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EINLEITUNG

Welcher beispiellose Landschaftswandel sich in Mitteldeutschland zwischen Harz und Erzgebirgsvorland im letzten Vierteljahrhundert ereignet hat und unter aller Augen weiterhin vollzieht, von der Endzeit exzessiven Braunkohlentagebaues zu den aufgehenden Seen unserer Tage, zu einer den mecklenburgischen Naturseen vergleichbaren neuen mitteldeutschen Seenplatte – das und nicht weniger ist Thema eines zweiteiligen Buchprojektes, dessen erster Band, »Der Süden«, hier vorliegt. Mit Leipzig, Merseburg, Zeitz, Altenburg, Grimma und Wurzen etwa ist der Raum umschrieben, in dem alle Bergbaufolgeseen, aber auch die weit verstreuten Teiche, Kaolingruben, Steinbruch- und Kiesseen der Region, erfasst werden.

Es ist eine Niederschrift über die Gesamtheit der westelbischen, vor allem durch Braunkohlen- und Kiesabbau erzeugten Seen der Braunkohlenmeile des Saale-Elbe-Raumes. Diese neue Landschaft ist binnen weniger Jahrzehnte entstanden, namentlich seit dem Jahrtausendende, und inzwischen überreich an Wasserflächen. Es handelt sich bei diesem Buch um einen Überblick über die den Verfassern wichtig erscheinenden stehenden Gewässer, die zumeist menschlichen, bergbaulichen Eingriffen ihre Entstehung verdanken. Sie gehören – aus einer etwas größeren Sicht – zum künftigen neuen Mitteldeutschen Seenland, das vom Bergwitzsee bei Gräfenhainichen im Norden bis zum Haselbacher See nahe Altenburg im Süden reicht, im Westen bis zu den Seen des Geiseltals und im Osten bis über die Mulde. Den Schwerpunkt des nördlichen Teils des Mitteldeutschen Seenlandes, dem ein weiteres, derzeit in Arbeit befindliches Buch gewidmet ist, »Der Norden und Westen«, bilden das künftige Bitterfeld-Gräfenhainichener und das Geiseltal-Seengebiet.

Mit dem vorliegenden Band ist ein Gesamtüberblick über den Südteil des Mitteldeutschen Seenlands entstanden, dessen nähere geografische Umgrenzung mit Leipzig und dem einsetzenden Ost-West-Verlauf der Weißen Elster im Norden sowie Merseburg und dem Nord-Süd-Verlauf der Saale im Westen gegeben ist. Es reicht im Süden bis in die Höhe der Städte Altenburg und Zeitz und im Osten findet es seine Ausläufer östlich der Mulde. Als größere Tagebauseen bilden das Zwillingspaar des Wallendorfer und Raßnitzer Sees bei Merseburg im Nordwesten und die aus mehreren Teilseen bestehende Bockwitzer Seenkette bei Borna im Südosten seinen äußeren Saum. Die nördlichsten »Augen« sind der Kulkwitzer See, die noch zu Hochzeiten der Kohlegewinnung entstandene prachtvolle Erstgeburt des Leipziger Seenlandes, der Cospudener See, der Markkleeberger und Störmthaler See. Stadtrandnah hat sich heute der Markkleeberger See zu touristischer Anziehungskraft entwickelt, im Störmthaler See wie in den Seen zwischen Rötha und Borna, der Witznitzer Seengruppe mit Kahnsdorfer und Hainer See mit Haubitzer Bucht, hat der Wasserstand sein Endziel erreicht, und die für die einzelnen Seen unterschiedlichen Nutzungen nehmen Gestalt an. Das größte stehende Gewässer der Region, der Zwenkauer See, wird geflutet, und an seinem Rande ist der neue Hafen »Kap Zwenkau« in der Vollendung. Indes weiter im Süden bei Lucka, Meuselwitz, Altenburg und Zeitz gleichen viele der überwiegend auf den Kohleabbau aus der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts zurückreichenden Seen, wie der Hainbergsee, der Zipsendorfer See, der Pahnaer See oder der Mondsee, ewigen Orten natürlichen Idylls. Insgesamt haben sich über 60 größere und kleinere Bergbauseen der Kohlegewinnung, aber auch des Kies- und Erdenabbaus sowie der Steinbruchindustrie im Südteil des Mitteldeutschen Seenlandes entwickelt. Und auch die bereits älteren Teichlandschaften finden hier Berücksichtigung, so beispielsweise die Haselbacher, die Windischleubaer oder die Eschefelder Teiche.

