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Kapitel 6

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Ich sag: ... Der Preis ist zu hoch, wenn es das Leben bedroht.

Mein soll sein dein Gemüt, mein soll sein dein Hab und Gut, oben will ich sein, auf des Fürsten Thron, Untertan seist du mir, mit Haut und Haar. So habe ich Mut, ... so habe ich Mut!

Manuela Maer 2017

Wie die Dämonen zu Dämonen wurden

Teil 2

Ein mit Fett getränktes Kienspanlicht vor sich haltend, schritt Maledin hocherhobenen Hauptes durch die kühlen Gänge bis hin zu den Vorratsräumlichkeiten. Geschwind legte sie ein großes Tuch auf den Boden, packte Eier, Getreide- und Mehlsäckchen, Rüben und Äpfel darauf, bevor sie es sorgfältig zusammenfaltete und über die Schulter legte. Ohne Anzeichen eines schlechten Gewissens trat sie hinaus auf den schmalen Gang.

Maledin erschrak!

Wie aus dem Nichts trat auf einmal ihr Vater in den spärlichen Lichtkreis.

Für Sekunden verharrten beide bewegungslos auf der Stelle und starrten sich an.

»Maledin! ... So rede endlich mit mir!«, verlangte ihr Vater mit ruhiger und gütiger Stimme. Kaum war er verstummt, veränderte sich Maledins Blick. Er wurde kalt und gefühllos. »Ich wüsste nicht, worüber wir noch zu reden hätten. Es wurde alles gesagt.«

»Nichts wurde gesagt, mein Kind. Alles, was ich sagte, war bestimmt durch die Gesetze und Traditionen, die unser Land beherrschen. Das, mein Kind, ist eine meiner Aufgaben, dafür zu sorgen, dass diese Gesetze und Traditionen eingehalten werden, weil das schon seit Generationen dafür sorgt, dass unser Land funktioniert, und ...«, barsch unterbrach ihn seine Tochter. »VATER! Du machst es schon wieder. Du erzählst, was alles wichtig ist und warum, ... aber was ist mit mir? Bin ich nicht auch wichtig? Warum nur deine Söhne? Warum, Vater, WARUM NICHT ICH?« Ihre Stimme halte von den Mauerwänden wieder. Sicherlich bekamen noch andere in der Burg diese Unterhaltung mit.

Erneut starrten sie sich an.

Enttäuscht über sich selbst ließ der Vater die Schultern hängen. Gerade dies hatte er vermeiden wollen, gerade dies wollte er nicht tun. Sie in der Nacht abzufangen sollte einzig dem Zwecke dienen, sich mit ihr zu versöhnen und vor allem ihr zu sagen, wie sehr er sie liebte. Wenn doch bloß ihr aufsässiges Verhalten nicht immer wieder sein herrschendes Ich in den Vordergrund drängen würde.

»Maledin, bitte, ... so hör mich an!«

»Nein Vater, genug von deinen Reden«, sprach sie, nickte ihm kurz zu und drängte sich an ihm vorbei. Kurz darauf hatte sie die Düsternis in den Gängen verschlungen.

Zurück blieb ihr Vater, mit vor Gram verzerrtem Gesicht. Schmerzvoll krampfte seine Brust. Er hatte das Gefühl, keine Luft zu bekommen, so sehr erfüllte ihn das Zerwürfnis mit Kummer. Schließlich begab er sich zurück in seine eigenen Gemächer, wo er ruhelos bis in die Morgenstunden mit sich haderte und einen Weg suchte, erneut einen Versöhnungsversuch zu wagen. Maledin hingegen zeigte sich nur kurz betrübt. Schon bevor sie ihren langen Weg durch die Burg beendet hatte, war sie mit ihren Gedanken wieder bei ihrem Vorhaben.

Unterhalb der Burg, in den in den Fels geschlagenen Stallungen, huschte sie leise bis zur hinteren Wand. Ein schwarzes Loch im Boden gaffte ihr entgegen. Über die Holzleiter, die aus dem Loch herausschaute, kletterte Maledin jetzt geschickt hinunter. Unten angekommen zündete sie mit ihrem Kienspan einige weitere an. Das angenehme Flackerlicht spiegelte sich an den teils feuchten Wänden wieder. Weiter hinten befand sich eine Feuerstelle, die sie ebenfalls entzündete. Nicht weit daneben ergoss sich Wasser aus einem Loch inmitten der felsigen Wand in die Mulde am Boden darunter. Diese zog sich in einer Rinne quer durch den Raum, bis ans andere Ende, und verschwand dort in einem Durchbruch in der Wand. Maledin wusste, dass es die Quelle war, die den Brunnen im Hof speiste. Sie legte ihr Bündel auf den Steintisch neben der Feuerstelle. Sorgsam räumte sie die Sachen in die Nischen, die rundherum in den Wänden verteilt waren. Danach warf sie das Tuch über die Säcke mit Stroh, die hinter dem Tisch an der Wand lagerten. Sie benutzte diese als Schlafstätte. Die angenehme Wärme der Feuerstelle auf der einen Seite und eine grobe Decke über sich, mochte sie sich noch ein wenig Ruhe gönnen, bevor sie am nächsten Tag die Ausarbeitung ihres Planes fortsetzen wollte.

Bis auf das gelegentliche Knistern des Feuers war sie umgeben von Stille.

Jedoch wollte keine Ruhe in ihr Gemüt einkehren.

Sobald sie ihre Augen schloss, sah sie ihren Vater vor sich. Schnell schlug sie ihre Augen wieder auf, noch bevor sie in Gedanken hören konnte, was er wohl zu ihr sagen würde. Ein paar Mal wiederholte sich dieser Wachtraum, sodass sie sich letztendlich wieder von ihrer Schlafstätte erhob.

