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ОглавлениеEs wurde die schlimmste Nacht seines Lebens. Und auch Marion würde diese quälende Ungewissheit nie mehr vergessen. Mit einer Hand aneinander gekettet, so lagen Vater und Tochter, den Gangstern hilflos ausgeliefert, auf dem Bett. Voll innerer Unruhe, Angst und Panik. Die Räuber, die sich einen weiteren Stuhl ins Schlafzimmer geholt hatten, stellten immer und immer wieder dieselben Fragen nach den Sicherheitsvorkehrungen in der Hauptstelle der Kreissparkasse, nach Personen und den Örtlichkeiten. Seifritz konzentrierte sich auf die Gespräche und Formulierungen – genau so, wie er es einst als Staatsanwalt gelernt hatte. Als studierter Jurist versuchte er, sich so viel wie möglich von ihnen einzuprägen. Dass sie zwischen 30 und 40 Jahre alt und offenbar Deutsche waren; der Uniformierte ließ einen schwäbischen, der andere einen badischen Akzent anklingen. Sie pflegten einen gewissen seriösen Umgangston, blieben immer beim höflichen »Sie« und wirkten ziemlich gelassen und selbstsicher. Wie Profis, die so etwas schon öfters getan hatten. Die Vollbärte waren vermutlich angeklebt, die Frisuren wohl Perücken. Und die Sonnenbrillen, die sie weiterhin trugen, verbargen die Augenpartien.
Während der Gespräche, bei denen die Männer sachkundige Fragen stellten, erhärtete sich Seifritz’ Verdacht, einer von ihnen könnte sehr gute Kenntnisse über die Abläufe in einer Bank haben. Sei es aus eigener Anschauung oder indem er sich vieles davon hatte erklären lassen. Von wem auch immer. Oder war er gar ein Insider? Ein ehemaliger Mitarbeiter? Sie schienen bestens vorbereitet zu ein.
Jedenfalls hatten beide Gangster einen klar definierten Plan, dessen Realisierung sie zielstrebig verfolgten. Sie wollten mit Seifritz am Montagmorgen kurz vor Geschäftsbeginn in das hoch aufragende Bankgebäude am Göppinger Bahnhof gehen und sich die geforderten Millionen aushändigen lassen. Es schien so, als seien sie sich ihres Vorgehens absolut sicher. Auch wenn ein so hoher Betrag gar nicht im Tresor lagerte.
Vollmundig erklärten sie, im Auftrag »einer Organisation« zu handeln und von dieser auch unterstützt zu werden. Der Uniformierte ergänzte gelassen: »Nach Geschäftsbeginn werden im Schalterraum Personen mit Handtaschen sein, in denen Bomben und Granaten versteckt sind.« Beobachter würden sich zudem im gegenüberliegenden Bahnhof positionieren.
Seifritz plagte nur ein einziger Gedanke: ob es eine Chance gab, mit der Tochter zu fliehen. Doch die Handschließe saß fest, die Rollos an dem am Stadtrand gelegenen Haus waren alle geschlossen – und außerdem hatten die Räuber vorsorglich die Sprechmuschel aus dem Telefon geschraubt. Nichts, was sie taten, wirkte nervös oder fahrig. Es mussten wirklich echte Profis sein, dachte Seifritz.
Irgendwann löschten die kaltblütigen Räuber das Licht, verharrten aber auf ihren Stühlen, um ihre Geiseln in der Gewalt zu haben. Einer der Männer gab sich geradezu fürsorglich: »Ich empfehle Ihnen zu schlafen, denn Sie werden morgen gute Nerven brauchen.«