Читать книгу My new life in New Orleans - Lindsey Moon - Страница 14

Kapitel 11

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„Ich habe Phil seit sieben Jahren nie aus den Augen gelassen, weil ich Angst um ihn hatte! Wenn es aber einen einzigen Ort gibt, wo er genauso sicher ist wie bei mir, dann ist das hier! Ich vertraue euch, das hier ist vermutlich das am besten gesicherte Gebäude in Amerika!“

„Eine gute Ausrede.“

„Wieso Ausrede? Das ist die Wahrheit!“, rief ich empört.

„Nein! Ihr verschwört euch gegen mich! Du willst mich verraten!“, schrie er mich an. Wie kam er auf so was?

„Mike, was soll das? Wie kommst du darauf, dass ich das tun würde? Das ist doch absurd!“

„Ach ja, ist es das?“

„Natürlich! Du bist doch verrückt. Ich würde mich nie gegen dich wenden!“

„Was man ja daran erkennt, dass du mich niemals belogen oder verlassen hast… Moment, das hast du ja wohl! Wie soll ich dir denn jetzt noch vertrauen?“

„Mike, bitte… was soll das? Du weißt doch, warum ich gegangen bin. Ich habe es dir erklärt. Ich dachte, du hättest mir das vergeben.“

„Nein. Ich sagte, ich würde es verstehen. Davon, dass ich dir vergebe, war nie die Rede. Wie schon gesagt, ich hatte nur einen guten Tag und war erleichtert, dass meine Tochter wieder da war. Aber du kannst nicht ernsthaft erwarten, dass du uns verlässt und ich dir dann, sieben Jahre später, einfach so wieder vertraue!“

„Es tut mir doch leid, Mike!“

„Das reicht aber nicht!“

„Was soll ich denn dann deiner Meinung nach machen?“

„Beweise mir, dass ich dir wirklich vertrauen kann. Entscheide dich. Rose oder ich?“

„Was? Das kannst du doch nicht ernsthaft von mir verlangen!“, rief ich aufgebracht, aber er blieb bei seiner absurden Forderung.

„Doch, das kann ich. Also, sag mir, wer dir wichtiger ist! Sie? Oder ich?!“

„Mikaël, stellst du unsere Schwester gerade tatsächlich vor die Wahl zwischen ihrer besten Freundin und dir?“, hörte ich Josias’ Stimme plötzlich hinter mir, aber Mike blieb unbeeindruckt.

„Und wenn dem so wäre?“

„Dann, Bruder, würde ich dir sagen, dass du dies doch bitte unterlassen sollst. Es ist verrückt, das von ihr zu verlangen.“

„Du, Josias, hast mir gar nichts zu befehlen.“

„Mike, ich kann mich nicht zwischen euch entscheiden! Ihr seid mir beide unheimlich wichtig“, schaltete ich mich wieder ein.

„Wenn du hier weiter leben willst, musst du dich aber entscheiden.“

„Bitte, Mike. Wieso verlangst du das von mir? Ich möchte nicht zwischen euch wählen müssen.“

„Du musst.“

Ich wusste, wie ich mich entscheiden würde. Mike war zwar bislang immer für mich da gewesen, aber er hatte auch schon ein paar Mal versucht, mich umzubringen, und wenn er seine Wutausbrüche hatte, war er der Horror. Wie jetzt gerade. Rose hingegen hatte mich immer unterstützt, bei jeder einzelnen Entscheidung von mir. Selbst wenn sie selbst sie nicht gutheißen konnte. Ich könnte mich nicht für Mike entscheiden, wenn ich deswegen Rose verlieren würde. Dennoch änderte das nichts daran, dass ich mich nicht entscheiden wollte.

„Bitte…“, versuchte ich es erneut.

