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Die Freiheit zu lesen
ОглавлениеNoch ein weiteres Merkmal des evangelischen Glaubens wird Sie durch dieses Buch begleiten: der Glaube an die Bedeutung des »Wortes«. Das bedeutet zunächst einmal die Bibel, die nach evangelischer Sichtweise jeder Christ lesen, verstehen, auslegen und als Richtschnur für sein Leben gebrauchen können sollte. Doch der Respekt vor dem »Wort« gilt auch allen anderen Büchern, dem gesprochenen Wort (Kapitel 9 widmet sich der Predigt) und der Bildung. Schulen gründen, die Menschen lesen und schreiben lehren und Bücher drucken – das war von Anfang an eine evangelische Leidenschaft.
Zum »Mann des Jahrtausends« wurde folgerichtig auch weder Luther noch Calvin gewählt. Es war Johannes Gutenberg (eigentlich Johannes Gensfleisch, circa 1400–1468). Er erfand den modernen Buchdruck und löste damit eine Medienrevolution aus. Vorher mussten Bücher und andere Schriften handschriftlich kopiert werden. Beim Kopieren von Handschriften kam es auf extreme Genauigkeit und Sorgfältigkeit an. Wer hatte dabei schon Zeit, über das Gelesene auch noch nachzudenken? Außerdem konnte man unbequeme Texte in wenigen Exemplaren viel besser unter Kontrolle halten.
Und plötzlich die Druckerpresse: Das Kopieren besorgte eine Maschine, man brauchte nur noch zu lesen oder sich vorlesen zu lassen. Den Druck besorgte jemand anders und man hatte Zeit zum Nachdenken. Ausverkauft, verbrannt, verboten? Egal, man druckte eben nach! Martin Luthers Schriften wurden Bestseller – und er wusste, wie man schreibt und die Menschen bewegt. Der evangelische Glaube ruht auf dem »Wort« – dem der Bibel ebenso wie darauf, was Christen bis heute schreiben und lesen.
Ein auch handwerklich äußerst schön gemachtes Buch ist die Gutenberg-Biografie von Klaus-Rüdiger Mai Gutenberg:Der Mann, der die Welt veränderte (Berlin, 2016).
In Evangelisch für Dummies werden Sie von mancher ernsthaften Gewissensentscheidung lesen, die viel Gutes gebracht hat. Aber auch manche evangelische Engstirnigkeit und Umwege werde ich Ihnen nicht verschweigen. Aber wie heißt es so schön: »In Gottes Garten blühen viele Blümchen …«