Читать книгу Move to Oslo - Lina Nordmeer - Страница 17
Die Reise nach Oslo beginnt
Оглавление… move to Memphis (Oslo) that's what I'll do
going to move to Memphis (Oslo) and follow you
trace that highway down to your doorway
going to move to Memphis (Oslo) and be with you
Die Tage vergingen immer schneller, der Sommer näherte sich langsam dem Ende, jetzt war es endlich soweit – nur noch ein paar Stunden bis zum großen Start, um Tatjanas Traum wahr werden zu lassen. Sie packte ihren Koffer und hörte dabei Musik, als Lars von der Arbeit nach Hause kam.
„Hi Schatz!“ Lars gab ihr einen flüchtigen Kuss. „Ich muss gleich wieder weg, bin verabredet mit Arbeitskollegen.“ Er hastete Richtung Bad.
Tatjana wunderte sich, wie gleichgültig er mit ihr sprach. Sie hatte ein komisches Gefühl in der Bauchgegend, das hatte sie immer, wenn etwas passierte. „Lars!“, rief Tatjana ins Badezimmer. „Sehen wir uns heute Abend noch? Morgen früh gegen fünf Uhr holt mich Kati ab!“
„Ich weiß noch nicht, wie spät es wird, aber wir werden uns bestimmt noch sehen!“
Tatjana war auf einmal sehr enttäuscht von Lars, sie wollte aber nicht am letzten Abend streiten, also schluckte sie ihre Traurigkeit hinunter. Lars sah gut aus, als er ging, er hatte seine gut sitzenden Jeans und ein sportliches schwarzes Hemd an. Er trug seine coole Sonnenbrille und hatte sein Lieblingsparfum aufgelegt, das ihm Tatjana zu Weihnachten geschenkt hatte. Tatjana war erschrocken, als Lars ihren Abschiedskuss kaum erwiderte.
Sie machte sich große Sorgen, ob er sich wirklich mit seinen Kollegen treffen würde. Sie beschloss daher, ihm hinterherzufahren, um zu erfahren, was er vorhatte. Lars blieb an einer Straßenecke stehen, und Tatjana traute ihren Augen kaum, als sie eine Blondine in sein Auto einsteigen sah. Sie überlegte, wer das nur sein könnte. Sie wurde eifersüchtig und wäre am liebsten mit quietschenden Reifen Lars hinterhergefahren, doch das schaffte ihre Ente nicht. Auch durfte sie nun nichts überstürzen, sie wollte noch mehr Beweise sammeln und Lars auf frischer Tat ertappen. In ihrer Wut und ihrer Verletztheit stiegen Tatjana Tränen in die Augen, sie konnte teilweise die Verkehrsschilder gar nicht mehr erkennen. Irgendwann fuhr Lars rechts ab, direkt auf einen Parkplatz vor einem 5-Sterne-Hotel. „Nein, das ist jetzt nicht wahr!“, schrie Tatjana auf, also waren ihre Vermutungen richtig? Sie konnte den Anblick nicht ertragen, als Lars der großen Blonden den Arm reichte, damit diese sich bei ihm einhaken konnte. Sie fuhr los, nach Hause, so schnell sie konnte. Tatjana weinte und war total fertig. Sie machte sich Vorwürfe.
Vielleicht hatte sich Lars einen Ersatz gesucht, weil sie allein in den Urlaub fuhr. „Er muss ganz schön deprimiert deswegen sein“, dachte Tatjana. Als sie nach Hause kam, klemmte sie sich gleich das Telefon ans Ohr, um mit Kati zu reden.
Sie erzählte ihr alles und beschloss, dass Kati sie in einer Stunde mit dem Wohnmobil abholen sollte. Sie wollte nur noch weg und schrieb Lars einen kurzen Brief, in dem stand: Bin schon früher weggefahren, wirst mich ja nicht besonders vermissen! Bis in zehn Tagen, Tatjana. Ach ja, ich melde mich, wenn ich in Oslo angekommen bin – kümmere dich bitte gut um Gregor!
Kati stand wenige Minuten später vor dem Haus. Das bunte Wohnmobil war kaum zu übersehen. Tatjana nahm ihren Koffer und ihren Rucksack und verabschiedete sich noch von Gregor. Katrin umarmte Tatjana fest und nahm ihr das Gepäck ab. Sie stellte ihr Navigationsgerät an und ließ sich die Route nach Norwegen bis Oslo berechnen. Es waren genau 1.326 Kilometer bis zu ihrem Glück, jedenfalls eine lange Strecke. Tatjana begutachtete erst einmal das Wohnmobil von innen.
Es war echter Siebziger-Jahre-Style, in orange-braunen Farbtönen. Katrins Eltern waren in den 68ern stehengeblieben, totale Spät-Hippies. Tatjana war sich sicher, dass irgendwo unter dem Bett oder hinter dem Kühlschrank noch ein Joint rumliegen würde. Aber all das empfand Tatjana nicht als schlimm, sondern eher als befreiend. Katrin übernahm dann das Steuer, sie merkte, dass ihre Freundin mit den Gedanken noch ganz woanders war. Tatjana legte sich auf das runde, große Bett mit den weißen Lammfellen und hörte ihr Lieblingslied „With you, with me“ von Mortens neuer CD.
