Читать книгу Meine irdischen und himmlischen Wege - Manfred Höhne - Страница 20
ОглавлениеKap 15
Und wieder - ein oder zwei Wochen später - eröffnete sich für Gunther eine Perspektive, die noch mehr, als das Gespräch mit ‚Tante Mathilde‘, die Zukunft berührte. Er erhielt einen Anruf von einem Amt der Bundesregierung. Ein Ministerialdirektor wolle ihn sprechen.
Gunther ließ verbinden. Eine sympathische, nicht zu hohe Stimme eines Mannes, den Gunther so um die 60 einordnete, meldete sich, stellte sich vor und fragte, ob Gunther etwas von den Gesprächen wüste, die mit dem verstorbenen Graf von Grainau-Solms geführt worden seien.
Gunther bedauerte, erwähnte aber, dass ihm die Gräfin bei ihrer ersten Begegnung eine Visitenkarte gegeben hätte, auf der der Name seines Amtes gestanden habe.
Gunthers Anrufer bat ihn um eine mündliche Unterredung und bot ihm an, an einem der nächsten Tage, wenn es sich einrichten ließe, nach Schloss Hohenfelden zu kommen. Gunther schaute in seinen Terminkalender, der wie immer am Telefon lag und vereinbarte einen Termin: „Ab Donnerstag, 11 Uhr sei ein solches Gespräch möglich.“
Der Mann bedankte sich und sagte sein Kommen zu.
Er erschien pünktlich. Gunther bat ihn in die Bibliothek, wo Hanna nach deutscher Sitte eine Kanne Kaffee und Wasser bereitgestellt hatte. Der Besucher stellte sich noch einmal mit seiner Dienststelle und seinem Namen als Ministerialdirektor Dr. Bruno von Bromfeld vor und dankte für die Möglichkeit dieses Besuches.
Er kam rasch zur Sache. Er trug ein Projekt vor, dass er mit Graf Thilo schon einmal verhandelt hatte, dass aber offensichtlich nicht zu Stande gekommen war. Ein Projekt, das die gegenwärtige aber vor allem künftige Lage für die Burg und die Burgbesitzer von Grund auf und - soweit überschaubar - für die kommenden Generationen verändern sollte.
Der Kern des Projektes, das er vortrug, bestand in dem Interesse der Bundesrepublik Deutschland, die Untergeschosse der vier Burgtürme anzumieten, um Bundesvermögen dort einzulagern.
„Ein deutsches Fort Knox", sagte Gunther. „Franzosen und Engländer haben das schon lange. Hier könnten in der Tat mit geringem Sicherheitsaufwand die 3500 t Gold, die jetzt noch im Ausland, vor allem in England und den USA gelagert sind, deponiert werden".
Der Ministerialdirektor lächelte und nickte. „ Sie haben die Absicht richtig erkannt. Wir hatten schon vor zwei Jahren hier alles vermessen und ein Sicherheitskonzept erarbeitet, das aber wegen der Rahmenbedingungen nicht realisiert werden konnte.“ „Nun, dann sollten wir uns mit diesen Rahmenbedingungen befassen, ich jedenfalls bin diesem Projekt gegenüber sehr aufgeschlossen. Vor allem, da es offenbar auf lange Sicht und über einen längeren Zeitraum geplant ist, sonst würde es sich nicht lohnen“, meinte Gunther. „So ist es ", bekräftigte von Bromfeld.
„Ich würde der Regierung der Bundesrepublik auch empfehlen“, nahm Gunther seinem Gast die Mühe, einen Einstieg in seine Ausführungen zu finden, „in einem der Türme auch Seltene Erden einzulagern, sie werden in den nächsten Jahrzehnten in Einzelfällen den Goldpreis erreichen und sicher auch einmal übersteigen. Der deutsche Staat sollte jede Tonne am Markt, ja, jedes Kilogramm, aufkaufen, vor allem in Russland, China und Brasilien. Die Amerikaner verkaufen schon jetzt keine Seltenen Erden mehr nach Europa. Es wird ein Wettrennen geben, von denen ganze Industriezweige der modernen Elektronik abhängen, ganz zu schweigen der modernen Kriegstechnik."
Gunther war überzeugt von dem, was er anführte und hatte sich ein wenig in Eifer geredet. Sein Gesprächspartner war von dieser Ausweitung der Vermögenssicherung des Landes durchaus angetan, meinte aber, eine solche Bevorratung sei Sache der Wirtschaft, weniger des Staates.
