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„Stefan kennt …?“

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Ach, Stefan. Was für ein Gegensatz. Ich liebe ihn, seinen Humor, sein Äußeres, sein Wesen, seinen Körper, seinen Sex. Ich habe rein gar nichts an ihm auszusetzen. Gegen diesen Typ mir gegenüber kommt er mir aber schon beinahe etwas langweilig vor. Stefan ist der klassische Anzugsträger. Und warum auch nicht? Anzüge stehen ihm. Er ist stets wie aus dem Ei gepellt; ein wunderbar gepflegter Mensch. Bei ihm müssen nicht nur die Farben seiner Kleidung exakt zusammenpassen - es ist egal, was es ist. Ob bunte Büroklammern, Briefumschläge in verschiedenen Größen, das Geschirr in unserem Schrank, das Besteck - ach, ich kann das ewig weiter aufzählen. Mir kam es bislang nicht spießig vor. Schließlich profitiere ich von seinem Ordnungsdrang. Aktuell jedoch, hier am Tisch mit diesem „wilden Fremden“ mir gegenüber, wirkt Stefan verklemmt und pingelig. Ich schäme mich geradezu für meinen gedanklichen Abgleich zweier unterschiedlicher Personen.

Die Feierlichkeit sieht offensichtlich keine neue Traumrunde für mich vor. Es bewegt sich niemand in Richtung Podest. Jetzt sollen die essfreudigen Gestalten am Nachbartisch erst einmal Beachtung finden. Kurz bevor sie ihrem Hungertod erliegen, eröffnen die Veranstalter das überaus verlockend bunte, mit allerlei Raffinessen und Kreationen bestückte, liebevoll arrangierte Buffet. Fast wie auf Knopfdruck wird es im Saal wieder unruhig und in Windeseile schwirrt das Durcheinander der Stimmen und Tonlagen um das Buffet herum. Das sind Momente, in denen ich am liebsten draußen auf den Parkplatz verschwinden möchte. Als Erste an die Speisen zu eilen und die Töpfe mit Ellenbogen zu verteidigen ist für mich genauso ein No Go, wie mitleidserregend und beinahe opfergleich als Letzte um das Buffet herumzuschleichen und die Reste der zerfledderten Tafel aufzusammeln. Ich warte üblicherweise einfach ab, bis die erste Hälfte der Anwesenden mit dem Essen beschäftigt ist. Da nutze ich doch die Gelegenheit für einen weiteren Schluck Champagner.

Für einen Moment bin ich davon überzeugt, aus dem Augenwinkel zu erkennen, wie der verlockend verkommene Mann mich anschaut. Dann höre ich ausgerechnet aus Stefans Mund: „Henk!“ zu ihm sagen. Die beiden kennen sich? Soll ich das gut finden? Nein, finde ich nicht. Ich möchte meine versauten Vorstellungen von dem fremden Mann haben und nicht von Henk, Stefans Arbeitskollegen. „Warum sitzt Du denn hier so mittendrin und nicht weiter vorne?“, fragt Stefan. Henk macht eine gleichgültige Geste und meint: „Mit der Aufteilung hier im Saal ist jeder Tisch so gut wie der andere. Ich habe sowieso nicht vor, mich hier lange aufzuhalten.“ Na bitte, ich sage doch: Er steht nicht auf mich. Würde er denn sonst schon wieder gehen wollen? Ich ertappe mich bei dem Gedanken, dass ich seinen frühen Abgang nicht möchte. Er ist einfach zu interessant und seine Nichtbeachtung reizt mich. Seine dunkle, etwas heisere Stimme beschert mir eine Gänsehaut. Wie es wohl wäre, würde er mir mit seinem Bass dreckige Fantasien in mein Ohr flüstern? Mir ist heiß. Ich brauche eine Abkühlung.

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