„Mikaël, sei doch vernünftig. Marianne hat dich doch vorher noch nie enttäuscht, wieso stellst du sie jetzt also vor so eine Wahl?“

„Ich muss es von ihr hören. Sie soll zugeben, dass sie sich gegen mich verschworen hat.“

„Mike… ich habe mich nicht gegen dich verschworen und werde es auch nie. Ich werde euch niemals verraten, denn ihr seid meine Familie. Das hat sich doch nicht geändert.“

„Wie soll ich dir das denn noch glauben? Sobald dein Sohn in Gefahr ist, wirst du uns wieder verlassen.“

„Ich verspreche dir, dass das nicht geschehen wird. Ich verspreche, dass ich euch nicht wieder verlassen werde. Reicht dir das denn nicht?“

Abschätzend musterte er mich und meinte dann: „Vorerst.“

Mit einem letzten bösen Blick stolzierte er nach oben und ich drehte mich zu Josias um. „Danke.“

„Gern geschehen.“

„Josias? Kannst denn wenigstens du mir verzeihen?“

„Das kommt darauf an“, antwortete er und ich sah ihn unsicher an. Er würde doch jetzt nicht auch so etwas von mir verlangen, oder?

„Worauf?“, fragte ich leise nach.

„Bereust du es?“

„Nein. Ich bereue es nicht, dass Phil in Sicherheit aufwachsen konnte und dass er die Kindheit hatte, die er verdient. Aber ich bereue es zutiefst, dass ich euch damals verlassen habe, ohne Bescheid zu geben. Ich habe euch vermisst.“

„Und wirst du es wieder tun? Würdest du uns wieder verlassen?“

„Nein. Gerade jetzt ist es bei euch am sichersten und das wird sich auch nicht einfach so ändern.“

„Dann verzeihe ich dir.“

„Danke, Josias.“ Erleichtert umarmte ich ihn und sah ihn dann an. „Weißt du zufällig, wo Phil ist?“

„Ich glaube, er ist mit Mayla in seinem Zimmer, wieso?“

„Ach, nur so. Ich weiß einfach gerne, wo mein Sohn ist.“

„Er wirkt sehr erwachsen“, stellte mein Bruder leise fest.

„Ja, da hast du recht. Er ist sehr viel reifer als andere Kinder seines Alters. Das liegt vermutlich daran, dass er schon seit seiner Geburt ein Vampirhexer ist. Es fiel ihm immer sehr schwer, Freunde zu finden.“

„Gut, dass Mayla und er sich jetzt getroffen haben. Sie ist wie er und hat ähnliche Probleme. Ich denke, sie werden sich sehr gut verstehen.“

„Oh, das tun sie schon jetzt“, antwortete ich lächelnd und ging in mein Zimmer. Ich dachte, ich wäre jetzt meine Geschwister losgeworden, aber anscheinend lag ich falsch, denn als ich mein neues Zimmer betrat, hörte ich die leise Stimme von Ariana, die in ihrem Zimmer meinen Namen sagte.

„Ja?“

„Du und ich. Morgen in der Stadt. Shoppen. Josias passt auf Mayla und Phelipe auf. Noch Fragen?“

„Nein“, lachte ich leise. „Ist gut.“

Dann hatte ich wenigstens morgen noch etwas vor, außer Mikes Stimmungsschwankungen aus dem Weg zu gehen.

Am nächsten Morgen wurde ich von Ariana geweckt, die ohne anzuklopfen in mein Zimmer kam und sich zu mir aufs Bett schmiss.

„Komm schon, Anni, wach auf. Wir wollten doch heute shoppen gehen“, quengelte meine Schwester.

„Ariana? Weißt du eigentlich, wie spät es ist?“, nuschelte ich müde. Ich selbst wusste es nicht, aber es war definitiv zu früh.

„Ja, es ist genau die richtige Uhrzeit zum Shoppen. Also steh schon auf.“

„Ist das dein Ernst?“

„Ja. Jetzt komm schon.“

„Lässt du mich dann in Ruhe?“

„Nein, auf keinen Fall. Du stehst jetzt auf und ich gucke nach, ob wir unten was zu essen haben. Oder isst du nicht mehr?“

„Doch. Ich brauche es zwar nicht unbedingt, aber ich esse immer noch gerne. Ich fühle mich damit normaler.“

„Okay. Also mach dich fertig.“

Sie stürmte aus meinem Zimmer und ich verdrehte die Augen, bevor ich wirklich aufstand. Bevor ich jedoch nach unten ging, sah ich noch mal bei Phil vorbei und fragte ihn, ob es für ihn in Ordnung wäre, wenn ich mit seiner Tante shoppen gehen würde. Beinahe überschwänglich bejahte er. Anscheinend freute er sich, schon wieder ein bisschen Zeit nur für sich zu haben.

