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Bei Morten in Saetre
Оглавление… in the dark space
when I close my eyes
I see your face shining
Like the moon in the night
And I must tell you
From my heart
I’ve been waiting my time
My love, all over the world
You’re with me, you’re with me, you’re with me …
Endlich kamen sie in Oslo an und suchten sich gleich einen Campingplatz in Ekeberg, etwa neun Kilometer von der Innenstadt entfernt. Nachdem Katrin das Wohnmobil auf dem Stellplatz geparkt hatte, nahmen die beiden ihre Fahrräder und erkundeten die Gegend, erst einmal Richtung Hafen.
Die Norweger, denen sie begegneten, waren sehr freundlich und aufgeschlossen. Als sie ein schönes Bistro fanden, beschlossen sie, einen eiskalten Sekt zu trinken und einen Salatteller mit Meeresfrüchten zu essen. Das Wetter war wunderschön, die Sonne schien, und Wolken formten sich zu witzigen Fantasiefiguren. Tatjana und Katrin waren gut gelaunt und freuten sich riesig auf das Konzert in zwei Tagen. Als sie mit dem leckeren Essen fertig waren, fuhren sie mit ihren Fahrrädern in die Innenstadt, um ihrer Shopping-Laune nachzugehen. Tatjana suchte noch ein schönes Kleid oder etwas ähnliches für den wichtigen Anlass, und Katrin wollte sich noch ein paar bequeme Schuhe kaufen, in denen sie lange stehen konnte.
Beide wurden glücklicherweise fündig und kehrten ruhig und zufrieden zurück zu ihrem Wohnmobil, als Tatjanas Handy eine SMS von Lars anzeigte. „Hallo Schatz, so kann es nicht weitergehen – ich dachte, du machst dir mal endlich Gedanken wegen unserer Situation momentan! Hast du nicht gemerkt, wie weh du mir getan hast mit der Oslo-Geschichte? Melde dich mal, bitte. LG Lars.“
„Oh je“, stöhnte Tatjana „da ist jemand mächtig sauer, und er hat ja auch irgendwie recht, oder?“ Tatjana zeigte Katrin die Nachricht und war erst mal blockiert, sie hatte so ein schlechtes Gewissen und merkte, dass sie Lars ziemlich verletzt haben musste, dass er so hart reagierte.
Katrin gab ihrer verzweifelten Freundin den Rat, gleich bei Lars anzurufen, denn sie wollte auf keinen Fall, dass die beiden sich trennen würden.
Tatjana tippte daraufhin mit zittrigen Händen die Rufnummer in die Tastatur ein, dann meldete sie sich unsicher mit: „Hallo Schatz, hab gerade deine Nachricht erhalten. Wie geht’s dir so?“ Tatjana wollte ein wenig ablenken, aber Lars stellte sie gleich zur Rede.
„Hallo Tatjana, wollte dir nur sagen, dass ich es schade finde, dass du trotzdem nach Oslo gefahren bist, obwohl …“
Tatjana ließ ihn nicht ausreden. „Obwohl was? Ich habe dich mit dieser Blondine gesehen, auf dem Parkplatz vor dem Nobelhotel!“ Tatjana kochte vor Wut und wurde aufbrausend. „Und jetzt willst du mir Vorwürfe machen, weil ich auf ein Konzert in Oslo gehe?“ Sie schrie immer lauter, doch auch Lars verlor langsam die Geduld und tobte lauthals zurück.
