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b) Kleiner Pflichtteil

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Neben dem güterrechtlichen Ausgleichsanspruch kann der enterbte Ehegatte seinen Pflichtteil geltend machen (vgl. § 1371 Abs. 2 Hs. 2). Gem. § 2303 Abs. 2 steht ihm gegen die Erben ein Anspruch in Geld in Höhe der Hälfte des Wertes seines gesetzlichen Erbteils zu. Für die Berechnung ist gem. § 1371 Abs. 2 Hs. 2 vom nicht erhöhten gesetzlichen Erbteil auszugehen, wie er aus § 1931 Abs. 1 und 2 folgt (sog. kleiner Pflichtteil). Sind Abkömmlinge des Erblassers als Erben berufen, beträgt der Pflichtteil des enterbten Ehegatten demnach 1/8 des Nachlasswertes, da der nicht erhöhte gesetzliche Erbteil in diesem Fall 1/4 ist (§ 1931 Abs. 1 S. 1 Hs. 1). Die Geltendmachung des kleinen Pflichtteils ist im Gesetz eindeutig geregelt und steht dem enterbten Ehegatten in jedem Fall zu.

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Umstritten ist hingegen, ob der enterbte Ehegatte stattdessen auch die Option hat, den sog. großen Pflichtteil zu verlangen. Hintergrund ist, dass man die Formulierung „bestimmt sich in diesem Falle“ verschieden interpretieren kann. Nach der sog. „Wahltheorie“[25] bedeutet dies, dass der kleine Pflichtteil nur dann zu gewähren ist, wenn der Ehegatte den Zugewinnausgleich auch tatsächlich verlangt (nicht schon dann, wenn er ihn nur verlangen kann). Der Ehegatte habe somit die Wahl, ob er (1) den Zugewinnausgleich verlangt – und dann zusätzlich nur den kleinen Pflichtteil erhält –, oder ob er (2) den Zugewinnausgleich nicht verlangt und dann den sog. großen Pflichtteil erhält (= Hälfte des Wertes des nach § 1371 Abs. 1 erhöhten gesetzlichen Erbteils).

Wenn Abkömmlinge des Erblassers vorhanden sind, hätte der Ehegatte also die Wahl zwischen: (1) Zugewinnausgleich plus „kleiner Pflichtteil“ (= Hälfte von 1/4 = 1/8, §§ 1371 Abs. 2 Hs. 2, 1931 Abs. 1 S. 1 Hs. 1, 2303 Abs. 2), oder (2) kein Zugewinnausgleich, aber dafür „großer Pflichtteil“ (= Hälfte von 1/2 = 1/4, §§ 1371 Abs. 1, 1931 Abs. 1 S. 1 Hs. 1, 2303 Abs. 2). Der Ehegatte könnte also ggf. ausrechnen, welche Lösung für ihn finanziell günstiger wäre und dementsprechend sein Wahlrecht ausüben.

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Ein derartiges Wahlrecht wird jedoch von der Rspr.[26] und h.L.[27] zu Recht abgelehnt. Die Formulierung „in diesem Falle“ in § 1371 Abs. 2 bezieht sich richtigerweise auf den gesamten ersten Halbsatz, d.h. den Fall, dass der Ehegatte nicht Erbe oder Vermächtnisnehmer wird. Der Gesetzgeber hat bewusst darauf verzichtet, den pauschalierten Zugewinnausgleich nach § 1371 Abs. 1 zwingend vorzuschreiben. Dem Erblasser würde sonst die Möglichkeit genommen, seinen Ehegatten auf den tatsächlichen Zugewinn zu verweisen. Der tatsächliche Zugewinn ist aber genau der Betrag, der dem Ehegatten auch im Fall der Scheidung zusteht und eine eventuelle ungleiche Vermögensentwicklung bei den Ehegatten während der Ehe ausgleicht: Mehr kann der überlebende Ehegatte redlicherweise auch im Fall der Enterbung nicht für sich beanspruchen. Folglich ist der enterbte Ehegatte stets auf den kleinen Pflichtteil beschränkt (sog. Einheitstheorie); daneben besteht ggf. ein Zugewinnausgleichsanspruch.

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