Nach einem schnellen Frühstück nahm Aria meinen Arm und ging glücklich mit mir los. Ich hatte sie wirklich mehr vermisst als ich gedacht hatte und für einen kurzen Moment war alles wie früher.

Wir kamen gerade aus dem zweiten Laden und trugen bereits vier Taschen, als wir das Weinen eines jungen Mädchens aus einer Seitengasse hörten. Kurz sahen wir uns an und gingen dann direkt auf das Geräusch zu. Wir hatten einfach beide diesen Mutterinstinkt.

Was sich auch als ziemlich gut herausstellte, denn als wir in die kleine Straße kamen und die blonden Haare des kleinen Mädchens erkannten, flüsterten wir beide nur ein Wort: „Mayla!“

Sofort ließen wir unsere Taschen fallen und rannten zu dem Mädchen, das leise in ihre Knie schluchzte. Beruhigend strich ich ihr über den Rücken, während Ariana versuchte, mit ihr zu reden.

„Mayla… Hey, meine Kleine. Was ist denn los? Sh… ganz ruhig. Sag mir, was passiert ist, dann wird es dir bestimmt gleich viel besser gehen.“

„Ich… ich will nicht.“

„Hey. Du musst ja auch nicht. Beruhige dich erst mal. Ganz ruhig, ja? So ist es gut.“

Langsam beruhigte sich meine Nichte wieder, fing aber kurz darauf sofort wieder an, zu schluchzen.

„Oh, meine Süße. Alles wird gut, hörst du? Wir sind ja da. Komm, lass uns doch erst mal nach Hause gehen.“

„Nein!“, rief sie sofort panisch und wir sahen sie überrascht an.

„Was? Wieso denn nicht?“, fragte meine Schwester sanft.

„Dad…“

„Ach, Mayla. Was hat dein Vater gemacht?“

„Er… er hat gesagt…“

Sie bekam die Worte einfach nicht raus und weinte hemmungslos in Arias Jacke. Es musste ihr wirklich nahegegangen sein.

„Würde es dir nicht helfen, wenn wir nach Hause gehen und in Ruhe mit ihm darüber reden?“, fragte Ariana noch einmal vorsichtig nach, doch Mayla schüttelte wieder nur den Kopf.

„Ich… ich will nicht… nach Hause.“

„Was wäre denn, wenn wir mal mit ihm reden?“, schlug ich leise vor. Ich wusste, dass Mike im Moment nicht sehr gut auf mich zu sprechen war, aber wenn es um seine eigene Tochter ging, würde er uns doch bestimmt trotzdem zuhören.

„Wir können sie doch nicht hier alleine lassen!“, wandte Ariana ein.

„Du hast recht. Ich kann ja auch alleine gehen. Würde das helfen, Mayla?“

Immer noch weinend nickte sie.

„Anni, denkst du wirklich, dass das eine gute Idee ist? Wenn er nicht weiß, wo Mayla ist, ist er nicht gerade der Ruhigste. Und er ist eh nicht wirklich gut auf dich zu sprechen. Denkst du nicht, dass er… na ja… vielleicht wütend reagieren könnte?“

„Doch, natürlich. Aber wenn es um Mayla geht, wird er mir zuhören. Er wird mir zuhören müssen. Und was sollen wir auch sonst für sie tun? Du hast es selber gesagt, wir können sie nicht hier alleine lassen, aber wir müssen auch wissen, was überhaupt passiert ist, damit wir helfen können. Und du hilfst ihr im Moment mehr als ich es tun kann.“

„Du hast ja recht. Pass nur bitte auf dich auf.“

„Immer doch. Bis gleich.“

„Bis gleich. Und Anni?“

„Ja?“

„Viel Glück.“

Schon kurze Zeit später stand ich in unserer Villa und rief nach meinem Bruder.

