Читать книгу Meine irdischen und himmlischen Wege - Manfred Höhne - Страница 12
ОглавлениеKap 7
Frau Schütz und ihr Mann hatten Gunther schon erwartet. Der Mann wirkte auf Gunther genau so, wie ihn die Gräfin beschrieben hatte, solide, gepflegt - was man bei einem Mann so nennen kann -, nicht ‚unintelligent‘, mit vollem weißen Haar, obwohl er die 60 noch nicht erreicht hatte. Vertrauenswürdig und sympathisch. Gunther wusste, dass er mit ihm auskommen würde. „Wir haben mit dem Essen gewartet und würden uns freuen, wenn Sie mit uns essen würden. Die Frau Gräfin möchte heute keinen Lunch, wie sie es nennt, da sie noch zu aufgeregt von dem mit Ihnen geführten Gespräch sei.“ Gunther bedankte sich für die Einladung. Es war Viertel nach Eins, für ihn die übliche Essenszeit.
Er nahm am Tisch in der Wohnküche Platz und berichtete von seinem Gespräch mit der alten Dame. Er ließ nichts aus, und obwohl das Moratorium einen Verzicht für die Familie Schütz beinhaltete, stimmten sie ohne zu zögern seinem Vorschlag zu, hier wohnen zu bleiben, und den, mit dem Sohn der Gräfin abgeschlossenen Arbeitsvertrag aber für ein halbes Jahr auszusetzen. Gunther gab ihnen genau die Erklärung, die er auch der Gräfin gegeben hatte und fand - wie bei ihr - auch bei beiden volles Verständnis und Zustimmung. Frau Schütz trug die Vor-Suppe auf und beide aßen, als sei es ein Festtag.
Für Gunther war es in der Tat ein Festtag! Er war seit zwei Stunden ein Schlossherr. Nicht irgendeines Schlosses; er war Herr einer der größten und schönsten Wasserburgen zwischen der Etsch und dem Belt, zwischen der Maas und der Memel. Er würde noch lange Zeit brauchen, dies zu verinnerlichen und noch mehr Zeit, sich daran zu gewöhnen.
Das Gespräch drehte sich jetzt um das Haus. Gunther fragte seinen neuen ‚Hausmeister‘, der Albrecht hieß und ihn auch bat, ihn so zu nennen und nicht Sie zu ihm zu sagen, welche Renovierungen und Erneuerung denn jetzt als nächstes noch vordringlich anstehen würden.
„Keine“, sagte Albrecht, „die gesamte Elektroanlage, die Wasserleitungen und das Abwassersystem sind erneuert. Die Elektroanlage allein hat mehr gekostet als das ganze Schloss damals, als Graf Thilo es vor 10 Jahren gekauft hat“, setzte er bewertend hinzu. „Das gesamte Wasser- und Abwassersystem ist in Kupfer und druckfestem Kunststoff verlegt. Über fast 20 Kontrollpunkte ist jeder Schaden sofort zu lokalisieren. Ich habe sie alle mit dem Leitungsverlauf und dem verwendeten Material beschriftet. Kupfer-Eisen - und Kupfer-Zink Verbindungen gibt es nicht und Eisen-Zink Verbindungen nicht mehr. Für die nächsten 100 Jahre gibt es hier keinen Sanierungsbedarf!“
Albrecht hatte sich richtig ins Zeug gelegt und Gunther war nun vollends überzeugt, dass er der richtige Hauswart war. „Ich habe noch keine Grundrisse und Pläne des Hauses“, sagte er, „ die Bank will mir ihre Unterlagen erst zuschicken. Aber ich hätte gern die Raumpläne rund um den West-Turm. Dort möchte ich selbst einziehen."
„Ich habe alle Pläne in meiner Verwahrung und würde sie gern weiter in Verwahrung behalten. Bei Graf Thilo ist immer mal einer für ein halbes Jahr verschwunden und dann wieder aufgetaucht. Er war halt ein vielbeschäftigter Mann.
Er wollte selbst auch dort oben seine Wohnung herrichten. Bisher hatte er in den Räumen auf der Westseite mit seiner Familie gewohnt und die Ausgaben für den Ausbau des Turmes immer den vielen anderen Ausgaben nachgeordnet. Dafür gibt es auch Pläne. Ich werde sie holen.“
Er stand auf und kam nach wenigen Minuten mit einem Stapel Zeichnungen, Grundrissen und Einrichtungs- entwürfen zurück und legte sie vor Gunther auf den Tisch.
Gunther verglich in Gedanken diese Zeit mit dem Aufwand, den es ihn gekostet haben würde, solche Unterlagen aus seinen eigenen Archiven herbeizuschaffen.
Er schaute kurz in die Papiere und bat Albrecht ihm diese in eine Mappe zu sortieren, um sich zu Hause damit beschäftigen zu könne.
Dann telefonierte er mit dem Sekretariat des Bürgermeisters von Kranichfeld und konnte für 16 Uhr ein spätes Treffen mit dem Bürgermeister vereinbaren.
„Es gibt beidseits interessierenden Neuigkeiten", hatte er der Sekretärin gesagt und nach den wenigen Worten mit ihr den Eindruck gewonnen, dass von dem Auktionsergebnis am Vormittag schon etwas in die Amtsstuben von Kranichfeld ‚durchgesickert‘ war.
Gunther verabschiedete sich von seinen Gastgebern, dankte für das vorzügliche Mittagessen und band ihnen die Fürsorge für das Haus und die Gräfin auf die Seele.
Er wusste beides in guten Händen.