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Die Heiligen

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Wie das Fegefeuer haben auch die »Heiligen« kirchengeschichtlich einen langen Weg hinter sich. Von der Verehrung der ersten christlichen Märtyrer als Vorbilder führte der Weg über die Verehrung ihrer Grabstätten als Gedenkorte bis hin zu der Ansicht, dass die Heiligen die Menschen begleiten und schützen können und vor Gott für die Menschen eintreten. Nach und nach entwickelte sich der Glaube, dass bestimmte Heilige für bestimmte Bereiche zuständig sind: So betet man zum Schutz gegen Feuer zum Heiligen Florian (der auch die Feuerwehrleute besonders schützt). Die Besenbinder beschützt die Heilige Anna und bei Heiserkeit hilft der Heilige Bernhardin von Siena.

Im Mittelalter wurden dann zusätzlich sogenannte Reliquien (lateinisch für Zurückgelassenes, Überbleibsel) verehrt – meist waren es Körperteile (Knochen, Haare, manchmal ein Schädel) oder Gegenstände aus dem Besitz von Heiligen. Diese Reliquien sollten eine besondere Verbindung und Nähe zum entsprechenden Heiligen schaffen.

Wesentlich für den christlichen Glauben des Mittelalters wurde aber dann die Verbindung der Heiligen mit dem Erlass von Sündenstrafen. Das betraf sowohl die noch lebenden Gläubigen als auch die Verstorbenen, die man im Fegefeuer vermutete. Knapp zusammengefasst entwickelte die Kirche folgende Lehre:

 Grundsätzlich nahm man an, dass jedes Unrecht beziehungsweise jede Sünde eine Wiedergutmachung erforderte, so wie vor einem weltlichen Gericht auch. Geistlich gesehen erwartet nun aber auch Gott von jedem Sünder irgendeine Handlung (zum Beispiel ein Gebet, eine gute Tat oder eine Spende), die beweist, dass er es mit seiner Reue ernst meint.

 Diese erste Annahme verband man mit einer zweiten, die besagt, dass Christus, die Jungfrau Maria und die Heiligen so viele gute Taten vollbracht haben, dass dieser angesammelte »Schatz« an guten Taten für alle Gläubigen reicht. Der Papst als Stellvertreter Christi auf Erden ist nun dafür zuständig, diesen Schatz von Verdiensten an die bedürftigen Sünder zu verteilen. Der Schatz von guten Werken dient also dazu, den Sündern – ob schon verstorben oder noch unter den Lebenden – die Zeit im Fegefeuer zu verkürzen. Diese »Umbuchung« von guten Werken vom Guthabenkonto der Heiligen auf das Minuskonto der einfachen Gläubigen konnte mit Gebeten, aber noch mehr mit Geld erworben werden und wurde »Ablass« genannt.

Wen die oft krassen Geschichten der Heiligen interessieren, der kann sich von Albert Christian Sellners Immerwährender Heiligenkalender (Frankfurt/Main, 1993) durchs Jahr begleiten lassen. Er enthält außerdem einen interessanten Artikel darüber, wie die katholische Kirche eigentlich Menschen heiligspricht. Arnold Angenendt bearbeitet das Thema historisch in Heilige und Reliquien: Die Geschichte ihres Kultes vom frühen Christentum bis zur Gegenwart (München, 1997). Beide Bücher sind leider nur noch antiquarisch oder in der Bibliothek erhältlich.

Martin Luthers Kritik an der römischen Kirche wird sich später zunächst auf den Missbrauch dieses Ablasssystems beziehen. Ausführlicher werden Sie darüber in Kapitel 2 lesen.

In engem Zusammenhang mit der Verehrung der Heiligen stand auch die Verehrung der Mutter Jesu. Auch sie wurde um Schutz in schwierigen Zeiten gebeten und als Fürsprecherin bei Gott angesehen. Schon früh lehrte die Kirche, dass Maria mit unversehrtem Körper und ohne Todesqualen in den Himmel aufgefahren sei. Deshalb konnte es von Maria natürlich auch keine Reliquien geben. An den ihr geweihten Gebetsstätten und Kirchen findet man deshalb die Marienfiguren. Dass die katholische Kirche unter Papst Pius XII. (Papst von 1939 bis 1958) die Lehre von Marias leiblicher Aufnahme in den Himmel im Jahre 1950 zum Dogma erhob (also ein Glaubenssatz, den jeder Katholik glauben muss), wirkte auf die evangelischen Kirchen nicht gerade wie eine versöhnliche Geste. Für diesen Glaubenssatz machte der Papst zum bisher ersten und einzigen Mal vom erst 1870 erklärten Dogma der »Unfehlbarkeit des Papstes« Gebrauch –, das den Graben zwischen katholischen und evangelischen Christen ebenfalls schon erheblich verbreitert hatte.

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