Читать книгу Psychische Störungen bei Säuglingen und Kleinkindern - Margarete Bolten - Страница 37
2 Epidemiologie, Verlauf und Folgen Fallbeispiel
ОглавлениеJan (26 Monate) ist das dritte Kind von Frau K. (24 Jahre). Frau K. ist alleinerziehend und bezieht Sozialhilfe. Die Kinder haben unterschiedliche Väter, zu denen kein Kontakt besteht. Im Erstgespräch berichtet Frau K., dass Jan aus einer Vergewaltigung entstanden sei und sie ihn eigentlich abtreiben wollte. Jedoch habe sie die Schwangerschaft zu spät bemerkt, so dass es für eine Abtreibung zu spät war. Die Schwangerschaft sei insgesamt sehr belastend gewesen, da der Abstand zu den anderen Kindern sehr klein ist. Jan habe von Beginn an sehr viel geschrien und kaum geschlafen. Auch habe er nicht richtig trinken wollen bzw. die Milch gleich wieder erbrochen. Somit sei sie den ganzen Tag damit beschäftigt gewesen, ihren Sohn entweder zu tragen oder zu ernähren. Zunehmend sei die Situation zu Hause für sie immer schwieriger geworden, denn die Versorgung der Kinder habe sie kaum noch zur Ruhe kommen lassen. Das habe dann auch öfter dazu geführt, dass sie ihre Kinder angeschrien habe. Irgendwann habe sich dann das Jugendamt gemeldet.
Wenn Jan weine, versuche sie ihn immer auf dem Arm oder mit Hilfe einer Flasche Milch zu trösten. Jedoch schlafe er einfach nicht in der Nacht, so dass sie begonnen habe, ihn einfach vor den Fernseher oder den Tablett-Computer zu setzen, damit sie wenigstens einige Stunden Schlaf in der Nacht bekommen würde. Allerdings funktioniere das auch nicht immer. Manchmal schlage er wie wild um sich, mit dem Kopf auf den Boden oder gegen die Wand. Nachts sei er zwischen 22:00 und 4:00 Uhr eigentlich immer wach. Seinen Schlafbedarf decke er am Tag und schlafe dann auf ihr oder im Kinderwagen. Auf Nachfrage hin berichtet Frau K., dass ihr Sohn aufgrund der Tag-Nacht-Umkehr nicht wirklich an Familienaktivitäten bzw. täglichen Routinen teilnehme. Jan spreche noch nicht und sei motorisch eher unsicher. So könne er beispielsweise nur an der Hand laufen.
Die anderen zwei Kinder sind am Vormittag zwar im Kindergarten, sie selbst komme jedoch kaum zur Ruhe. Das Schreien und Quengeln löse bei ihr häufig Gefühle von Panik aus. Auch fühle sie sich innerlich häufig leer und sehr traurig. Gleichzeitig erlebe sie jedoch auch Phasen mit einer unkontrollierbaren Wut. Auf ihre eigene Gesundheit angesprochen, berichtet Frau K. von ständigen Schmerzen.