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2.2 Drei aktuelle Traumatheorien

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Aktuelle Theorien außerhalb des psychoanalytischen Bereichs konzipieren die posttraumatische Belastungsstörung typischerweise als Gedächtnisstörung. Im Folgenden seien drei häufig zitierte Theorien angeführt. Die gewählte stark raffende Darstellung dient primär der Erarbeitung eines Kontrasts, um anschließend Spezifika des psychoanalytischen Beitrags ausleuchten zu können. Eine ausführlichere Übersicht findet sich bei Nijdam und Wittmann (2015).

Im Rahmen ihrer Theorie der emotionalen Verarbeitung bauen Foa et al. (2007) auf Vorarbeiten früherer Modelle (Lang, 1979), welche die Wirkung assoziativer Gedächtnisnetzwerke für die PTBS-Symptome verantwortlich machen, auf. Unterschiedliche Netzwerkknoten repräsentieren hier Sinneseindrücke der traumatischen Situation, eigene emotionale und physiologische Reaktionen auf das Ereignis und dessen Bedeutung (z. B. Ausmaß der durch das Ereignis implizierten Bedrohung). Aufgrund der assoziativen Natur dieser Netzwerke reicht die Konfrontation mit einem beliebigen im Netzwerk repräsentierten Aspekt des Traumas, um alle drei Informationsarten gleichzeitig zu aktivieren, womit das Modell das posttraumatische Wiedererleben erklärt. Foa et al. (2007) ergänzen die der posttraumatischen Belastungsstörung zugrunde gelegten Furchtnetzwerke zusätzlich um kognitive Elemente wie Annahmen über das Bedrohungspotenzial einer Umgebung, vorbestehende Überzeugungen und negative Reaktionsbewertungen. So stellen etwa rigide positive Überzeugungen, die von einem traumatischen Ereignis zerstört oder rigide negative Überzeugungen, die bestätigt werden, einen Risikofaktor für die Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung dar. Die scheinbare Bestätigung einer geringen Selbstwirksamkeitserwartung durch ein traumatisches Ereignis kann dann das Gefühl, in einer gefährlichen Welt nicht zurecht zu kommen, verstärken.

Ein Modell, welches nicht auf Netzwerkvorstellungen vom Gedächtnis, sondern auf zwei unterschiedliche Repräsentationssysteme rekurriert, ist die duale Repräsentationstheorie (Brewin, Gregory, Lipton & Burgess, 2010). Ein mit dem Hippocampus assoziiertes kontextualisiertes Gedächtnissystem (K-Gedächtnis; contextual memory) speichert, kontrolliert und verbalisiert abrufbare Informationen, welche während des Ereignisses bewusst wahrgenommen wurden. Diese werden einschließlich des zeitlichen Kontexts des Ereignisses ins autobiografische Wissen integriert. Die Erinnerungsspuren sind dabei mit primären peritraumatischen und sekundären, aus nachträglichen Bewertungen resultierenden Emotionen verbunden. Auf der anderen Seite wird Sinnesinformation, welche im traumatischen Ereignis aufgrund von Aufmerksamkeitseinengung oder stressbedingter hippocampaler Dysfunktion nicht im K-Gedächtnis repräsentiert werden konnte, in einem mit sensorischen und interozeptiven Arealen assoziierten S-Gedächtnis (sensation-based memory) abgelegt. Die nicht verbale Encodierung dieser Information erschwert ihre Kommunikation und Integration in den autobiografischen Kontext. Ohne zeitliche Kontextualisierung resultiert ihre Aktivierung durch sinnesspezifische Hinweisreize in posttraumatischem Wiedererleben mit der dissoziativen Qualität einer Hier-und-Jetzt-Erfahrung (Flashback) und den dazugehörigen primären Emotionen. Der evolutionäre Sinn der Entwicklung eines solchen Systems besteht darin, auch unter traumatischen Bedingungen Informationen, welche für das zukünftige Überleben wichtig sind, abspeichern zu können. Die spezifischen Symptome des Wiedererlebens, der Vermeidung und der Übererregung werden nun aus einer starken Repräsentation der traumatischen Sinnesinformation im S-Gedächtnis ohne Integration mit einer korrespondierenden Repräsentation im K-Gedächtnis erklärt.

Als drittes Beispiel sei das kognitive Modell der posttraumatischen Belastungsstörung von Ehlers und Clark (2000) angeführt. Die pathologische Verarbeitung der traumatischen Erfahrung ist daran zu erkennen, dass sie in einer fortdauernden Gefahrenerwartung resultiert. Zentral ist auch hier die Rolle negativer Bewertungen. Solche werden begünstigt, wenn im traumatischen Ereignis ein bis in die Identität hineinreichender Zustand des Kontrollverlusts, den Ehlers, Maercker und Boos (2000) als mentale Niederlage bezeichnen, erlebt wird. Die Ebene der Bedeutung des Ereignisses nimmt damit einen wichtigen Platz in der kognitiven Theorie ein. Dieser Bedeutungsbegriff bezieht sich dabei insbesondere auf katastrophisierende Interpretationen wie die Überzeugung, das traumatische Ereignis verdient zu haben, oder die Bewertung von Symptomen als Beweis, verrückt zu werden. Auch die spezifische Natur traumatischer Erinnerungsspuren wird vom kognitiven Modell berücksichtigt, wobei die Rolle von Verarbeitungsmechanismen betont wird, die in mangelnder Integration in den autobiografischen Kontext resultieren.

Zusammenfassend und vereinfachend lässt sich festhalten, dass die von wesentlichen VertreterInnen der kognitiven Verhaltenstherapie der PTBS verwendeten Störungsmodelle zwei Aspekte betonen. Einerseits eine Abnormalität in der Enkodierung der traumatischen Gedächtnisinformation. Diese zeichnet sich insbesondere durch fehlende autobiografische Kontextualisierung und leichte Aktivierbarkeit durch traumatische Hinweisreize aus. Zweitens kommen prä-, peri- und posttraumatische Bedeutungs-, Überzeugungs- und Bewertungsprozesse in den Fokus. Diese gruppieren sich um Themenkomplexe wie die von Anderen und der Welt ausgehenden Gefahr oder negative Wahrnehmung des Selbst oder der eigenen Zukunft.

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