phantasie konnte man bei alten Filmen des Genres Seefahrt deutlich erkennen, wie die armen Hilfskräfte im Studio was geht Wasserkübel ausleerten, während Windgeneratoren den Schauspielern die Haare aus dem Gesicht bliesen und die Segel über ihren Köpfen gerade mal so eben ein bisschen hin und her schwangen. Eine müde Sache für jeden Segler und so stelle ich mir lieber vor, wie sich die Schauspieler auf dem Deck des gefakten Schiffs, das niemals im Wasser schwamm, die Hälse wund schreien, während sie in Richtung des Kameramanns blicken und entsetzt dem nahenden Untergang entgegensehen, der nie stattfinden wird. Lustig ist auch, wie die Tontechniker die Lautstärke des Sturms auf einen Bruchteil runterdrehen, wenn der Kapitän seinem Oberbootsmaat zuruft: Zwei Strich Steuerbord! Das würde sonst nämlich keiner im Publikum hören, also muss die Lautstärke runter. Kaum gesagt, wird der Sturm wieder auf ohrenbetäubendes Level getunt, bis wieder jemand was von sich gibt, dass das Auditorium über den weiteren Verlauf des schicksalhaften Geschehens an Bord der Brigantine informiert.

Besonders absurde Glücksfälle kann man bei Schießereien in Action-Filmen erleben. Bruce W. wird mitten auf der Straße von, sagen wir mal, zwanzig Gangstern verfolgt und alle schießen aus nächster Nähe auf ihn. Er dreht sich um und erschießt zwei oder drei mit gezielten Salven aus seiner Halbautomatik. Das geht aber nur, weil die sich nicht verstecken. Die stehen einfach so da und ballern, was das Zeug hält. Dann läuft Bruce wieder ein Stück davon und alle schießen ihm nach, treffen ihn aber nicht, obwohl er völlig ungedeckt ist und sie ihm dicht auf den Fersen sind. Jetzt wirft sich Bruce in Deckung, bevor er wieder ein Magazin leert und er trifft auch ein paar seiner Kontrahenten, immerhin stehen die ja nur auf der Straße rum mit ihren feuerspeienden Knarren. Und wieder fallen einige tot um, Bruce läuft ungedeckt weiter, Blei pfeift ihm um die Ohren, doch das Schicksal will es nicht, dass er schon jetzt seinem Schöpfer gegenübertritt. Er wirft sich wieder hin und pustet einigen, die einfach rumstehen wie Selbstmörder, das Lebenslicht aus.

Was Film und Medien angeht, kann man uns wirklich alles vormachen. Wir wollen das so und deshalb stört es uns nicht. Wer will denn schon mit den nackten Tatsachen des Lebens konfrontiert werden?

Nehmen wir mal ein Beispiel:

Eine künstliche Intelligenz erscheint auf der Bildfläche und bietet an, uns den Weg in eine schönere, segensreiche Zukunft zu weisen. Natürlich würde im echten Leben keiner von uns selbstherrlichen Kerlen diesem virtuellen Alien-Orakel vertrauen, aber setzen wir mal voraus, dass wir von der Allwissenheit dieses Geschöpfs überzeugt wurden und nunmehr darauf warten, welche Entscheidungen für die Zukunft anstehen.

Das Orakel:

»Ihr seid zu viele, ihr müsst auf eine Milliarde Menschen abspecken…«

»Was...? Ich will doch noch drei Kinder…!«

Das Orakel:

»Geht zurück in die Höhlen, bis sich der Planet erholt hat…«

»Hää…?«

Das Orakel:

»Lasst sofort Eure Autos stehen und schaltet alle Atomkraftwerke ab…«

»Wie bitte…?«

Das Orakel:

»Fördert kein Öl mehr und stellt keine Kunststoffe mehr her…«

»Fuck You! Wer hat Dich eigentlich gefragt…?«

Von geilen, aber nicht allzu aufdringlichen Vampiren, Ehemännern mit Sixpack und Schokolade, die nicht dick macht

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