Sie dachte dabei an Lars, ob er sich bald bei ihr melden würde und wie es wohl mit ihnen beiden weitergehen sollte. Sie wusste nicht, ob sie ihm einen Seitensprung jemals verzeihen könnte, aber sie liebte ihn doch so sehr und spürte Wut und Angst gleichzeitig in sich. Ihre Gedanken drehten sich in ihrem Kopf wie ein Kettenkarussell. Um sich ein wenig abzulenken, nahm sie sich eine Frauenzeitschrift von dem Stapel, den Kati ihr zum Lesen neben das Bett gelegt hatte. Prompt stand doch gleich auf der ersten Seite ein Interview mit Morten Harket, und das konnte sich Tatjana natürlich nicht entgehen lassen und las es konzentriert. Morten meinte, wenn er eine Frau sehen würde, schaue er, ob sie gesund aussähe und im Gleichgewicht mit sich selbst sei. Das wäre für ihn attraktiv. Dieser Satz imponierte Tatjana sehr.
Als Katrin kurz vor Hamburg auf einen Rastplatz fuhr, weckte sie ihre Freundin aus einem tiefen Schlaf, mit Kaffeeduft und leckeren, belegten Brötchen, die sie unterwegs geholt hatte, während Tatjana tief und fest träumte, wahrscheinlich von Morten. Die beiden frühstückten im Wohnmobil, draußen regnete es in Strömen.
Katrin fragte Tatjana, wie es ihr gehen würde. Tatjana sagte daraufhin: „Ach, Kati, ich weiß es momentan selbst nicht. Lars hat sich bisher noch nicht gemeldet, was ich von ihm so nicht kenne. Traust du ihm zu, dass er mich betrügen könnte?“
Katrin überlegte kurz und sagte: „Ich glaube nicht! Vielleicht war das ja nur eine Arbeitskollegin und mehr nicht.“
Tatjana konnte nicht mehr klar denken, sie war zu sehr enttäuscht von Lars. Irgendwann wechselten sie dann lieber das Thema, um nicht zu viel zu grübeln, und sie fragte Katrin, wie es denn eigentlich beim Frauenarzt gewesen sei. Katrin hatte seit einigen Wochen das Gefühl, sie könne einen kleinen Knoten in ihrer Brust fühlen. Kati wurde erst sehr ruhig und erzählte dann Tatjana, dass der Arzt etwas noch Undefinierbares gefunden hat. Sie sollte in 14 Tagen operiert werden, weil der Arzt eine Gewebeprobe entnehmen wollte, um dementsprechend weitere Schritte einzuleiten.
Katrin erzählte das so gefasst, als würde sie die Geschichte einer Freundin weitergeben. Tatjana stiegen Tränen in die Augen und sie bekam Gänsehaut. „Meine Liebe, und das sagst du erst jetzt, wenn ich das gewusst hätte, wären wir doch zu Hause geblieben!“ Tatjana umarmte Katrin und hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie die ganze Zeit ihrer Freundin nur ihre dämlichen Selbstfindungsprobleme vorgeplappert hatte, ohne zu merken, dass es ihrer Freundin gar nicht gut ging.
Katrin reagierte sehr gelassen und erklärte Tatjana, dass sie froh sei, jetzt erst mal abgelenkt zu sein, vor der Operation. Sie wollte dann auch nicht mehr darüber reden.
Tatjana übernahm das Steuer, damit Katrin sich ein wenig ausruhen konnte. Während sie Richtung Flensburg fuhr, bekam sie eine SMS. Sie war tatsächlich von Lars. Tatjana war aufgeregt und fuhr 200 Meter weiter in eine kleine Parkbucht.
Katrin wurde wach, sie hatte nicht so einen tiefen Schlaf wie ihre Freundin. Tatjana zeigte Katrin, was Lars geschrieben hatte. „Hallo Tatjana, ich hoffe ihr kommt gut voran, pass gut auf dich auf und meldet euch mal, wenn ihr angekommen seid. Übrigens, Gregor geht es gut, liebe Grüße, Lars.“
Katrin war erstaunt, wie förmlich Lars schrieb. Tatjana wusste nicht, was sie machen sollte. Wäre es besser, die SMS zu ignorieren, oder sollte sie zurückschreiben? Auf der einen Seite hatte sie Sehnsucht nach Lars, und auf der anderen Seite wurde ihr fast schlecht vor Wut, weil sie das Bild vom gestrigen Abend nicht aus dem Kopf bekam.
Katrin gab ihr den Tipp, sich erst mal nicht zu melden. „Frau muss Mann zappeln lassen!“, sagte sie. Sie wollte Tatjana ein bisschen den Rücken stärken.