Nachdem sie einen kleinen Kessel über das Feuer gehängt und diesen mit Wasser und Gemüse gefüllt hatte, holte sie alle Pergamentrollen aus der Kiste, die sich unter dem Steintisch befand. Erst als sie mehrere Lichtquellen, die im Halbkreis auf dem Tisch standen, angezündet hatte, war es hell genug, um erkennen zu können, was auf den Pergamenten geschrieben stand. Ein zufriedenes Lächeln zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. Geschickt wickelte sie eine Rolle auf.

Nach und nach las sie konzentriert die Schriften, die in einer ungewöhnlichen Sprache verfasst waren. Keiner hätte sie je lesen können, außer ihr.

Das Wissen um die positiven Kräfte der Natur, welche sie von ihrer Mutter geerbt hatte, verhalf ihr an dieser Stelle zu diesem vollkommen neuen Wirken. Diese Schriften, die auf dem Steintisch lagen, waren voll von Informationen, was den Umgang mit dunkler Magie anging. Sollte sie es schaffen, diese beiden Mächte zu vereinen, würde eine vollkommen neue Macht daraus entstehen, eine Macht, die ihr ermöglichen würde, allen zu zeigen, was in ihr steckte.

Jedoch fehlten ihr noch einige Zusammenhänge.

Sie hatte diese Rollen von Roog erhalten. Der Druide und gleichsam Berater ihres Vaters gab ihr, auf ihre Nachfrage hin, deutlich zu verstehen, dass sie lernen müsste, die Schriften richtig zu lesen. Wenn sie diese verstand, würde sie darin den Weg finden, wie sie zu dem Ort gelangte, an dem sich die Gruppe der Inquietenter traf. Eine Versammlung von dunklen, unheimlichen Gestalten, die sich zusammenfand, um sich der Kraft okkulter Mächte hinzugeben, angeblich in Sorge um das Wohl der Menschheit.

Stunde um Stunde verbrachte sie damit, wieder und wieder die Zeilen und Zeichen zu studieren, wie schon seit Wochen. Ihre Augen brannten und ihr Magen knurrte bedenklich, als ihr heute, wie nebenbei, auffiel, dass die Seiten der Pergamente mit nicht deutbaren Strichen und Gebilden versehen waren. Weil sie die ganze Zeit bemüht gewesen war, die Worte zu entziffern, hatte sie dies übersehen. Allerdings war Maledin im Augenblick zu müde und konnte nicht mehr klar denken. Übernächtigt rieb sie sich die Augen. Langsam richtete sie sich auf, ihr Rücken schmerzte.

Bevor sie weitermachen wollte, schöpfte sie sich von ihrem Gemüse in eine hölzerne Schüssel.

An die Wand angelehnt, saß sie am Boden, aß und stierte die gegenüberliegende Mauer an, die das Schattenspiel der Spanlichter vom Steintisch und der Feuerstelle gleichzeitig zeigte. Bizarre Formen entstanden durch dieses Feuerspiel und so davon angezogen, blieb ihr Blick daran hängen, während sie mechanisch einen Löffel nach dem anderen in den Mund steckte. Immer wieder schoben sich die Schatten übereinander und zeichneten so immer neue Bilder an die feuchte Wand.

Plötzlich hielt Maledin inne.

Wie ein Ruck durchfuhr es sie.

Im hohen Bogen flog die Schüssel zu Boden und sie stand auf ihren Füßen.

Schnell hatte sie zwei der Pergamente an sich genommen, hielt sie hoch und schob sie etwas übereinander. Gerade so viel, dass die Striche und Gebilde zusammengeschoben einen Sinn ergaben. Sie probierte weitere Pergamente aus, so lang, bis wieder eines zu passen schien. Endlich hatte sie vier passende Seiten zusammen. Die daraus entstehenden Zeichen sahen aus wie das Himmelsgestirn.

Jetzt überflog sie erneut die Zeilen, die in dieser Konstellation einen völlig neuen Sinn ergaben. Diesmal beschrieben sie tatsächlich einen Ort, der durch seine Lage und Beschaffenheit von Energie nur so erfüllt schien.

Ungeachtet dessen las sie hier nichts davon, wie sie dorthin gelangen konnte. Schnell schob sie die Pergamente beiseite, nahm sich die nächsten vor und siehe da, nach kurzer Zeit hatte sie auch hier vier gefunden, die augenscheinlich zusammengehörten. Die grobe Silhouette eines Reittieres bildete sich durch die Stückelungen wieder.

Ihr Herz schlug schneller, vergessen war die Müdigkeit.

Sie hatte Glück.

Ohne Mühe konnte sie jetzt den Zeilen entnehmen, wo der versteckte Ort zu finden war. Wenn sie die Worte richtig deutete, dann war er weniger als eine Viertel Tagesreise zu Pferd entfernt.

Jetzt kam Leben in die junge Frau.

Flink wusch sie sich in der Wasserrinne. Geschickt zwirbelte sie ihre wallende Haarpracht und steckte die gedrehten Haarstränge gekonnt zu einem fülligen Knoten zusammen. Dann schaute sie an sich herunter. Ihr Gewand war staubig und verdreckt.

Bevor sie ihren kargen Zufluchtsort verließ, rollte sie die Seiten vorsichtig zusammen, band gewissenhaft jeweils eine unterschiedliche Anzahl von Bändeln darum und packte sie in ihr Tuch.

Ilya Duvent

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