„Mike! Mike, wo bist du?“

Selbstverständlich kam keine Antwort. Man konnte Mike nicht rufen und erwarten, dass er sofort kam. Nicht wenn er einen gerade eh nicht leiden konnte.

„Mike, bitte. Rede mit mir. Ich weiß genau, dass du mich hörst.“

Keine Reaktion.

„Soll ich erst alle Zimmer durchsuchen? Komm schon, es geht um Mayla.“

„Was ist mit ihr?“

„Na endlich.“

„Ich habe dich etwas gefragt!“

„Na ja, eigentlich weiß ich nicht, was mit ihr ist. Genau deshalb bin ich ja hier.“

„Wie soll ich das verstehen?“

„Nun… Mayla sitzt hier in der Nähe in einer verdreckten Seitengasse und weint sich die Seele aus dem Leib.“

„Und da hast du sie alleine gelassen?! Ich wusste es! Wie konntest du nur? Wenn ich wieder da bin, werde ich dich umbringen!“

„Mike, warte! Ich habe sie natürlich nicht alleine gelassen. Ariana ist bei ihr und passt auf sie auf.“

Sofort drehte er sich wieder zu mir um. „Gut.“

„Also, kannst du mir sagen, warum deine Tochter nervlich am Ende ist?“

„Ja, das könnte ich.“

„Du wirst es aber nicht, oder?“, seufzte ich.

„Lass mich überlegen… nein.“

Ich verdrehte die Augen. „Mike, sie will nicht mehr nach Hause kommen, weil sie Angst hat. Das Einzige, was sie uns sagen konnte, war „Dad“ und dass sie nicht nach Hause möchte. Bitte, lass mich dir helfen. Wenn du es mir nicht sagen willst, dann gehe ich eben zurück und schicke Ariana zu dir. Aber wir müssen wissen, was passiert ist, um Mayla zu helfen. Denn im Moment wirst nicht einmal du es schaffen, sie zurückzubringen. Oder vielleicht auch gerade du nicht.“

Nachdenklich musterte er mich, bis er schließlich meinte: „Also schön. Dann erzähle ich es dir eben. Aber wehe, du kommst danach nicht mit meiner Tochter zurück. Denn dann…“

„…lande ich im Sarg, das ist mir klar.“

„Gut. Also, Mayla war vor einigen Tagen im Park, ohne vorher Bescheid zu sagen. Als sie wiederkam, war ich dementsprechend wütend. Es sind einige unschöne Wörter gefallen, aber schließlich habe ich ihr verziehen, da sie versprochen hat, nie wieder heimlich das Haus zu verlassen. Jetzt hat sie das aber gestern trotzdem getan. Sie hat mich angelogen und konnte ihr Versprechen mir gegenüber nicht einmal eine Woche halten. Ich war furchtbar enttäuscht.“

„Moment. Du warst enttäuscht?“, fragte ich nach. Nicht wütend?

„Natürlich. Du würdest vermutlich auch keine Luftsprünge machen, wenn Phelipe dir ins Gesicht lügt, oder?“

„Das meine ich nicht… Du warst nicht wütend?“

„Doch. Aber ich habe es nicht wirklich gezeigt, um sie nicht wieder so zu verschrecken.“

„Das erklärt einiges. Also hast du ihr stattdessen gezeigt, wie enttäuscht du von ihr bist?“

„Allerdings, ich habe es ihr schließlich ins Gesicht gesagt. Und jetzt, erklär mir, wieso meine Tochter am Ende ist, obwohl ich sie nicht angebrüllt habe.“

„Ähm… na ja, sie macht sich vermutlich Vorwürfe und hat Angst davor, dich wieder zu enttäuschen, wenn sie zurückkommt.“

„Das ist doch absurd!“

„Nein, eigentlich nicht. Ich kann sie verstehen.“

„Hör zu, Anni: Es ist mir egal, wie du es schaffst, solange du meine Tochter unversehrt zurückbringst, verstanden?“

„Ja. Ich werde dich nicht enttäuschen.“

„Das will ich auch hoffen.“

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