Als Hinterlassenschaften des seit etwa 120 Jahren großflächig umgehenden Braunkohleabbaus im Tagebau haben die neuen Seen schon heute, viele noch im Jugendstadium ihrer Entwicklung, zu einer nachhaltigen Wandlung des Landschaftsbildes der gesamten Region geführt. In dem am weitesten nach Süden reichenden Gebiet des Braunkohlenbergbaues der südlichen Leipziger Tieflandsbucht sind es gegenwärtig 64 Seen mit einer Gesamtwasserfläche von rund 60 km², nach Flutung der bis 2050 noch aktiven Tagebaue etwa 90 km². Die einzelnen Wasserflächen schwanken zwischen 0,7 und 9,7 km², die Wasservolumina zwischen 5 Mio. und 171 Mio. m³ und die Tiefen zwischen 13 und 63 m. Das gesamte Wasservolumen der Seen liegt bei 1700 Mio. m³, was der 2,5-fachen Wassermenge der Müritz, des größten natürlichen Sees der Mecklenburger Seenplatte, entspricht. Das Wasservolumen der thüringischen Bleilochtalsperre entspricht vergleichsweise einem Achtel des Volumens der Südraumseen.

In der Zukunft wird das Mitteldeutsche Seenland in seiner Gesamtheit zwischen der Elbe bei Wittenberg im Norden und dem Eintritt der Weißen Elster in das Buntsandsteinland bei Zeitz im Süden seine Wirkung auch bei den nachfolgenden Generationen nicht verfehlen. Entstanden in einer ursprünglich von den gegebenen natürlichen Bedingungen seenarmen Region Deutschlands werden die Enkel an den Ufern der Seen stehen und, allein geleitet von den eigenen Landschaftseindrücken, keinen Unterschied mehr erkennen zwischen diesen neuen künstlich geschaffenen Gewässern und beispielsweise der eiszeitgeprägten Mecklenburger Seenplatte. Sie werden die großen Gletscher Skandinaviens für das bewegte Relief aus Erhebungen der ehemaligen Hochhalden und Kippen sowie aus den Restseen der vormaligen Tagebaue verantwortlich machen. Unter der Vegetation von neuem Wald und Flur bzw. unter der Wasseroberfläche der Seen sind die Spuren der menschgemachten Landschaftsgenese von der Natur verhüllt, und zwar bis zur nächsten Phase der Wandlung, sei es durch neuerliche Eingriffe des Menschen in Notzeiten oder auch durch den steten großen klimatischen Gang der Natur selbst. Aber bis zu dieser Zeit hat der Mensch die neue Landschaft für sein Leben angenommen.

Lothar Eißmann und Frank W. Junge

Januar 2013


Übersichtskarte der beschriebenen Seen des Braunkohlebergbaus im südlichen Mitteldeutschen Seenland

Aktuelle Seen: Kulkwitzer See (1), Wallendorfer See (2), Raßnitzer See (3), Cospudener See (4), Markkleeberger See (5), Störmthaler See (6), Zwenkauer See (7), Kahnsdorfer See (8), Hainer See (9), Haubitzer Bucht (10), Bockwitzer See (11), Restloch Südkippe (12), Restloch »Hauptwasserhaltung« (13), Feuchtbiotop Nord (14), Harthsee (15), Bubendorfer Loch (16), Stausee Rötha (17), Rückhaltebecken Stöhna (18), Speicher Witznitz (19), Speicher Lobstädt (20), Speicher Borna »Adria« (21), Lache Großzössen (22), Rotes Meer (23), Breiter Teich Borna (24), Wilhelmschacht Gnandorf (25), Försterloch Thräna (26), Tagebaurestloch Kraft I (27), südlicher Kippensee Thräna (Kraft II) (28), nördlicher Kippensee Thräna (29), Haselbacher See (30), Großstolpener See (31), Luckaer See (32), Pahnaer See (33), Rusendorfer See (34), Prößdorfer See (35), Zipsendorf-Süd (36), Zipsendorf-West (»Paradies«) (37), »Ententeich« Meuselwitz (38), Heidesee Falkenhain (39), Angelteich westlich Falkenhain (40), Fischereisee westlich Falkenhain (41), Restloch »Phönix-Nord« (42), Hainbergsee (43), Grasteich Meuselwitz (44), Penkwitzer See (45), Anglerteich im Auholz Meuselwitz (46), Schnauderhainichener Tagebau im Auholz (47), Restloch 3 Zechau (48), Werbener See (49), Mondsee (50), Langer See Hohenmölsen (51), Kiesteich Hohenmölsen (52), »Eisensee« (53), Restloch »397 Theißen« (54), Streckauer See (»Schädemulde«) (55), Neue Sorge Luckenau (56), Restloch Luckenau-Südost (57), Vollert-Süd (58), Vollert-Nord (59), Restloch »Kamerad« (60), Kretzschauer See (61), Auensee Granschütz (62), Tagebausee Gostau (63), Thierbaum (64);

Zukünftige Seen: Pereser See (65), Groitzscher See (66), Schwerzauer See (67), Domsener See (68).

Das Mitteldeutsche Seenland. Vom Wandel einer Landschaft

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