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Elvard
ОглавлениеEinige Wochen zuvor…
Mit ruhigen und gleichmäßigen Schritten folgte Burt Walden dem makellos sauberen Korridor, wobei die Absätze seiner polierten, schwarzen Stiefel ein gleichmäßiges Klacken auf dem mattgrau schimmernden Fußboden verursachten. In exakt gleichen Abständen waren Leuchtflächen in die Decke eingelassenen und erhellten die Umgebung gerade soweit, dass alles ausreichend mit Licht versorgt wurde, aber ohne zu blenden. Das war der Möglichkeit einer eventuellen Notsituation geschuldet, in der es fatal gewesen wäre zu viel oder zu wenig Licht zu haben. Eben Dinge, die an Bord eines Raumschiffs ebenso notwendig, wie unvermeidlich waren.
Er folgte der leichten Linksbiegung des Korridors, der dahinter nach nur wenigen Metern vor einer schlichten Metalltür endete.
Walden blieb davor stehen und strich noch einmal ein paar imaginäre Falten aus seiner dunkelblauen Uniformjacke und überzeugte sich davon, dass die vier dünnen, graumelierten Zöpfe hinter seinem linken Ohr geordnet über seine Schulter fielen. Erst nachdem er mit seiner äußeren Erscheinung zufrieden war, presste er seine rechte Handfläche gegen die etwa dreißig Zentimeter im Quadrat messende, leicht schimmernde Fläche neben dem Eingang.
Die Tür glitt mit einem kaum wahrnehmbaren Zischen zur Seite und gab den Weg auf das Observationszimmer des medizinisch-technischen Labors frei. Ein etwa zwanzig Quadratmeter großer Raum, mit einer durchgehenden und nach außen geneigten Sichtscheibe auf seiner linken Seite, der den typischen Geruch nach Desinfektionsmitteln, Arzneien und anderen Chemikalien verströmte.
Hinter dem einzigen Schreibtisch saß eine junge Uniformierte, die bei seinem Eintreten sofort aufsprang und zackig salutierte.
„Captain Walden!“, begrüßte sie ihn, vorschriftsmäßig.
Er winkte eher lässig ab und überlegte, ob er ihr Gesicht einordnen konnte, ohne auf das Namensschild an ihrer Uniformjacke schauen zu müssen. Ein kurzer, feuerroter Zopf lugte hinter ihrem linken Ohr hervor, der darauf schließen ließ, dass sie ihren Rang noch nicht lange innehatte. Das half seinem Gedächtnis auf die Sprünge.
„Fähnrich Selus?“
„Jawohl Sir!“
Walden konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. Die junge Frau erinnerte ihn daran, wie er zu seiner Kadettenzeit gewesen war, was mittlerweile schon eine gefühlte halbe Ewigkeit zurücklag.
„Entspannen sie sich und stehen sie bequem.“
Selus quittierte das mit einem energischen Kopfnicken und versuchte zumindest den Anschein zu erwecken, nun wirklich eine etwas entspanntere Haltung einzunehmen, was ihr aber nicht wirklich gelang.
„Doktor Horn hat mir eine Nachricht auf die Brücke geschickt. Demnach sind die Untersuchungen soweit abgeschlossen. Ist er in seinem Büro?“
„Tut mir leid Captain, der Doktor ist in seinem Quartier. Sein Dienst ist seit einer halben Stunde vorbei. Soll ich ihn holen?“
Walden rieb sich mit der Hand das kantige Kinn, überlegte nur kurz und schüttelte dann den Kopf.
„Ich denke das wird nicht nötig sein, wenn sie mir ebenfalls Bericht erstatten können. Können sie?“
„Selbstverständlich, Captain Walden. Doktor Horn und ich haben die Untersuchung gemeinsam durchgeführt.“
„Sehr schön, dann legen sie mal los…“
Während Selus begann, diverse Dateien auf den großen Wandschirm zu laden, schritt Walden an die Sichtscheibe heran. Sie bot ihm Einblick in den eine Ebene tiefer liegenden Operations- und Untersuchungssaal des Schiffes. In der Mitte des mit diversen Diagnosegeräten ausgestatteten Raumes lag, ausgestreckt auf der OP-Liege, der Körper eines humanoiden Wesens. Es war aber nicht viel größer als ein menschliches Kind, vielleicht einen guten Meter groß. Allerdings waren seine Proportionen etwas anders. Verglichen mit einem Menschen hatte es deutlich längere Beine, also nicht ungefähr in einem Verhältnis fünfzig zu fünfzig, sondern eher sechzig zu vierzig. Die Gesichtszüge wirkten allerdings eindeutig erwachsen, wie die eines vielleicht Dreißigjährigen und auch sonst unterschied es sich äußerlich nicht von einem Menschen.
Walden riss sich wieder von dem Anblick los, als sich Selus leise hinter ihm räusperte. Er wandte sich ihr wieder zu und machte eine auffordernde Geste.
