Читать книгу Evangelisch für Dummies - Marco Kranjc - Страница 19
Theologische Grundbegriffe: Die Todsünde
ОглавлениеDie Katholische Kirche kennt die Möglichkeit, dass ein Mensch zwar von seinen Sünden erlöst, dann aber aufgrund bestimmter Sünden wieder verdammt wird (man sagt dann, er »fällt aus der Gnade«). Diese bestimmten Sünden sind die Todsünden. Um als Todsünde zu gelten, muss eine Sünde folgende Eigenschaften haben:Sie muss einen sehr wichtigen Bereich betreffen, also zum Beispiel gegen eines der Zehn Gebote verstoßen. Solche heiklen Bereiche sind zum Beispiel Ehebruch oder der Abfall vom Glauben (theologisch »Apostasie« genannt). Der Sünder muss diese Sünde ganz bewusst begehen, also vorher wissen, wie schwer sie ist, und sich damit bewusst gegen Gottes Gebot stellen wollen.Außerdem muss die Sünde aus freiem Willen begangen worden sein.
Todsünden entstehen aus sieben schlechten Charaktereigenschaften: Hochmut, Geiz, Zorn, Wollust, Völlerei, Neid und Trägheit. In Literatur und Kunst werden meist diese Charaktereigenschaften an sich als Todsünden bezeichnet. Theologisch ist das allerdings nicht ganz korrekt.
Wer also eine Todsünde begeht und zufällig stirbt, ohne »vollkommene Reue« zu zeigen oder die Beichte ablegen und bereuen zu können, ist auf ewig verloren – egal, ob er ansonsten ein guter Christ war. Die Notwendigkeit der Beichte zur Vergebung von Todsünden verstärkte natürlich den Einfluss der Kirche als Mittlerin zwischen Mensch und Gott.
Die Vergebung einer Todsünde ist bei »vollkommener Reue«, also »Reue aus Liebe zu Gott«, auch ohne Beichte möglich. Beichtet der Sünder einem Priester, wird ihm eine Todsünde auch bei »unvollkommener Reue«, also bei Reue aus Angst vor Gottes Strafe, vergeben.
Mit dem Konzept der Todsünde und diesem Rein und Raus »aus der Gnade« konnten sich die Reformatoren und eine Mehrzahl der evangelischen Christen bis heute nicht anfreunden. In den folgenden Kapiteln wird davon noch die Rede sein.
Lesen konnten die meisten Menschen nicht, aber in den Kirchen sahen sie den gekreuzigten Christus und wussten, dass er da am Kreuz hängt, um die Menschen in den Himmel zu bringen. Und noch eines wussten die Menschen: Wenn sie Errettung und ewiges Leben finden können, dann nur in der Kirche. Was immer wir heute im Rückblick auch darüber denken mögen, sollten wir doch versuchen, die Ängste unserer Vorfahren zu verstehen und ernst zu nehmen. Natürlich haben die Menschen vor 500 Jahren ganz anders gedacht als wir heute, aber sie verdienen doch trotzdem unseren Respekt und unser Bemühen um Verständnis.
Auch wenn die ersten Kapitel von vergangenen Zeiten handeln, sollte man nicht vergessen, dass es auch heute immer noch viele Menschen gibt, die auf der Suche nach Gott, nach Vergebung und Erlösung sind. Vielleicht geschieht das heute oft ganz anders als im Mittelalter, aber die Suche nach Erlösung und ewigem Leben gab es damals wie heute.
Die römische Kirche versprach Hilfe in diesen Glaubensängsten. Folgende Einrichtungen der Kirche ebneten den Menschen den Weg in den Himmel:
der Papst als Stellvertreter Christi auf Erden,
die Heiligen, die genug gute Taten vollbracht hatten, um »normalen Gläubigen« etwas davon abzugeben,
das Fegefeuer, das nur zeitlich begrenzte Leiden umfasste und von den noch lebenden Angehörigen verkürzt werden konnte, und
die Messe, in der der einzelne Gläubige die Nähe Gottes und die Gemeinschaft mit Christus erfahren konnte.