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Situationen Der klinikentlassene Patient (Überweisungssituation)
ОглавлениеAls Folge der psychopharmakologischen und milieutherapeutischen Fortschritte werden Schizophrene heute häufiger als früher dem Arzt zur Nachbehandlung überwiesen. Diese Überweisung ist oft mit der Hoffnung und dem Auftrag verbunden, Rückfälle und Wiederhospitalisierungen zu vermeiden. Schon beim Lesen des Entlassungsberichtes ergeben sich dem Hausarzt Hinweise oder Fragen, die sich auf die Umstände der Entlassung beziehen: Ist der Patient geheilt entlassen worden? Steht er noch unter Psychopharmaka, die ihn vor einem Rückfall bewahren sollen? Ist er gegen ärztlichen Rat, vor der Ausschöpfung stationärer Möglichkeiten, vorzeitig ausgetreten, und hat die angeordnete ambulante Betreuung die Heilungs-und Besserungsschritte nachzuholen, die in der Klinik unterlassen wurden? Ist der Patient krankheitsbewußt und zur Nachbehandlung freundlich eingestellt? Welche Vorstellungen und Erwartungen trägt er bezüglich der Behandlung in sich? Wird er kommen? Zum vereinbarten Termin? Soll ich ihn behandeln, wenn er sich dagegen sträubt? Ist die Diagnose mit ihm zu besprechen? – Diese Fragen beziehen sich auf die äußeren Randbedingungen im Vorfeld der Konsultation und finden oft keine eindeutigen Antworten, weil die Motive des kommenden oder ausbleibenden Patienten im Irrationalen begründet sein mögen: Der Patient ist zwar nicht krankheitsbewußt, aber kommt pünktlich zur Konsultation aus Gehorsam gegenüber der Anweisung des Klinikarztes. Er kommt, weil er sich gerne dem Ritual einer ärztlichen Spritze unterwirft, ohne daß ihn die sachliche und fachliche Relevanz kümmert. Oder er sieht im Arzt schlicht einen Gesprächspartner, dem er von Zeit zu Zeit einen Höflichkeitsbesuch abstattet und von dem er zuhörende Präsenz und tatkräftigen Beistand erwartet, etwa in Form eines Zeugnisses zur Befreiung vom Militärdienst oder anderer Dienstleistungen.