„Erstens war das einfach nur ’ne neue Arbeitskollegin, die mich fragte, ob ich sie mitnehmen kann, weil sie kein Auto hat. Zweitens gehst du nicht einfach nur auf ein Konzert, sondern hast Backstage-Karten und vergötterst diesen Morten mehr als sonst wen und benimmst dich wie eine 15-Jährige!“
Tatjana versuchte, Lars zu erklären, dass sie in Morten nur jemanden sähe, dem sie geistig und seelisch auf irgendeine Art nahe ist, doch das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte … Lars wollte sich dieses esoterische Gesülze nicht schon wieder reinziehen, prustete laut los, machte sich über Tatjanas Erklärung lustig und beschimpfte sie als „peinliches Groupie“. Tatjana machte das sehr wütend, sie wollte das Gespräch beenden, sie merkte, dass es zu einem heftigen Streit mit Beleidigungen auszuarten drohte. Sie schaltete ihr Handy aus und fing an zu weinen. „Wahrscheinlich hat mir jetzt der ganze Campingplatz zugehört!“
Katrin streichelte Tatjana über die Wange und beruhigte sie. „Mach dir darüber nicht auch noch Sorgen, die meisten hier verstehen doch eh kein Deutsch, und hessisch schon gar nit!“ Katrin konnte den hessischen Dialekt eigentlich nicht leiden, aber ihrer traurigen Freundin zuliebe machte sie fast alles möglich, sie versuchte es zumindest. Tatjana fing daraufhin an zu lachen, sie merkte, welch Opfer Katrin auf sich nahm, um sie zum Lachen zu bringen. Außerdem war Tatjana erleichtert zu hören, dass Lars wohl doch nichts mit der Blondine am Laufen hatte. Sie fragte sich selbst, ob sie jetzt sehr gemein wäre, weil sie in Oslo ist und Morten zum zweiten Mal treffen würde. Sie wusste noch keine richtige Antwort auf ihre laut gedachte Frage, aber eines war sicher, sie war kein peinliches Groupie, und sie hatte sich am Flughafen ziemlich normal verhalten, als sie Morten dort verabschiedete.
Katrin bestätigte das Tatjana, als diese ihre Gedanken laut sortierte. „Du bist wirklich total cool geblieben, Tati, das kann ich bezeugen! Das fand ich schon eher erstaunlich, dafür, dass du Morten schon so lange persönlich kennenlernen wolltest.“ Das beruhigte Tatjana erst einmal. Die beiden legten sich dann für eine Stunde aufs Ohr, um den verpassten Schlaf vom letzten Tag nachzuholen.
Gegen Abend beschlossen Tatjana und Katrin, noch einmal mit den Rädern in die Stadt zu fahren, um etwas Leckeres essen zu gehen. Bei der Fahrt durch die schöne Landschaft fiel Tatjanas Blick auf ein Bild an einem Zeitungsstand, und sie musste automatisch anhalten. Sie rief Kati, die mal wieder schneller unterwegs war, durchtrainiert, wie sie war: „Kati, Stopp! Halte bitte mal an und sieh dir das an!“
Katrin kam sofort zurückgeradelt und ahnte schon Schlimmes, als Tatjana ihr eine deutsche Zeitung unter die Nase hielt und somit ihre Vorahnung bestätigte. Sie schaute direkt auf ein großes Foto mit der Überschrift „IST DAS DIE NEUE VON MORTEN?“ Das Bild zeigte Tatjana und Morten am Flughafen, als sie sich gerade umarmten und voneinander verabschiedeten. Tatjana blieb fast die Luft weg, sie musste gleich daran denken, welche Gedanken Lars haben würde, wenn er dieses Bild je zu sehen bekäme. „Oh nein, irgendein Idiot von Paparazzi hat uns fotografiert, Kati!“
Katrin war auch geschockt und wunderte sich, dass sie alle drei nicht gemerkt hatten, dass sie beobachtet wurden. Tatjana beschloss auf der Stelle, am nächsten Tag Morten zu besuchen, um ihm davon zu berichten, außerdem wollte sie auf keinen Fall, dass er mit seiner Lebensgefährtin ihretwegen Ärger bekam. Doch erst einmal musste sie Lars anrufen, um ihre eigenen Probleme zu beseitigen, wenn es dafür nicht sogar schon zu spät war. Sie setzte ihre dunkle Hippie-Sonnenbrille auf, um nicht vielleicht schon wieder erkannt zu werden, und rief bei Lars an. „Hi Lars, hier ist Tati – hast du es schon gesehen?“, fragte Tatjana aufgeregt.
„Was soll ich denn gesehen haben?“, fragte Lars erstaunt zurück.
„Ich bin im ‚Wochenblick‘ auf dem Titelbild mit Morten zusammen zu sehen, aber es nicht so, wie es aussieht, ehrlich!“, stammelte Tatjana verzweifelt, doch Lars hörte schon gar nicht mehr zu.
„Wie viel musst du eigentlich noch zerstören, was ist los mit dir? Ich hab langsam die Nase voll von deinem Egotrip! Bleib doch am besten bei Morten in Norwegen und werde mit ihm glücklich!“, schrie Lars enttäuscht in sein Handy hinein.
Das waren die letzten Worte, die Tatjana von Lars hörte, dann war es nur noch still. Katrin sah die Verzweiflung ihrer Freundin und nahm sie in die Arme. „Ich muss jetzt gleich nach Saetre zu Morten, Kati, bevor noch mehr Missverständnisse auftreten!“, erklärte Tatjana ihrer Freundin.
