Читать книгу Protestantische Unternehmer in der Schweiz des 19. Jahrhunderts - Marcel Köppli - Страница 37

3.2 Gründe für die Erforschung christlicher Unternehmer

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Welches sind nun mögliche Gründe, die dazu geführt haben, christliche Unternehmer wissenschaftlich zu erforschen?

Ein erster Grund liegt darin, dass in den letzten 20 Jahren vermehrt nach dem Verhältnis der Kirchen zur Wirtschaft, insbesondere zu Unternehmen und Unternehmern gefragt wurde.203 Gerade auch die Denkschrift der Evangelischen Kirche Deutschlands «Unternehmerisches Handeln in evangelischer Perspektive» (2008) gibt davon beredtes Zeugnis; so heisst es dort, es brauche «überzeugende, glaubwürdige und tatkräftige Unternehmer und ein positives Leitbild für unternehmerisches Handeln»204. Doch nicht erst in den letzten 20 Jahren wurde nach dem Verhältnis von christlichem Glauben und Wirtschaft gefragt. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat Max Weber mit seinem religionssoziologischen Aufsatz «Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus»205 eine bis in die Gegenwart intensiv und kontrovers diskutierte These zum Verhältnis von protestantischem Glauben und Wirtschaft aufgestellt.206 Auch wenn diese These nicht direkt das Verhältnis zwischen christlichen |67| Unternehmern und Kirchen thematisiert, so verdient sie dennoch – nur schon wegen ihrer grossen Bekanntheit und vielfältigen Rezeption vor allem des «‹Idealtypus› des kapitalistischen Unternehmers»207 – hier erwähnt zu werden. Die sogenannte Max-Weber-These besagt, dass der Calvinismus und insbesondere bestimmte Formen des Pietismus und Methodismus der geistige Nährboden für die Entwicklung des Kapitalismus gewesen seien. Dabei habe die Haltung der «innerweltlichen Askese»208 des calvinistisch geprägten Protestantismus zusammen mit einer religiös verstandenen Berufsausübung den Kapitalismus vielfach begründet und befördert. Es ist also dieser Zusammenhang – das vermehrte Fragen nach dem Verhältnis der Kirchen zur Wirtschaft –, das auch verstärkt zu einer Analyse christlicher Unternehmer geführt hat.

Ein weiterer Grund, der die Analyse christlicher Unternehmer beförderte, liegt in der intensivierten wissenschaftlichen Untersuchung des «sozialen Protestantismus».209 Als konkrete Beispiele von in diesem Umfeld entstandenen Werken sei hier sowohl die Monographie210 über den christlichen Unternehmer Carl-Ferdinand Stumm (1836–1901) sowie ein soeben erschienener Sammelband211 mit zahlreichen Porträts christlicher Unternehmer aus Mitteldeutschland genannt. |68|

Zudem lässt sich auch ein vermehrtes wissenschaftliches Interesse an der Erforschung von Unternehmern beobachten,212 ein Interesse, das sich auch in der Forderung äussert, Unternehmensarchive als Kulturgut zu behandeln und dementsprechend zu schützen.213

Doch nicht nur Unternehmensarchive wurden als Kulturgüter entdeckt, auch die industriellen Objekte selbst wurden zunehmend als Kulturgüter erkannt und infolgedessen eine «Industriedenkmalpflege» gefordert.214 Selbstverständlich hat die Industriedenkmalpflege per se nicht direkt zur wissenschaftlichen Analyse christlicher Unternehmer geführt, sie ist aber offensichtlich ein weiterer wichtiger Grund, welcher im thematischen Zusammenhang mit der Erforschung christlicher Unternehmer steht.

Protestantische Unternehmer in der Schweiz des 19. Jahrhunderts

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