„Die Franzosen sind da anderer Meinung, die Amerikaner auch, wenn man ihre Embargo-Politik richtig deutet“, meinte Gunther. „Eine staatlich initiierte deutsche Bevorratung könnte, wenn Milliarden in die Hand genommen werden, die Abhängigkeit und ein mögliches
Verdrängen der deutschen Wirtschaft von den Märkten bei wichtigen Zukunftstechnologien verhindern, vor allem, wenn sie mit einer staatlich gelenkten und kontrollierten Zuteilung an die Industrie verbunden wird. Eine Zuteilung, die dem Gleichbehandlungsgebot in der Wirtschaft genügt, aber ausschließlich an deutsche mittelständische Firmen erfolgt, die ihre Steuern und Abgaben ausschließlich in Deutschland leisten“, verteidigte Gunther seine Gedanken. Jedenfalls, wie auch immer, ich bin dem Projekt gegenüber sehr zu getan.“
Er unterbrach und kam zu der für ihn wichtigsten Frage.
„Welche Bedingungen und Gegenleistungen wären denn nach ihren Vorstellungen mit einem solchen Pachtvertrag verbunden?“
Der Ministerialrat blätterte in seinem Notizbuch und sagte: „Wir hatten Graf von Grainau einen Pachtzins von 80 T€ pro Turmgeschoss und Jahr vorgeschlagen.“
„Das wäre angemessen, aber mir wäre dieser Betrag nicht am wichtigsten. Wichtiger wäre mir der Nettobetrag, der ausschließt, dazu in jedem Jahr eine Steuererklärung abgeben zu müssen, die weiteren Beamten des Landes einen Einblick in den bestehenden Vertrag haben lässt. Das sollte auch im Interesse ihres Amtes seien", meinte Gunther.
„Und noch wichtiger wäre mir, da unser Haus dadurch ein ‚öffentliches‘ Gebäude wird oder zumindest ein solches, an dem höchstes staatliches Interesse besteht, aber, das auch unsere eigenen Nutzungsmöglichkeiten sicher erheblich eingeschränkt, dass eine Freistellung von der Objektsteuer und der Erbschaftssteuer festgeschrieben werden, eventuell mit der Maßgabe, feste Beträge in eine Rücklage zur Erhaltung des Hauses einzustellen“, fügte Gunther seinen Vorstellungen der Rahmenbedingungen weiter hinzu.
„Nicht nur die Nutzungsmöglichkeiten der Burg werden ja erheblich eingeschränkt, auch die Bewegung der Personen, die sich gleichzeitig hier aufhalten dürfen, die Sicherheitsprüfungen der Personen, die dauernd hier leben - das sind doch wohl enorme Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte!“
„Daran ist ja ein Vertrag bisher auch gescheitert", bestätigte v. Bromfeld Gunthers Darlegungen. „Aber der Gedanke mit der dauerhaften Steuerbefreiung, einschließlich der Erbschaftssteuer, ist neu und könnte die Nachteile und Beschränkungen für die Familie und für die Nutzungsmöglichkeiten der Burg durch seine Bewohner aufwiegen. Ich werde Ihnen einen Vertragsentwurf zu senden, auf dessen Grundlage wir noch einmal darüber sprechen können. Sind Sie damit einverstanden?“
Gunther war einverstanden.
Er ging zu einem der Wandschränke und legte zwei Pläne auf den Tisch, die er in Vorahnung auf das Gespräch, schon bereit gelegt hatte.
„ Sie wissen sicher aus den Gesprächen mit Graf Thilo, dass wir dem Bürgermeister von Kranichfeld die Zusage gemacht haben, in einem Bereich der Burg eine kleine Wanderherberge einzurichten. Außerdem tägliche Führungen für Touristen durch die Bastionen der Ostseite und die Verliese - alles Bereiche, die wir sicher von den übrigen Bereichen der Burg abgrenzen können", sagte er.
„Da ich jetzt diese Baumaßnahmen in Auftrag gegeben habe, wäre es hilfreich, diese mit dem Sicherheitsbeauftragten ihres Amtes abzustimmen.“ Der Ministerialdirektor nickte. „Das betrifft einmal den Herbergsbereich, den wir zwischen 17 Uhr abends und 9 Uhr des Folgetages zugänglich machen wollen und zweitens den Weg, der für die touristischen Führungen vorgesehen ist", erklärte Gunther und legte einen der Pläne dem Ministerialdirektor vor. „Hier sehen Sie den Zugang zum Herbergsbereich, der über die Pforte an dem kleinen Mauerweg erfolgen soll.“
Gunther wies auf einen 10 x 5m großen eingezeichneten Raum des Planes. „ Hier sollen die Fahrräder und das Gepäck der Wanderer über Nacht eingestellt und verschlossen gehalten werden. Um zu verhindern, dass mit dem Gepäck von als Wanderern getarnten Invasoren Waffen und Sprengstoff auf die Burg geschafft werden, könnten in den 6 m langen Gang, zwischen Außenpforte und Fahrrad/Gepäckraum, Sensoren in die Gewölbedecke und Wände eingelassen werden, die ihre Aufzeichnungen zu einem Kontrollraum weiterleiten. Nach dem Verschluss des Abstellraumes bestünde dann die Möglichkeit, das Gepäck nach solchen Inhalten zu kontrollieren und eventuelle Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Und selbst von seinen Ideen in Eifer fuhr er fort:
„Ein weiterer Schwerpunkt ist wohl der Zugang zu unserem kleinen Bootshafen. Dieser Treppenzugang kann zugemauert und durch einen gesicherten Lift ersetzt werden", führte er weiter aus.