Katrin wusste, wie wichtig das für ihre Freundin war, und schon kurze Zeit später fuhren die beiden Richtung Hurum, um Mortens Zuhause zu suchen, was mithilfe des Navigationsgeräts nicht ganz so schwer war. Kurz vor ihrem Ziel musste Tatjana noch einmal bei Lars anrufen, um mit ihm die schreckliche Angelegenheit zu klären. „Hallo Lars, bitte leg jetzt nicht auf und höre mir zu! Ich bin jetzt gleich bei Morten zu Hause, um ihm und seiner Lebensgefährtin zu berichten, was passiert ist …“
Lars hörte sich Tatjanas Erklärung zwar an, aber er war nicht gut auf das Ganze zu sprechen. Doch immerhin konnte sie ihn etwas beruhigen und war schon mal froh darüber.
Endlich waren sie in der Straße, in der Mortens weiße Holzvilla stand – mitten in der Natur, ruhig und einfach, aber gemütlich. Die Gegend war wunderschön, sehr grün mit tollen Häusern im skandinavischen Baustil. Tatjana und Katrin kamen sich vor wie in einem Traum, sie waren sehr aufgeregt, als sie vor dem Haus standen. An der Klingel war ein Namensschild, auf dem HARKET – ANDERSON stand.
Katrin übernahm die Initiative und klingelte, weil sie merkte, dass Tatjanas Knie zitterten. „Ich hoffe, es geht alles gut, bitte mach, dass alles gut wird …“, betete Tatjana zu ihrem Lieblingserzengel Michael. Doch niemand öffnete die Tür, sie warteten eine Weile und klingelten erneut. Als sich nichts im Hause Harket regte, beschlossen die beiden, einmal ganz frech um das Haus zu gehen und zu schauen, ob sie im Garten vielleicht jemanden sehen würden. Schließlich sahen sie schon von Weitem einen Mann, der in irgendwelchen Beeten grub. Als Tatjana und Katrin näher kamen, erkannten sie Morten, der leicht verschwitzt mit Dreitagebart in kurzer Hose und Muskelshirt mit nackten Füßen mitten in einem Beet arbeitete. Tatjana und Katrin versuchten, ihn laut zu rufen, er wurde nach einiger Zeit auch endlich aufmerksam und gab ihnen von Weitem ein Zeichen, dass ihnen gleich die Tür vorn aufgemacht würde. Eine etwas ältere Dame, die wohl als Haushälterin bei der Familie arbeitete, öffnete den beiden dann schließlich die Tür und zeigte ihnen ein kleines Zimmer mit einem gemütlichen, weißen Sofa und einem wunderschönen, großen Bild einer weißen Orchidee an der Wand. Sie sollten dort einen kleinen Moment Platz nehmen und warten, bis Morten sich ein wenig frisch gemacht hatte, um sich um seine spontanen Gäste zu kümmern.
Einen kurzen Augenblick später stand Morten in dreiviertellangen, beigen Hosen und Ringelshirt barfuß im Zimmer und lächelte die beiden an, als hätte er gewusst, dass sie heute noch kommen würden. Er freute sich wirklich über den Besuch und fragte, ob Tatjana und Katrin Lust hätten, mit ihm in seinem Wintergarten einen Kaffee zu trinken. Katrin holte aus ihrer Tasche aber gleich die Zeitung heraus, weil sie so aufgeregt war und Mortens Kommentar hören wollte, sie hielt das Bild direkt vor sein Gesicht und schaute ihn verunsichert an. Tatjana wurde verlegen und versuchte, sich nichts davon anmerken zu lassen. Morten lachte, als er die Überschrift las, und fragte Tatjana, ob sie nur deshalb gekommen wären. Tatjana war irritiert über Mortens Reaktion und fragte, ob er nicht wütend über solchen dummen Tratsch wäre. Morten erzählte, dass es ihm schon öfter passiert war und er sich mittlerweile ein dickes Fell zugelegt habe für solche blöden Storys.
Den beiden fiel erst mal ein Stein in Größe eines Felsbrockens vom Herzen, und sie nahmen gern die freundliche Einladung zum Kaffee an. Mortens Heim war sehr gemütlich im skandinavischen Stil eingerichtet, mit vielen weißen Holzmöbeln, ausgefallenen Orchideen und kreativen Bildern an den Wänden. Er hat Geschmack, überlegte Tatjana und fühlte sich sofort wohl …