„Nun Sir, die Wesen nennen sich selbst Ragwin und sind nach Angaben unseres Probanden, dessen Name übrigens Gwim Pineland lautet, seit jeher Einwohner des Landes, das sie Elvard nennen. Mehr scheinen sie von ihrem Planeten aber auch nicht zu kennen.“
„Was wissen wir über dieses Land, Elvard?“
Selus’ Finger flogen behände über die Sensorfelder auf ihrem Schreibtisch und riefen damit eine Orbitalaufnahme der Landmasse auf. Ein paar weitere Fingertipps ließen Beschriftungen und Markierungen in verschiedenen Farben darauf erscheinen.
„Aus unseren eigenen Scans und dem Ergebnis der Befragung konnten wir folgendes Bild ermitteln: Elvard ist durchaus als reich und üppig zu bezeichnen, zumindest in Bezug auf die recht urwüchsige Natur. Im Westen liegt der Rh’Thannische Ozean. In weiten Teilen des Ostens und des Nordens gibt es ziemlich unwirtliche Gebirgsmassive. Zum einen Gar’Khans-Wall und dieses hier, mit dem wie eine Klaue geformten nördlichen Ausläufer, wird Ngushias Arm genannt.“, führte Fähnrich Selus aus, die nun direkt vor dem Wandschirm stand und ihre Erklärungen untermauerte, indem sie immer wieder auf die eine oder andere angesprochene Stelle deutete.
„Interessante Namensgebungen und eine leicht kompliziert Sprache?“, mutmaßte Walden.
„Richtig Sir. Es war nicht ganz einfach eine Verständigung mit dem Ragwin herzustellen. Aber ein paar kleinere, neurale Eingriffe waren durchaus hilfreich. Die Namen sind übrigens zum Teil auf die Mythologie der Ragwin zurückzuführen, ihre Götter wenn man so will.“
„Ah verstehe, bitte fahren sie fort…“
„Nun, die südlichen Grenzländer, hier unten, sind weite fruchtbare Ebenen. Dahinter beginnt ein Land, dass die Ragwin Galgard nennen, das ihnen aber offenkundig weitgehend unbekannt ist. Für sie also noch ein weißer Fleck auf ihrer Welt, wenn man so will. Wir sehen da ja durchaus mehr. Insgesamt haben wir eine West-Ost-Ausdehnung von 2100 Meilen und in Nord-Süd-Richtung von rund 1400 Meilen. Darüber hinaus gibt es zumindest drei größere Flüsse, die eine nicht unwichtige Rolle spielen, da die meisten Ragwin-Siedlungen an ihren Ufern angelegt wurden. Das wären einmal der Ph’Dang, der Ph’Drahn und der Ph’Ling, die übrigen sind eher unbedeutend.“
Walden schmunzelte.
„Diese Namen sind durchaus dazu angetan einem einen Knoten in die Zunge zu zaubern, oder?“
„Äh, tatsächlich Sir, aber man gewöhnt sich daran…“
Der Captain zog sich den freien Stuhl der am Schreibtisch stand ein wenig vor, ließ sich gemessen darauf nieder und bedeutete Selus es im gleichzutun. Der Fähnrich folgte seinem Angebot aber nur sichtlich zögernd. Sie war es vermutlich nicht gewohnt in Gegenwart eines vorgesetzten Offiziers sitzen zu dürfen.
Aber Walden machte es zunehmend nervös, dass sie dauernd vor ihm hin- und herlief.
„Nun, was hat unser Gast in unserer Angelegenheit preisgegeben?“, fragte er sie.
Selus räusperte sich und griff nach dem vor ihr auf dem Schreibtisch liegenden Pad mit ihren Aufzeichnungen. Sie überflog die ersten Zeilen mit gerunzelter Stirn und räusperte sich noch einmal.
„Er hat uns von diversen Legenden berichtet, die unsere bisherigen Vermutungen untermauert haben. Darüber hinaus gab es in der jüngeren Vergangenheit Ereignisse, die ebenfalls dafür sprechen.“
Jetzt erhöhte sich Waldens Aufmerksamkeit und er beugte sich gespannt ein wenig vor.
„Und die Oberflächen-Scans? Was haben sie ergeben?“
Selus holte tief Luft.
„Es ist nach all dieser Zeit kaum zu glauben, aber die Bio- Signaturen sind mit fast fünfundneunzig Prozent so gut wie sicher…“
Walden war sprachlos. Einen Moment blieb er einfach schweigend sitzen und grübelte, wobei tiefe Falten seine Stirn durchzogen. Schließlich stand er auf und verließ das Observationszimmer. Auf dem Weg zur Tür rief er Selus noch einen kurzen Dank zu, dann war er wieder auf dem Korridor.
Er würde sich jetzt mit der Planung der Außenmission beschäftigen müssen. Das war alles so unwahrscheinlich, wie es nur hätte sein können…