„Und noch eine Vorstellung habe ich dazu", sagte Gunther und legte den zweiten Plan, einen Grundriss des Kellergeschosses mit einem eingezeichneten, an die Außenmauer der Burg angrenzenden Raum, dem Ministerialdirektor vor.
„Dieser Kellerraum wird seit 100 Jahren nicht mehr benutzt. Durch ihn führte einmal der Hauptabwasserkanal der Wohngebäude in den See. Heute liegt der Kanal trocken, der Austritt zum See ist zugemauert.“
Hier machte Gunther eine Pause. „Sollten Invasoren von See aus das Hafenplateau besetzen, um von hier aus in die Gebäude einzudringen, könnte dem mit Kampfschwimmern begegnet werden. Wenn der zugemauerte Abwasseraustritt wieder geöffnet wird, er liegt jetzt eineinhalb Meter unter der Wasseroberfläche, käme man in diesen Kellerraum", Gunther umriss mit einem Stift den bezeichneten Raum.
„Hier wäre Platz für Stahlschränke für 30-50 Kampfschwimmer und ihre Waffen. “
Gunther führte mit seinem Stift durch die Kellergänge und fuhr mit seinen Erläuterungen fort: „Durch diese Gänge kommt man allseitig um die beiden Innenhöfe, ohne die ein Abtransport gestohlener Werte nicht möglich ist, denn eine Landung von Helikoptern ist hier ausgeschlossen.
Durch diese Schießscharten“, Gunther deutete auf eine Reihe von Punkten längs der zu den Innenhöfen weisenden Umfassungsmauern, „die schon seit Jahrhunderten bestehen und zur Bekämpfung eingedrungener Feinde dienten, können Invasoren, die sich auf den Höfen aufhalten oder diese passieren, liquidiert werden.“
Dr. v. Bromfeld war mit wachsendem Interesse den Ausführungen gefolgt und meinte: „Sie haben sich so intensiv mit diesen Sicherheitsfragen beschäftigt, dass ich unterstelle, dass sie doch von dem Gespräch mit Graf Thilo wussten", sagte er.
„Nein, davon wusste ich nichts", antwortete Gunther, „aber die Ankündigung ihres Besuches hat einen solchen Inhalt des Gespräches vermuten lassen, und ich bin Schriftsteller und fantasiebegabt genug, um mir das mögliche Szenario vorstellen zu können. Deshalb habe ich die alten Pläne und Grundrisse herausgesucht". Das war für den Ministerialdirektor einleuchtend.
„Ich werde der Arbeitsgruppe ‚Objektsicherheit‘ unseres Hauses von ihren Hinweisen Kenntnis geben. Ein leitender Mitarbeiter wird sich mit Ihnen in Verbindung setzen, denn das gesamte Sicherheitskonzept, wie ich es kenne, muss wohl überarbeitet werden.
Es war ein sehr interessantes Gespräch“, fügte er hinzu. „Ich denke, wir hören voneinander".
Er wollte sich verabschieden, aber Gunther wollte dies nicht zulassen. „Meine Haushälterin hat eine kleine Mahlzeit vorbereitet, sie werden ihr doch wohl die Ehre antun und mit mir zu Mittag essen ".
„Nun, ihre Köchin will ich nicht kränken, ich nehme die Einladung gerne an".
Dr. v. Bromfeld lächelte und erhob sich und folgte Gunther in das Speisezimmer neben der Bibliothek, wo Hanna zwei Gedecke für ein einfaches Essen, wie es sich Gunther immer wünschte, aufgelegt hatte.
Bromfeld verschmähte auch den Schoppen Silvaner nicht, den Gunther zum Essen anbot, mit dem Hinweis, dass er den Vorzug genösse, von einem staatsfinanzierten Fahrer chauffiert zu werden.
Der Ministerialdirektor bedankte sich bei Hanna für das gute Essen und bei Gunther für das positive und
aufschlussreiche Gespräch und telefonierte mit seinem Fahrer, der sich irgendwo im Umland aufhielt.